Alasea 03 - Das Buch der Rache
Lazarett weilen musste. Saag wan lächelte vom Tisch aus ihrer Freundin Elena zu, Kast ebenso. Aber Elena bemerkte, dass die zwei sich an den Händen hielten. Sie fühlte, dass sich das Paar mehr aneinander erfreute als an dem rauschenden Fest.
Joach führte seine Schwester in die Mitte des großen Saales, und Elena merkte, dass der dritte Tisch nur spärlich besetzt war. Es schien, dass auch ein so glanzvolles Fest wie dieses die Mer’ai nicht aus dem Meer zu locken vermochte. Unter den wenigen anwesenden Mer’ai erkannte Elena nur eine Frau. Sie nickte Linora erfreut zu, war jedoch überrascht, das Mitglied des Ältestenrates hier anzutreffen. Elena hatte gehört, dass Linora noch immer den Verlust ihres Drachen und den Tod ihres Gatten betrauerte. Aber aus der Art, wie der Blick der Frau immer wieder zu ihrer Tochter wanderte, konnte Elena den Grund für ihr Kommen erraten. Durch die dunklen Wolken der Trauer in Linoras Augen leuchtete stets ein schwacher Schein der Freude, wenn sie sah, wie ihre Tochter die Liebe entdeckte. Elena überließ die Mer’ai Frau ihrer kleinen Insel der Glückseligkeit.
Als Elena sich dem letzten Tisch näherte, erblühte ein herzliches Lächeln auf ihren Lippen, und Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie ihre Freunde begrüßte. Tol’chuk saß in der Mitte. Groß und kräftig, wie er war, überragte er die anderen um ein gutes Stück. Irgendjemandem war es gelungen, dem Og’er einen Staat zu verpassen, der ihn mehr schlecht als recht kleidete. Vermutlich hätte er sich die edlen Gewänder am liebsten vom Körper gerissen, bis jetzt hatte er sich jedoch noch zurückhalten können. Als ihre Blicke sich trafen, rollte Tol’chuk die Augen, aber er grinste und zeigte seine Fangzähne. Elena deutete auf ihr eigenes kunstvolles Gewand und gab ihm damit zu verstehen, dass sie sein Unbehagen verstand. Sie lächelten beide amüsiert.
Neben dem Og’er saß Mama Freda; ihr Tamrink hockte auf einem Rad Käse, das mitten auf dem Tisch lag, und knabberte an seinem Sitz. Die drei Zo’ol Matrosen saßen Tol’chuk gegenüber und Tok zwischen ihnen. Mit weit aufgerissenen Augen bestaunte der kleine Junge das prunkvolle Festtreiben. Elena dankte ihnen allen mit einem Nicken. Die Zo’ol und Tok hatten die Bleicher Hengst nach dem Ende der Schlacht in den Hafen gesegelt und ihre Stute Nebelbraut in einem Behelfsstall neben dem Kai untergebracht. Elena besuchte das Pferd jeden Morgen mit einem Stück getrocknetem Apfel. Die Stute schien glücklich darüber zu sein, wieder festen Boden unter ihren Hufen zu haben.
Elena ging weiter. Als sie die leeren Plätze und Gedecke am Ende des Tisches sah, verging ihr das Lächeln, und wieder flössen Tränen. Für Flint und Moris war ebenfalls gedeckt worden, um des Opfers der beiden Brüder zu gedenken. Die Burg war einst ihr Zuhause gewesen. Sie hatten ihr Leben gegeben, um für Elena und die anderen den Weg hierher zu ebnen. Elena unterdrückte ein Schluchzen und musste sich von den leeren Stühlen abwenden.
Als sie sich umdrehte, um die Tränen fortzuwischen, sah sie den Gefährten, der bislang noch gefehlt hatte, aus dem gegenüberliegenden Gang in den Saal treten. Er’ril trug das Buch des Blutes in seinen Händen. Aber er hätte genauso gut mit leeren Händen kommen können; Elena hatte nur Augen für den Mann an sich.
Sein Haar, gekämmt und gebändigt wie die Mähne eines Hengstes nach einem langen Galopp, glänzte so tiefschwarz wie Rabengefieder. Seine Haut war rot von der Hitze des Abends, sie glühte in den Farben des Sonnenuntergangs. Unter einer mitternachtsschwarzen Weste trug er ein silbergraues Hemd, das genau zur Farbe seiner Augen passte. Als er auf Elena zuging, sah sie, wie die Seide über die starken Muskeln an Schultern und Armen strich. Nicht einmal seine edle Kleidung konnte die Kraft des Mannes verbergen; er war einfach rau und wild.
Er’ril blieb vor Elena stehen. Er kniete plötzlich nieder und hielt ihr das Buch hin. Die Rose auf dem Umschlag schimmerte im Licht. »Nimm dein Geburtsrecht an, Elena.«
Sie nahm erst das Buch und dann seine Hand, sodass er aufstand. »Nur wenn du mir versprichst, dass du bei mir bleibst, Er’ril. Für alle Zeit. In der Vergangenheit hatte ein Magiker stets einen Paladin an seiner Seite, damit er ehrlich und ergeben blieb.« Sie blickte ihm in die Augen. »Sei mein Paladin.«
Entsetzen breitete sich auf Er’rils Gesicht aus, als hätten ihre Worte ihn tief verletzt. Seine Antwort kam
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