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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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ein langes Gedächtnis hatte.
    Die Kälte traf ihn wie ein Hammer in die Brust. Als er wieder an die Oberfläche kam, unterdrückte er ein Keuchen. Seine Muskeln drohten sich im eisigen Griff des Wassers zu verkrampfen, doch das verhinderte er, indem er mit kräftigen Arm und Beinbewegungen auf das erleuchtete Spiegelbild zuschwamm.
    Nur einmal hielt er kurz inne und sah zurück. Die Gefährten standen wie betäubt am Ufer. Er schwenkte wütend den Arm, woraufhin Mikela die anderen rasch veranlasste, seine Sachen einzusammeln und am Ufer entlang zur Brücke zu gehen.
    Kral konnte sich wieder seinem eigenen Ziel zuwenden. Mit gleichmäßigen Beinschlägen strebte er der Spiegelung entgegen. Der rötliche Schein der Fackeln auf der Zitadelle wies ihm den Weg. Bald drang ihm die Kälte in die Knochen, die Glieder wurden ihm schwer, und er fragte sich, ob er nicht einem Hirngespinst nachjagte. Was er da tat, war doch Wahnsinn!
    Doch als er endlich in das feurige Bild eindrang, wurde das Wasser wärmer. Er dachte zunächst, durch die Bewegung hätten sich nur seine Muskeln erwärmt, aber bald war der Unterschied so groß, dass kein Zweifel mehr möglich war.
    Tränen der Rührung schnürten ihm die Kehle zu. Das Land hatte nicht vergessen …
    Aus Angst, das Wunder könnte sich in nichts auflösen, holte er tief Atem und tauchte unter. Der Lichtschein reichte weit hinab. Das rote Bild der Zitadelle zog sich bis auf den Grund. Staunend betrachtete er den Abglanz seiner alten Heimat. Sogar ein flimmernder Bogen schwang sich durch die Tiefen des Sees und hieß ihn wie mit zwei ausgebreiteten Steinarmen willkommen. Er erinnerte sich an den ersten Blick auf das Tal: der Bogen, der den See überspannte und sich zugleich darin spiegelte, sodass ein geschlossener Kreis entstand.
    Halb Stein, halb Trugbild.
    Der Anblick verlieh ihm neue Kräfte. Mit energischen Stößen schwamm er auf den geisterhaften Bogen zu. Unmittelbar davor befielen ihn die Zweifel von neuem. Was für ein Unsinn! Was fiel ihm denn nur ein? Das konnten doch bloß alte Familiengeschichten sein, Sagen aus ferner Zeit …
    Er streckte die Hand nach dem leuchtenden Bild aus und seine Finger berührten Stein.
    Mikela führte ihre Gefährten vorsichtig an den letzten Granitfelsen heran. Die Brücke lag vor ihnen. Sie schien unbewacht zu sein, aber die Schwertkämpferin mahnte die Gruppe mit erhobener Hand, sich still zu verhalten, lauschte kurz und winkte dann Ferndal nach vorn. Er sollte den Waldrand nach Spitzeln absuchen. Alle anderen duckten sich in den Schatten des Felsens, wo sie vor dem Toben des Windes ein wenig geschützt waren. Mikela sah sich um. Alle zitterten vor Kälte, und die Umhänge waren voller Schnee. Kral hatte das Wetter richtig eingeschätzt. Sie mussten so bald wie möglich irgendwo Schutz vor diesem Sturm finden.
    Sie wagte sich hinter dem Felsblock hervor und trotzte dem Schnee, der ihr ins Gesicht peitschte, um nach Kral zu suchen. Aber sie fand keine Spur von ihm. Das Wasser lag so ruhig da wie vorher. Wo war er? Was führte er im Schilde? Alte Bedenken flammten wieder auf. Seit sie das Tal betreten hatten, zischte die kleine Schlange jedes Mal, wenn er sich näherte, und legte sich fester um ihren Arm. Das Tierchen war verstört und wollte sie vor irgendetwas warnen. Konnte man Kral wirklich rückhaltlos vertrauen? Wie schon so oft wünschte sie sich die Fähigkeit zurück, Elementarkräfte in anderen zu erkennen, das Gespür der Sucherin, das sie mit ihrer Wiedergeburt verloren hatte. Seither war sie für solche Kräfte so blind wie jeder gewöhnliche Mensch. Doch auch ohne die Gabe war sie überzeugt davon, dass Kral sich irgendwie verändert hatte. Andererseits, war ihnen das auf dieser langen Reise nicht allen so ergangen?
    Tyrus berührte ihren Arm. »Ferndal ist von seiner Suche zurück.«
    Sie schob ihren Argwohn beiseite, nickte dem Prinzen zu und folgte ihm zurück zu den anderen. Ni’lahn hielt das Kind in den Armen, während Mogwied sich über Ferndal beugte.
    »Ich verstehe dich nicht«, zischte er seinen Bruder an.
    Mikela legte dem schmächtigen Mann die Hand auf die Schulter. »Lass mich es versuchen.«
    Die Zwillinge sahen zu ihr auf. Die bernsteingelben Augen, die einst so hell geleuchtet hatten, flackerten kaum noch. Bald würden sie beide für immer in ihrer Gestalt gefangen sein.
    Mikela kniete vor Ferndal nieder und streichelte ihm den Rücken. »Was hast du gefunden?«
    Ein bunte Folge von Bildern zog vor ihrem

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