Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
verraten zu haben. Während sie um das flammende Herz des Wehrs herum zum nächsten Elementarbaum glitt, grübelte sie über Schorkans Worte nach: das Land auf seinem Amboss zu zerschlagen.
Sie betrachtete die Ströme von Elementarenergie, die von den Toren ins Wehr führten, und begann zu begreifen. Es waren eigentlich keine Bäume, sondern Flüsse, die sich zu tausend Bächen verzweigten. Die Tore sogen gewaltige Energiemengen in das Wehr.
Ihre Augen weiteten sich. Jetzt war ihr klar, warum die Schwarzsteinstatuen so sorgfältig platziert worden waren. Überall im Land gab es Punkte, an denen die Elementarkräfte des Landes besonders stark waren. In den Sümpfen des Ertrunkenen Landes hatte ihr Cassa Dar erzählt, der Herr der Dunklen Mächte hätte schon vor langer Zeit versucht, eine solche Arterie, den silbernen Magik Strom unter Burg Drakken, zu zerstören. Doch es gab noch viele andere solche Adern überall auf der Welt.
Der Herr der Dunklen Mächte musste die Wehrtore an vier besonderen Kraftpunkten aufgestellt haben. Aber wozu? Um die Energie abzuschöpfen? Oder hatte er noch andere Hintergedanken?
Schorkans Worte gingen ihr erneut durch den Kopf: das Land auf seinem Amboss zu zerschlagen …
Elena keuchte auf. Ein grauenvoller Verdacht beschlich sie. Der Herr der Dunklen Mächte bemächtigte sich einzelner Elementarmagiker, indem er ihnen mit Schwarzsteinsplittern die Energie entzog, selbige vergiftete und damit auch ihren Träger seinem Willen unterwarf. Den gleichen Plan verfolgte das Schwarze Herz wohl auch hier nur ging es dabei nicht um eine einzelne Person oder auch nur um ein einzelnes Land.
Er hatte es auf die ganze Welt abgesehen. Indem er durch seine schrecklichen Wehrtore die Energien des Planeten ableitete, wollte er die ganze Welt in einen einzigen monströsen Bösewächter verwandeln.
Und wenn Schorkan die Wahrheit sprach, sollte die Verwandlung noch in dieser Nacht vollzogen werden. Elena schwamm auf den nächsten Kraftpunkt zu. Ob die Tore zerstört werden konnten oder nicht, war im Moment zweitrangig. Zunächst stand eine andere Gefahr im Raum. Wenn der Herr der Dunklen Mächte Erfolg hatte, waren sie alle dem Untergang geweiht.
Elena berührte mit ihrem glühenden Finger eine weitere Silberwurzel. Schon schaute sie in einen Raum aus grauem Granit, der voller Leichen war. Zwerge, stellte sie fest. Dutzende von Zwergen. Der Blickwinkel verschob sich ein wenig, als bewegte sich das Fenster, durch das sie sah. Das ergab keinen Sinn. Doch schon glitt das Fenster weiter, und vor ihr erschien ein vertrautes Gesicht mit einem struppigen schwarzen Bart.
»Kral!« schrie sie.
Der Gebirgler fuhr erschrocken zurück.
Hinter ihm entdeckte Elena andere Gesichter: Mogwied, Merik und einen blonden Mann, den sie nicht kannte. Und zwischen ihnen stand eine Gestalt, für die es keine Erklärung gab: Ni’lahn.
Merik stellte sich, wenn auch mit leichtem Zögern, an Krals Seite. »Elena? Bist du im Inneren des Greifen?«
»Ich bin im Wehr! Wir haben wenig Zeit! Ihr müsst einen Weg finden, um die Verbindung des Tors zu seiner Elementarquelle zu durchtrennen! Ist das möglich?«
Merik schüttelte den Kopf. »Wir haben alles versucht. Das Greifen Tor verteidigt sich selbst, es ist zum Leben erwacht und greift jeden an, der ihm zu nahe kommt.«
Elena überlegte fieberhaft. Es erwartet wohl die Verwandlung. »Bemüht euch nicht, den Greifen zu zerstören! Versucht nur, die Steinfigur von der Elementarquelle zu trennen, durch die sie gespeist wird! Sofort! Noch heute Nacht! Sonst ist alles verloren!«
Merik runzelte die Stirn. »Aber wie?«
Kral schob ihn beiseite. »Ich weiß es.«
Merik wollte ihn unterbrechen, doch Kral sah Elena fest an. »Ich übernehme das. Du kannst mir vertrauen.«
Elena seufzte erleichtert. »Ich muss mich um die anderen Tore kümmern.«
Er nickte und grüßte sie mit erhobenem Arm. »Es tut mir Leid, Elena.«
Während er die letzten Worte sprach, nahm sie den Finger von der Silberader. Sie hatte ihre Bedeutung nicht genau verstanden, aber um noch einmal zurückzukehren und Kral danach zu fragen, blieb keine Zeit mehr. Sie wusste nicht, wie viele von den Wehrtoren abgetrennt werden mussten, um die Pläne des Herrn der Dunklen Mächte zu durchkreuzen, doch zur Sicherheit sollten sie wohl so viele ausschalten wie nur möglich.
Mit Armen und Beinen rudernd, erreichte sie den letzten Silberstrom. Während sie schwamm, überlegte sie. Nur ein Wehrtor blieb jetzt noch: der
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