Alasea 03 - Das Buch der Rache
die Geister im Schwinden begriffen waren, wer würde ihn dann führen? Er warf einen Blick zum Horizont. Gab es dann noch einen Grund, diese Reise fortzuführen? Hatte seine Mission noch einen Sinn, wenn der Vernichter kurz vor dem Triumph stand? Er starrte hinauf in die gnadenlos scheinende Sonne. Tränen standen ihm in den Augen. Sein Herz war so hohl wie der Stein. Im Stillen verfluchte er die drei alten Og’er, die Triade, die ihn auf diese von vornherein zum Scheitern verurteilte Reise geschickt hatten. Hatte er nicht schon genug gelitten geboren als Halbblut und mit der Schande seines Ahnen, des Eidbrechers, belastet? Musste er nun auch noch den Verlust der Geister seines Volkes ertragen?
Tol’chuk hob den Stein zwischen sich und die Sonne. Er starrte in das dunkle Innere des Kristalls, und hinter den glitzernden Facetten entdeckte er die wahre Quelle all seiner Schmerzen den schwarzen Wurm, der sich langsam darin wand und drehte.
Mit einem tiefen Knurren ballte Tol’chuk die Faust um den Stein zusammen, bis die Kanten ihm die Handfläche zerschnitten. Blut tropfte aus seiner Klaue und lief den Arm hinunter, um schließlich auf das feuchte Deck zu spritzen.
Auch wenn er nicht mehr vom Stein geführt wurde, Tol’chuk würde diese Reise nicht abbrechen. Selbst wenn es ihm nicht gelingen sollte, die Geister seiner Vorfahren zu befreien eines gelobte er sich: Bevor er starb, musste der Vernichter zerstört sein!
Dies schwor er bei seinem eigenen Blut.
»Wir werden den Kalmengürtel morgen früh erreichen«, verkündete Flint. Er blickte in die Runde, die in der kleinen Kombüse um den Tisch saß, und studierte die Gesichter der Gefährten. Jeden Abend trafen sie sich dort, um den nächsten Tag zu planen und zu besprechen. »Ich hatte erwartet, eine Nachricht von Saag wan und Kast zu erhalten, aber nun können wir nur hoffen, dass sie mit den Schiffen der De’rendi bereits auf dem Weg zum Treffpunkt sind.«
Joach warf einen Blick zu seiner Schwester, die zu seiner Rechten saß, dann schaute er wieder zu Flint. »Und was ist, wenn die Blutreiter nicht kommen?«
»Dann werden wir die Reise nach A’loatal einfach ohne die Mer’ai fortsetzen.« Er stützte sich mit den Fäusten auf den Tisch. »Wir können nicht warten. Das Buch des Blutes muss gefunden werden, bevor der Herr der Dunklen Mächte noch mehr Streitkräfte um sich versammeln kann.«
Da ergriff Elena das Wort. »Aber nur Er’ril weiß… oder wusste, wo das Buch versteckt ist.«
»Das stimmt nicht ganz«, antwortete Flint. »Jeder weiß, dass das Buch in den Katakomben unter der Ordensburg verborgen liegt, aber es wird von einem Bann des schwarzen Eises beschützt, der ohne den richtigen Schlüssel nicht gebrochen werden kann Und über diesen Schlüssel hat Er’ril sich ausgeschwiegen.« Flint richtete den Blick auf die Eisenfaust, die auf dem Tisch lag. »Aber ich kann Er’rils Rätsel vielleicht lösen. Er legte nämlich sehr großen Wert darauf, die Eisenfaust wieder zu finden. Ich glaube, dass die Magik der Faust der Schlüssel ist, um den Bann zu brechen der das Buch umschlossen hält.«
»Aber das vermutest du nur«, erwiderte Merik, der am anderen Ende des Tisches saß und mit Verachtung in der Stimme sprach. »Ich meine, wir sollten warten, bis die Armada der Königin aus Sturmhaven hier eintrifft. Mit den Kriegsschiffen der Elv’en…«
»Deine Königin wird zu spät kommen«, antwortete Flint und schnitt Merik damit das Wort ab. »Wir haben nur Aussicht auf Erfolg, wenn wir schnell angreifen. Wir können nicht noch einen Mond verstreichen lassen, oder der Feind wird noch stärker werden.« Flint schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ganz gleich, ob mit oder ohne Unterstützung der Blutreiter, wir greifen jetzt an, ansonsten sehe ich keine Möglichkeit mehr, den Kampf zu gewinnen.«
Der Og’er, der Elena und Joach gegenübersaß, grunzte zustimmend. Es war das erste Mal, dass Tol’chuk in der abendlichen Runde das Wort ergriff. »Wie lautet also dein Plan, Bruder?«
»Ganz einfach. Die Mer’ai und ihre Drachen werden die Insel belagern und somit die Aufmerksamkeit der Dunkelmagiker auf sich ziehen, während sich eine kleine Gruppe durch die Verteidigungsanlagen der Insel schleicht. Ich weiß einen Geheimweg in die Katakomben, einen Gang, den nur meine Sekte kennt. So die Götter wollen, wird der Weg unbewacht sein.« Flints Gesicht wurde ernst. »Und heute Abend müssen wir festlegen, wer Elena und mich zur Insel begleiten
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