Alasea 03 - Das Buch der Rache
so zugerichtet und gequält hatte, aber Joachs Worte hielten ihn zurück. Solange sie diesen Piraten in Schach halten konnten, stellten die anderen keine ernsthafte Bedrohung dar. Wenn dieser gelbhäutige Unmensch die Wahrheit sprach, würde ein schneller Schnitt durch seine Kehle die gesamte Mannschaft töten.
»Joach, binde ihm die Arme auf den Rücken. Fest.«
»Was ist mit Flint?« fragte Elena. Der alte Seemann hatte sich bis jetzt noch nicht bewegt. Er lag regungslos da. Der Tentakel des Scheusals wand sich wie ein blinder Wurm durch das graue Haar an Flints Nacken.
Tok wusste eine Antwort. »Es dauert einen halben Tag, bis dieses D D Ding die Kontrolle über den Menschen gewinnt. Dann wird er entweder aufwachen oder unter Krämpfen sterben.«
Elena hob die behandschuhte Hand. »Er’ril?«
Der Präriemann wusste, was sie fragte. Er nickte. Elena konnte nicht mehr viel Schaden anrichten, wenn sie jetzt versuchte, Flint mithilfe ihrer Magik zu heilen.
Elena zog den Handschuh aus und entblößte den rubinroten Fleck auf der Hand.
Vael zischte bei dem Anblick und wehrte sich heftig gegen Er’rils Griff. Aber Joach hatte ihn bereits festgebunden, und der Präriemann hielt weiterhin das Schwert an die Kehle des Mannes. »Du!« schrie Vael. »Du bist die Hexe!«
Elena schenkte ihm keine Beachtung und drehte sich zu Flint.
Vaels Stimme klang nun verwirrt, beinahe verloren. »Mein Meister wies mich an, nach einem kleinen Mädchen mit kurz geschorenen und schwarz gefärbten Haaren Ausschau zu halten, aber nicht… nicht nach einer Frau«, stöhnte er. »Wenn das Schwarze Herz entdeckt, wie ich versagt habe…«
Die Vorstellung, dass die Diener des Herrn der Dunklen Mächte nicht unfehlbar waren, schenkte Elena neuen Mut. Doch die Veränderung ihres Aussehens würde sie nur dieses eine Mal schützen. Sollte Rockenheim den Angriff an Bord der Meereswind überlebt haben, erfuhr der Große Gul’gotha sicher bald von der Verwandlung. Elena schüttelte den Kopf. Darüber konnte sie sich später auch noch Gedanken machen.
Sie legte den Hammer beiseite, zog den silbernen Hexendolch aus der Scheide, schnitt sich in den Daumen und verwarf ihre Sorgen. Sie musste den Freund retten.
Elena hielt den blutenden Daumen über die Wunde an Flints Nacken. Ein dicker, roter Tropfen fiel vom Finger auf den suchenden Arm des Untiers. Dieses wand sich, als hätte es sich an dem Blut verbrüht. Zufrieden presste Elena die Lippen aufeinander. Die winzige Spur von Magik in dem Tropfen vermochte der Kreatur also Schaden zuzufügen. Offenbar verletzt, zog sich das Ding mit einem letzten Zucken in Flints Schädel zurück.
»Nicht so schnell, mein Kleiner«, murmelte Elena und rief ihre Magik. Sie war nun zuversichtlich, dass sie das Scheusal, das sich in Flints Schädel verbarg, vernichten konnte. Aber würde es ihr gelingen, ohne dabei den Freund zu töten? Eine solche Heilung erforderte eine geschickte und sichere Führung der Magik.
Sie unterstellte die Energie ihrem Willen, und mit einem Mal züngelten lange Flammen aus dem verwundeten Daumen zu Flints Schädel. »Vorsichtig«, ermahnte sie sich selbst und ihre Magik.
Sie schloss die Augen und untersuchte mit ihren Magik Sinnen die Ränder der verletzten Haut. Dort, wo die Magik die Haut berührte, heilte das zerrissene Gewebe sofort. Elena fühlte, wie sich der Blutfluss zu einem langsamen Tropfen verringerte. Vorsichtig sandte sie einen sehr dünnen Feuerstrahl tiefer in die Wunde, um das Ding zu jagen, das darin lauerte.
Nun musste sie sich allein auf ihre magischen Instinkte verlassen. Sie schickte ihre Sinne den Feuerstrahl hinunter, wie eine Spinne, die an ihrem Faden hinabglitt, um eine Fliege zu jagen. Sie hielt den Atem an und schloss die Augen, um jede weitere Ablenkung von sich fern zu halten. Auch das leise Geflüster um sie herum trat in den Hintergrund. Sie sah nur noch ein Muster aus Licht und Schatten. Elena trat in eine Welt aus warmer Phosphoreszenz und wusste, dass es sich um Flints Geist handelte. Sie fühlte genau, dass dieser für gewöhnlich stärker strahlte als in jenem Moment, die Verletzungen und Qualen hatten seinen Glanz schwinden lassen. Ihr eigener Magik Strahl glich einer silbrig roten Fackel. Sie musste Acht geben. Bei einer zu ungestümen Berührung konnte es passieren, dass sie alles verbrannte, was ihren Freund ausmachte. Dann würde nur noch seine leere Hülle zurückbleiben. Diese entsetzliche Vorstellung half ihr, den Strahl der Magik zu
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