Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
Vom Netzwerk:
langer Seufzer klang. Es war, als hätte das Instrument den Atem angehalten und sei nun erleichtert, endlich wieder singen zu können. Merik lächelte und seufzte ebenfalls. Er hatte zu lange nicht mehr gespielt und ganz vergessen, wie sehr ihn die Stimme der Laute beruhigte.
    Bevor er eine neue Weise erklingen lassen konnte, gab es in der Nähe einen dumpfen Schlag, und eine Luke flog auf. Stimmen drangen durch die nächtliche Stille. »Wie viele?« bellte ein rauer Bass.
    Zwei Gestalten stiegen an Deck und traten nicht weit von Merik an die Reling. Merik erhob sich, die Laute in der Hand, um nicht den Anschein zu erwecken, er wolle sie belauschen. »Was gibt es?« fragte er.
    Die größere Gestalt sah zu ihm herüber. Es war Kast. Der breitschultrige Blutreiter nickte dem Elv’en zu. Kasts langes dunkles Haar hing ihm, zu einem Zopf geflochten, über den Rücken. Über Hals und Wange zog sich die Tätowierung eines Drachen mit ausgebreiteten Schwingen. »Wir haben soeben Nachricht von der Ratsversammlung erhalten«, sagte Kast schroff. Er konnte seinen Ärger kaum beherrschen. »Hast du es schon gehört?«
    Merik schüttelte den Kopf.
    Die schlanke Frau an Kasts Seite schob ihre kleine Hand in die seine. Merik bemerkte, wie Kast sie drückte und dabei mit dem Daumen die zarte Schwimmhaut zwischen Daumen und Zeigefinger streichelte. Wahrscheinlich waren sich die beiden der kleinen Geste, die so viel Zuneigung und Unterstützung ausdrückte, gar nicht bewusst.
    Saag wan deutete mit dem Kopf auf das Meer hinaus. »Meine Mutter hat einen Boten geschickt. Elena scheint dem Rat ein Ultimatum gestellt zu haben.«
    Merik schaute über das Wasser. In der Ferne war ganz schwach der buckelige Schatten eines Leviathan zu erkennen, eines jener riesigen Seeungeheuer, das die Mer’ai in seinem Bauch beherbergte, wenn sie im Meer unterwegs waren.
    »Sie hat den Mitgliedern nur eine Wahl gelassen«, fuhr Saag wan fort. »Wer mit ihrem Plan nicht einverstanden ist, soll noch heute Nacht abreisen.«
    Merik zog schockiert die Brauen hoch, konnte sich aber ein anerkennendes Grinsen nicht verkneifen. Elena wuchs allmählich in ihre Rolle als Führerin und Hexe hinein. In ihren Adern floss das Blut alter Elv’en Könige. Offenbar machte sich das endlich bemerkbar.
    »Unser Großkielmeister hat seine Unterstützung bereits zugesagt«, erklärte Kast. »Die De’rendi Flotte bleibt.«
    »Die Mer’ai desgleichen«, sagte Saag wan. »Meister Edyll konnte meine Mutter davon überzeugen, dass sich die Mer’ai nach der Eroberung der Insel nicht länger verstecken können.«
    »Aber was ist mit den anderen?« wollte Merik wissen. Er war nicht sicher, wie seine Mutter sich entscheiden würde. »Ich sollte besser auf die Sonnenjäger zurückkehren und dafür sorgen, dass die Elv’en Flotte nicht abspringt.«
    »Nicht nötig«, sagte Kast. »Ich habe von Hant, dem Sohn des Großkielmeisters, erfahren, dass auch die Elv’en bleiben. Sie wollen offenbar die Blutlinie eures alten Königs schützen, ganz gleich, wozu Elena sich entschließt.«
    Merik nickte, aber ihm war die prompte Entscheidung seiner eigenen Mutter nicht so ganz geheuer. Hatten seine Geschichten doch ihr Herz berührt? Oder verbarg sich hinter Königin Tratals großzügiger Zusage eine ganz andere Absicht? »Was ist mit den anderen?«
    Kasts Miene verfinsterte sich. »Möge die Süße Mutter alle Feiglinge verfluchen«, fauchte er.
    Saag wan legte ihrem großen Gefährten die Hand auf die Schulter. »Noch vor Sonnenuntergang ist fast die gesamte Delegation der Küstenstädte abgereist. Von den Verbliebenen werden die meisten vermutlich abwarten, was Elena morgen früh zu sagen hat, aber wer weiß?« Sie zeigte auf eine Flottille von Segelschiffen mit brennenden Laternen in der Takelage, die sich von der Insel entfernten. »Während der Nacht könnten sich noch etliche mehr davonstehlen.«
    Merik runzelte die Stirn. Blutreiter, Mer’ai, Elv’en sie alle waren Fremde in Alaseas Reichen, aber als Einzige bereit, an der Seite der Hexe zu kämpfen. Kein Wunder, dass dieses Land vor fünfhundert Jahren kampflos an seinen Eroberer gefallen war.
    »Was jetzt?« fragte Merik.
    Kast schüttelte den Kopf. »Wir warten bis Tagesanbruch.« Der Blutreiter schaute so drohend über das Meer, als wollte er jeden abschrecken, der etwa noch daran dachte, die Insel zu verlassen. Erst als Saag wan sich in seine Arme schmiegte, wurden seine Züge weicher. Gemeinsam beobachteten sie die

Weitere Kostenlose Bücher