Alasea 03 - Das Buch der Rache
sich von Er’rils Worten weder einschüchtern noch ablenken. »Es war dein Blut, das diesen Bann genährt hat, Er’ril. Und es wird dein Blut sein, das ihn bricht.«
»Bist du dir dessen so sicher, Bruder? Ich sage dir, dass dir noch ein Stück zum Ganzen fehlt.«
»Und was sollte das sein?«
»Du hattest Recht. Der Bann verlangte wirklich mein Blut und auch einen Teil der ewigen Magik des Buches. Doch er riss noch etwas anderes an sich, wovon du nicht einmal das Geringste ahnst. Und dieses letzte Element wird dein Untergang sein.«
»Ich nehme an, du wirst mir gleich verraten, worum es sich dabei handelt.«
Er’ril kniff die Augen zusammen. »Meinen Gefährten magst du enttarnt haben«, sagte er und nickte dabei zu De’nal. »Aber dieses letzte Geheimnis werde ich dir niemals verraten nicht einmal, wenn ich damit die Hexe retten könnte.«
Schorkan zuckte nur mit den Schultern und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. »Das dachte ich mir. Dann werde ich es eben darauf ankommen lassen, lieber Bruder.«
»Du wirst sterben, wenn du das versuchst, und von dort wird es kein Zurück mehr geben.«
Schorkan tat die Worte seines Bruders mit einer abfälligen Handbewegung ab. »Genug, Er’ril. Ich kann verstehen, dass du der Verzweiflung nahe bist. Dein Widerstand zeugt jedoch nur davon, dass ich auf dem richtigen Weg bin.«
Er’ril runzelte die Stirn. Er musste erreichen, dass Schorkan auf ihn reagierte und noch einmal wenigstens einen Augenblick lang von seiner Arbeit aufschaute. Greschym brauchte diese kurze Ablenkung, um seinen Verrat vollenden zu können. Der alte Magiker starrte Er’ril nun offen an. Die Zeit wurde knapp.
In Er’rils Kopf wirbelten die Gedanken wild durcheinander. »Denk zurück, Schorkan. Bei den vielen Versuchen, die du unternommen hast, um Bruder Kallons Bann zu brechen, muss dir doch aufgefallen sein, dass daran etwas sehr Ungewöhnliches ist… etwas sehr Verwirrendes.«
Schorkan machte ein mürrisches Gesicht, und schließlich richtete er sich auf. Er trat zu Er’ril, überschritt dabei jedoch den Wachsring nicht. »Dann sag es mir. Was ist an meinem Bann falsch?«
Obwohl das Böse in Wellen von dem Dunkelmagiker ausströmte, bewahrte Er’ril Haltung. Er musste seinen Bruder so beschäftigen, dass er den Blick nicht mehr von ihm abwandte. Er’ril wagte nicht einmal, kurz zu Greschym zu schauen, ob dieser bereits mit seinem Vorhaben begonnen hatte. »Was bekomme ich dafür, wenn ich es dir sage?«
»Ich könnte es einrichten, dass du diese Nacht überlebst«, knurrte Schorkan.
»Und was wird dann aus mir? Verbringe ich den Rest meines Lebens in deinen Kerkern?«
»Das liegt an dir, Bruder. Aber jetzt sag mir, was…« Plötzlich fuhr Schorkan auf dem Absatz herum.
Er’ril warf einen Blick zu Greschym. Der alte, krumme Magiker kniete noch immer am Kreisrand.
»Was tust du da?« schrie Schorkan. »Das ist die falsche Rune!«
Greschym antwortete nicht darauf. Er stützte sich auf seinen Stab, stand auf und trat aus dem Ring. Schorkan stürzte auf ihn zu, aber Greschym hielt den Stab in den Wachskreis und berührte die letzte Rune, die er gezeichnet hatte. Das Symbol, zwei ineinander verschlungene Schlangen, glühte rot auf. »Die Rune der Falle ist die richtige Rune für mein Vorhaben, Schorkan!«
Schorkan kam kurz vor dem Ring zum Stehen und stolperte zurück. »Du?!« Er schäumte vor Wut über Greschym, und sein Gesicht verfärbte sich so schwarz, als würden Gewitterwolken darüber hinwegziehen. Dann blickte er zu De’nal.
Greschym deutete mit der Hand auf den Jungen. »Ja, De’nal ist immer der Treuere von uns beiden gewesen, immer das folgsame, kleine Hündchen.«
Schorkan schritt am Ring entlang. Offenbar suchte er nach einem Ausweg aus seiner misslichen Lage.
»Ich kenne den Bann, den ich ausgesprochen habe«, erklärte Greschym. »Du wirst am Leben bleiben, solange du nicht versuchst, den magischen Kreis zu überschreiten.«
Schorkan blickte Greschym über die dünne Wachslinie an. »Warum?«
Nun schlich der alte Magiker langsam um den Ring herum und schlug dabei in regelmäßigen Abständen mit seinem Stock auf den Boden. »Ich kann es nicht zulassen, dass du das Buch des Blutes zerstörst. Nur durch dieses Buch kann ich meinen altehrwürdigen Knochen wieder neue Lebenskraft einhauchen. Es ist meine einzige Hoffnung.«
»Lebenskraft? Du lebst doch schon ewig! Welches Geschenk könnte denn noch wertvoller sein?«
Nun war es an Greschym herumzufahren.
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