Alasea 03 - Das Buch der Rache
Jarplin ihm mit der Klinge in die Haut am Nacken geschnitten und dabei die Spitze grausam hart über den Knochen gezogen hatte. Den Schrei hatte Flint nicht vortäuschen müssen. Für einen Moment war ihm sogar schwarz vor Augen geworden, aber er hatte die heranziehende Dunkelheit vertreiben können, indem er sich auf die Lippen gebissen und sich an die Seile geklammert hatte.
Auch jetzt fühlte er noch das Blut, das in zähflüssigen Bächen seinen Rücken hinunterlief, und der Raum begann sich zu drehen, wenn Flint sich zu schnell bewegte. »Jarplin, tu das nicht«, stieß er hervor. »Lass dich nicht von anderen leiten!«
Der Kapitän lachte nur.
Der Erste Maat, der gelbhäutige Meister Vael, wandte sich an Jarplin. »Ich bin so weit.« Er lispelte leicht durch die spitzen Zähne.
Flint hatte von Stämmen gelesen, die auf den Inseln vor der Küste Gul’gothas lebten. Die Wilden dort ernährten sich vom Fleisch anderer Menschen und feilten zu diesem Zweck ihre Zähne spitz zu, um das rohe Fleisch besser in Stücke reißen zu können. Es hieß, dass sie die Skal’ten verehrten und Menschenfleisch aßen und ihre Zähne zu animalischen Reißzähnen feilten um den geflügelten Dämonen des Herrn der Dunklen Mächte zu gleichen. Flint vermutete, dass Vael von einer dieser üblen Inseln stammte. Ihm war aufgefallen, dass der Mann kein Loch hinten an seinem geschorenen Schädel besaß. Kein Tentakelscheusal beeinflusste also seinen Willen. Die Gräueltaten, die Vael vollbrachte, wurden von seinen Händen freiwillig verrichtet.
Er war der wahre Feind.
Jarplin setzte die stinkende Kreatur in Vaels offene Handfläche. Der Erste Maat ging damit zu Flint und wischte das Blut von seinem Nacken. Flints Haut kribbelte unter der kühlen Berührung der Finger des Mannes. Dann badete Vael die Kreatur in Flints Blut. Die Bewegung schien das kleine Untier anzuregen. Tentakel und blinde, tastende Fühler umschlangen Vaels Finger, als dieser die Liebkosung fortsetzte. »Bereite ihn vor«, befahl Vael.
Jarplin folgte Vael mit dem langstieligen Bohrer. Jetzt standen sie beide neben Flint. Er konnte nicht mehr länger warten.
Er nahm das kleine, geheime Messer in die eine Hand und packte mit der anderen die hölzernen Streben des Stuhles. Mit einem lauten Schrei griff Flint an. Er sprang auf, riss den Stuhl, auf dem er gerade noch gesessen hatte, in die Luft und ließ ihn auf Vael niederkrachen. Der hagere Mann flog davon. Ohne Pause wirbelte Flint herum und starrte dem erschrockenen Kapitän ins Gesicht. Noch bevor Jarplin zur Verteidigung den Bohrer erheben konnte, stürzte sich Flint mit erhobener Faust auf ihn. Jarplin duckte sich unter Flint weg, aber der Bruder ließ nicht locker und sprang auf den Rücken des Kapitäns.
Sie stürzten beide auf den Plankenfußboden, und ein altes Brett zerbarst unter ihrem Gewicht. Flint bekam ein Büschel von Jarplins stahlgrauem Haar zu fassen und nutzte den Griff, um das Gesicht des Mannes auf den Boden zu drücken. Keuchend schlug den Kopf des Mannes mehrmals auf die Planken. Er musste bald gewinnen, denn die Verletzungen hatten seinen Körper schon zu sehr geschwächt. »Ergib dich, Jarplin!« schrie er dem Kapitän ins Ohr.
Aber der Kapitän gab nicht auf. Er hieb mit dem Ellbogen nach hinten und erwischte Flint am Kinn, sodass helle Lichterfunken vor dessen Augen tanzten. Flint musste Jarplins Haare loslassen, worauf der Kapitän sich mit einem Stoß aufrichtete und Flint auf seinem Rücken wie auf einem wilden Pferd ritt. Wenn Jarplin ihn nun abwarf…
Flint hob die andere Hand; instinktiv hatte er das kleine Messer die ganze Zeit über nicht losgelassen. Er hatte zu lange unter Piraten gelebt, als dass er während eines Kampfes jemals die Waffe fallen lassen würde.
Ohne über die nächste Handlung nachzudenken, griff Flint nach Jarplins Haar und riss es hoch, worauf das runzelige Loch im Schädel des Kapitäns sichtbar wurde. Er rammte das schlanke Messer in die Öffnung und drückte es mit dem Handballen tief in den Schädel.
Jarplin bäumte sich unter Flint auf und warf ihn ab. Der Bruder rollte über den Kajütenboden und kam neben einem kleinen Schreibtisch zum Stehen. Jarplin schüttelte sich vor Krämpfen und wollte sich auf Händen und Knien aufrichten. Blut sprudelte um den Griff des Messer herum aus dem Loch. Die Todesqualen verzerrten das Gesicht des Kapitäns.
Dann, als hätte man eine gestraffte Schnur gekappt, fiel Jarplin leblos zu Boden. Als er Flint sein
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