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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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war zunächst sprachlos, dann stand sie langsam auf. »Und was ist mit dem Kind? Was für eine Rolle spielt dieses Kind?«
    Die Dämonin war sichtlich betroffen. Ihr Blick heftete sich auf den Knaben in den Armen der Gestaltwandlerin. »Es … es gehört mir.«
    Mikela überlegte einen Augenblick, ehe sie flüsterte: »Der Herr der Dunklen Mächte weiß nichts von diesem Kind, nicht wahr? Du hast es vor deinem Herrn geheim gehalten.«
    Die Gestalt erzitterte. »Es … es gehört mir«, wiederholte sie.
    »Es ist alles, was von deiner Reinheit noch übrig ist«, setzte Mikela nach.
    Der Schatten begann sich an den Rändern aufzulösen.
    Ni’lahn fasste wieder Mut. Sie spürte, dass sie einen wunden Punkt gefunden hatten. Mit zarter Hand strich sie über die Saiten der Laute. Die Musik war so leise, dass kein menschliches Ohr sie hören konnte. Sie spielte ein altes Lied ein Lied von Geburt und Tod, vom Kreislauf des Lebens. Der Geist war so verstört, dass er es gar nicht zu bemerken schien.
    »Lass uns das Kind mitnehmen«, drängte Mikela. »Wir bringen es an einen Ort, wo es für alle Zeiten vor der Fäule sicher ist.«
    Der Geist zögerte, die Frau wurde wieder zur Wolke. »Einen solchen Ort gibt es nicht, bevor die Schwarze Wurzel das Land nicht zerstört hat. Erst dann kann der Junge aufrecht und gesund heranwachsen.«
    Mikela nickte verständnisinnig. »Dann erlaube uns, ihn bis zu diesem Tag in unsere Obhut zu nehmen.«
    »Bei mir ist er am besten aufgehoben. Bei mir wird ihm nichts geschehen.«
    »Wie kannst du da so sicher sein? Hat die Fäule dich verschont? Oder deine Schwestern? Auf den Furchthöhen ist dein Kind in größter Gefahr. Es hat nur eine Chance. Es muss von hier fliehen genau wie einst Ni’lahn.«
    Die schwarze Wolke wogte unschlüssig hin und her.
    Ni’lahn fuhr fort, den Geist mit ihrem Lied zu umspinnen. Behutsam lockte sie die Mutterinstinkte des kranken Geschöpfs hervor und wandte sich an den gesunden Kern in den Tiefen von Cäcilias Seele.
    »Ich kann … Ich kann nicht auf ihn verzichten«, wimmerte der Geist.
    Mikela ließ nicht locker. »Soll der Junge unter dem Geheul der Grim heranwachsen, oder soll er das reine Waldlied von Ni’lahns Laute hören? Wobei wird das Kind weniger Schaden nehmen? Du hast etwas Neues geschaffen, ein wundersames, ein reines Geschöpf. Wir wollen dir nur helfen, es zu bewahren.«
    Ni’lahn unterstützte Mikelas Worte mit ihrer Musik und ließ eine Reihe von Bildern entstehen: Laub, das von den herbstlichen Bäumen fiel, sich in Erde verwandelte, die nächste Generation nährte, den Waldboden bereitmachte für neues Wachstum. Der ewige Kreislauf, das Opfer des Lebens. Die Toten, die das Geschenk an die Lebenden zurückgaben. Der selbstlose Akt der Liebe und der Geburt.
    Und schließlich brach ein Damm im Inneren des Geistes. Die schwarze Wolke schoss hoch in die Luft und kreiste über dem See. »Nehmt das Kind«, heulte der Geist. »Bringt meinen Jungen von hier fort.«
    Der Schrei gellte über den Himmel, die Geistermauer zerfiel. Die Bösewächter Dämonin entfloh in den Wald, und ihre Schwestern folgten ihr nur zu bereitwillig.
    Ni’lahn trat zu Rodrickos Leichnam und kniete vor ihm nieder. Sie strich ihm sanft über die Wange, wünschte ihm eine sichere Reise in die nächste Welt und dankte ihm stumm für alles, was er getan hatte. Er hatte mit seinem Opfer in nicht geringem Maße dazu beigetragen, dass aus dem toten Wald neues Leben erstehen konnte.
    Mikela stellte sich neben Ni’lahn und wartete, bis sich die Mauer aus Finsternis aufgelöst hatte. »Cäcilia ist wahnsinnig, man kann ihr nicht trauen. Erst deine Musik hat ihren edleren Regungen zum Durchbruch verholfen.«
    Ni’lahn stand auf und zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Es überraschte sie, dass Mikela die Laute hatte hören können.
    »Ich habe das feine Ohr der Gestaltwandler«, erklärte die Schwertkämpferin. »Dein Lied hat Cäcilias Willenskräfte gestärkt. Aber wir können nicht erwarten, dass der Zauber lange anhält. Und wenn sie erst erfährt, wohin unsere Reise geht, könnte sie sich im Handumdrehen wieder gegen uns wenden.«
    »Dann müssen wir zusehen, dass wir bis dahin weit weg sind«, sagte Ni’lahn. Sie hängte sich die Laute über die Schulter, um die Arme frei zu haben, und nahm Mikela das Kind ab. Lange betrachtete sie das kleine Gesichtchen, dann blickte sie hinauf in ihren Baum, der selbst im Tod seine Würde bewahrt hatte. Tränen stiegen ihr in die

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