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Alasea 03 - Das Buch der Rache

Alasea 03 - Das Buch der Rache

Titel: Alasea 03 - Das Buch der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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einen Schrecken einjagen. Aber er bestand offenbar darauf. Seine Stirn legte sich fordernd in Falten.
    Langsam kam Elena näher. Die Stute rollte ein Auge, um Elena beobachten zu können, aber sie machte keine Anstalten, das Weite zu suchen. Elena legte die Hand auf die Schulter des Pferdes.
    Der Seemann schob Elena den Apfel zu. Und Nebelbraut folgte der halb aufgegessenen Frucht mit ihren knabbernden Zähnen. Schließlich legte er den Apfel ganz in Elenas Hand, und Nebelbraut setzte ihr Mahl fort. Dann nahm der Matrose Elenas andere Hand und zog sie hoch, damit sie die Stirn der Stute weiter streicheln konnte.
    Als Elena seine Rolle vollständig übernommen hatte, trat er zurück. Bald war der Apfel mitsamt Kerngehäuse verschwunden. Nebelbraut schnüffelte an Elenas behandschuhten Fingern und suchte nach mehr. Elena blickte den Matrosen fragend an. Er bedeutete ihr, den Handschuh auszuziehen.
    Sie tat es. Nebelbraut schnüffelte nun an ihrer nackten Handfläche. Da schien die Stute zu erstarren. Elena machte sich darauf gefasst, dass das Pferd sich gleich losriss, aber stattdessen grub Nebelbraut ihre Nase tiefer in Elenas Hand. Das Pferd wieherte leise und freudig. Schließlich trat Nebelbraut sogar näher an Elena heran und rieb ihren Kopf schnaubend an der Brust des Mädchens. Sie wollte, dass Elena sie umarmte.
    Tränen kullerten aus Elenas verwunderten Augen, und ein leises Lachen kam ihr über die Lippen. Sie umarmte die Stute, legte die Arme fest um sie und vergrub ihr Gesicht am Hals des Pferdes. Nebelbraut hatte sie endlich erkannt, sich an Elena erinnert.
    Die junge Frau hing weinend am Hals des Pferdes, fast zu schwach, um sich auf den Beinen zu halten. Da ihr der Pferde und Heugeruch in die Nase stieg, fühlte sie sich wie zu Hause, zumindest für einen Augenblick. Sie streichelte Nebelbraut und flüsterte ihr wirres Zeug zu, sie weinte und lachte gleichzeitig. In ihrem Herzen waren die Verluste, die sie hatte erleiden müssen, noch immer gegenwärtig, aber sie spürte, dass die Heilung begann. Sie konnte den Schmerz nun leichter ertragen, da sie die Wärme der Stute spürte, die Erinnerung an ihre Familie und ihr Zuhause.
    Schließlich drehte Elena sich um. Sie wollte dem Zo’ol Matrosen ihren Dank aussprechen.
    Aber die Box war leer. Der Mann war bereits gegangen.
    Tol’chuk hockte am Bug des Schiffes, als die Sonne den Zenit erreichte. Salzige Gischt sprühte ihm ins Gesicht, während die Bleicher Hengst durch die Wellen pflügte. Wieder einmal hob er den Herzstein in die Luft und streckte ihn dem Horizont entgegen. Im hellen Sonnenlicht strahlte und glänzte der Kristall zwar, aber sonst gab er keine Zeichen. Tol’chuk runzelte die Stirn. Er entblößte seine Fangzähne und stieß sich mit seinem langen Arm vom Boden ab. Langsam drehte er sich einmal im Kreis, den Herzstein in der ausgestreckten Hand. Doch der Juwel tat nichts anderes, als in der Mittagssonne zu blinken und zu glitzern.
    Tol’chuk sank zurück aufs Deck und studierte den geschliffenen Stein. Seitdem der Herzstein den Og’er zu Elena in das brennende Schiff geführt hatte, hatte er nicht mehr aufgeleuchtet war nicht nur stumm, sondern fast tot. Aber Tol’chuk spürte, das die elementaren Kräfte hinter dem Schliff noch vorhanden waren so wie man in der Nähe eines unterirdischen Flusses das Beben im Fels spürt. In der Vergangenheit hatte der Stein ihn stets geleitet und ihm die Richtung vorgegeben.
    Aber nun war er stumm und träge.
    Mit dem Stein in der Klaue bat Tol’chuk seine Vorfahren um Rat. Warum war das Herz so still geworden, jetzt, da die Gefahr überall um sie herum lauerte? Tol’chuk schüttelte den Kopf. Er öffnete umständlich den Beutel an seinem Oberschenkel und wollte den Stein hineinlegen.
    »Darf ich den Juwel einmal sehen?« bat plötzlich eine Stimme hinter ihm.
    Tol’chuk drehte den Kopf herum und erkannte die Heilerin aus Port Raul. Die kleine, grauhaarige Frau musste sich schwerfällig auf ihren Stock stützen. Die kühle Feuchtigkeit des Ozeans schien Mama Fredas Gelenken nicht gut zu tun. Die meiste Zeit verbrachte sie, eingehüllt in warme Decken, in ihrer Kabine, und nur wenn das Wetter gut war, wie jetzt, wagte sie sich an Deck. In Wahrheit war sie jedoch nicht so stark von ihrer Umwelt abgeschnitten, wie es scheinen mochte. Ihr Haustier, den Tamrink Tikal, sah man oft durch die Takelage tollen, wo er den Matrosen mit seinem ständigen Nachäffen gehörig auf die Nerven ging. Tol’chuk

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