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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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mit zitternder Stimme.
    Der Vorg zeigte nicht auf die Öffnung, aus der einst der Bach geflossen war, sondern weiter nach oben.
    »Vielleicht meint er einen der alten Bergwerksschächte«, sagte Magnam. »Die alten Gänge und Gruben durchziehen den ganzen Berg.«
    »Wenn das so ist«, sagte Er’ril, »dann können wir einen ganzen Winter lang nach dem Mantikor suchen.«
    Aber der Vorg deutete noch energischer mit dem Arm in die Höhe. »Schlimm böse Dunkelheit!«
    »Zeige sie uns«, sagte Tol’chuk. »Wo?«
    Griegrell seufzte nur und breitete beide Arme weit aus.
    Er’ril wurde ärgerlich. »Entweder hat er keine Ahnung, oder er verst …« Doch plötzlich unterbrach er sich. »Süße Mutter!«
    Der Mond war noch ein wenig höher gestiegen und schwebte nun genau über der Spitze des zerklüfteten Berges. Wie eine silberne Flut strömte sein Licht auf die Flanke herab oder auf das, was davon noch übrig war.
    Die ganze Seite des Gy’hallmanti war behauen worden, bis eine hoch aufragende Granitskulptur entstanden war. Zahllose Meisterbildhauer mussten jahrzehntelang geschuftet haben, um die Einzelheiten herauszuarbeiten: die Anspannung in den Zügen, den Schmerz und den Triumph in den schwellenden Muskeln, den Zorn in den Fältchen um die Augen. Die Gestalt schien dem Berg zu entsteigen, ein Arm war zum Himmel gereckt, ein Bein steckte noch im Fels fest. Hinter den mächtigen Schultern wölbte sich, stoßbereit aufgerichtet, der Skorpionschwanz.
    »Der Mantikor«, keuchte Elena.
    Mehrere Herzschläge lang sprach niemand ein Wort. Alle waren wie vom Donner gerührt.
    »Aber er ist ganz aus Granit gehauen«, sagte Er’ril. »Nicht aus Schwarzstein.«
    »Nein«, widersprach Elena, »du irrst dich.« Sie zeigte auf den ausgestreckten Arm. Die Krallenhand hielt einen Felsblock von der Größe eines kleinen Hauses, den nicht einmal das Licht des Mondes zu erhellen vermochte, einen lebenden Schatten, der darauf wartete, zu etwas Bedrohlichem geformt zu werden. Wenn man ihn nur ansah, fror man bis ins Mark. »Das ist das wahre Herz dieser Statue Schwarzstein. Das erste der vier Wehrtore.«
    Während die anderen in Ehrfurcht erstarrten, ließ Tol’chuk den Zwergenhammer zu Boden sinken, tastete nach seinem Beutel, zog das Herz seines Volkes hervor und strich mit den Fingern darüber. Er fürchtete sich vor dem Ergebnis seiner Untersuchung, obwohl er es bereits kannte. Er hatte das Herz durch alle Reiche Alaseas getragen. Es war ihm mit jeder Facette, jedem Kratzer so vertraut wie sein eigenes Gesicht.
    Tol’chuk starrte unverwandt zum Gipfel empor. Er konnte sich nicht mehr abwenden, denn jetzt wusste er, woher die Angst kam, die ihm das Herz zuschnürte. Tief in seinem Inneren hatte er es wohl schon immer gewusst.
    Magnam zeigte auf die Skulptur und sagte: »Der Mantikor, der dem Gy’hallmanti entsteigt, soll wohl den Namenlosen darstellen, wie er den Berg verlässt. Vielleicht sind wir seit Jahrhunderten die Ersten, die ihm ins Antlitz sehen.«
    Tol’chuk konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und fiel auf ein Knie. Er hob das Herz seines Volkes dem Schwarzstein entgegen. Innerlich betete er, die Form der beiden möge nicht dieselbe sein. Doch als er es hoch über seinen Kopf hielt, wurden alle Hoffnungen zunichte.
    Die beiden glichen einander aufs Haar. Aber das war nicht das Schlimmste bei weitem nicht.
    Griegrell war der Erste, der die schreckliche Wahrheit erkannte. Er schaute mehrmals von der Mantikor Statue zu Tol’chuk und wieder zurück, und seine Augen weiteten sich entsetzt. Der Vorg stieß einen schrillen Schrei aus und wich zitternd vor dem Og’er zurück; dann floh er Hals über Kopf in die Schlucht und verschwand.
    Die anderen drehten sich um und sahen ihm nach.
    Tol’chuk ließ den Arm sinken. Verzweiflung übermannte ihn. Es hatte so viele Hinweise gegeben. Die Tatsache, dass die Triade ausgerechnet ihn für diese Aufgabe auserkoren hatte. Die Gestalt des Vernichters im Innern des Steins. Im Keller des Turms der Burg Schattenbach war der Zwergenherrscher, der Merik und Kral gefoltert hatte, entsetzt vor ihm geflüchtet genau wie jetzt der Vorg. Und in allen Augen hatte nicht nur Angst gestanden, sondern etwas Schlimmeres: Sie hatten ihn wieder erkannt.
    Tol’chuk schlug die Augen auf.
    Allmählich dämmerte einem seiner Gefährten nach dem anderen die Wahrheit. Die Gesichter erbleichten. Die Köpfe drehten sich vom Mantikor zu Tol’chuk und wieder zurück.
    Elena sprach es als Erste laut

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