Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
streckte er Kral das Schwert hin. »Ein Pakt, mit Blut besiegelt.«
Kral liefen die Tränen über die Wangen und in den Bart hinein, aber er wischte sie nicht ab, sondern nahm die Waffe aus feinstem mrylianischem Stahl mit beiden Händen entgegen. »Ich danke Euch, König Tyrus. Darf ich Euch als Erster meines Volkes den Treueid schwören?«
»Es ist mir eine Ehre, den Schwur anzunehmen.« Tyrus verneigte sich, dann führte er die anderen zur Treppe.
Kral sah ihnen nicht nach. Das ging über seine Kräfte. Lieber blickte er auf das prachtvolle Schwert nieder und schloss die Finger um den Griff. Schon war ihm ein wenig leichter ums Herz. Doch er musste noch eine Weile ausharren auf seinem kalten Thron.
Er hörte die Schritte seiner Freunde leiser werden und schließlich verhallen. Und immer noch zögerte er. Er wollte den anderen möglichst viel Zeit lassen, aus den Tiefen des Amov Sees emporzusteigen.
Aber er konnte nicht ewig warten. Der schwarze Trichter dehnte sich immer weiter aus und strebte auf den Thron zu. Kral musste handeln, bevor die Finsternis den hellen Granit erreichte, sonst hätte er seine Chance verspielt.
Die Schatten kamen immer näher, und in der Mitte des Wirbels vollzog sich eine erschreckende Veränderung. Die Finsternis verdichtete sich, und der Greif nahm Gestalt an, als wollte er die beiden Ebenen miteinander verbinden. Das war kein gutes Zeichen. Die Verderbnis war dabei, den Schleier zwischen Wirklichkeit und Spiegelbild zu zerfressen.
Wie gebannt beobachtete Kral, wie sich die Gestalt des Greifen herausbildete: Schwingen, Krallen, der Körper des Löwen, das Maul, das bereit schien, die Welt zu verschlingen.
Er durfte nicht länger zögern. »Gute Reise, meine Freunde.« Er umfasste das stählerne Schwert mit bloßen Händen, fuhr daran entlang, bis Finger und Handteller bis auf die Knochen zerschnitten waren und sein Blut die Klinge benetzte.
Dann hielt er die Hände nach oben, damit sein königliches Blut sich darin sammeln konnte. Der Greif schickte sich an, die Flügel auszubreiten. Vor Jahrhunderten hatte Krals Vorfahr nach dem Sieg der Heerscharen des Herrn der Dunklen Mächte nicht den Mut aufgebracht, die Zitadelle zu zerstören. Doch wo sein Vorfahr gezaudert hatte, wollte Kral Stärke beweisen. Als er bereit war, legte er die blutigen Hände auf die Armlehnen.
Sofort erbebte die Erde unter einem gewaltigen Stoß, der aus dem Inneren des Eisthrons zu kommen schien. Kral umklammerte die Lehnen. Er wollte miterleben, wie die Zitadelle zugrunde ging.
Mit dem Greifen ging eine seltsame Veränderung vor, aber solche Rätsel kümmerten Kral nicht mehr. Auf ihn wartete ein größeres Mysterium.
Er richtete den Blick nach oben, zur wirklichen Welt.
»To’bak nori sull corum!« rief er seinen Freunden mit dem letzten Atemzug nach. Dann schloss er die Augen.
Ihr seid in meinem Herzen, bis die gewundenen Pfade des Schicksals uns wieder zueinander führen.
Joach war mit den beiden anderen im Südwall eingeschlossen und wusste, dass ihm keine Wahl blieb. Er musste in die Traumwüste zurückkehren.
»Aber dort wartet Greschym auf dich«, gab Saag wan zu bedenken. Sie stand neben ihrem Drachen und berührte mit einer Hand seine schuppige Flanke, um zu verhindern, dass Ragnar’k sich in Kast zurückverwandelte. Sie brauchten die Kräfte des Drachen, falls eines der Ungeheuer durch die Tunnel vor der Basiliskenhöhle einen Angriff versuchen sollte.
Joach betrachtete die Schwarzsteinskulptur mit starrem Blick. Seit der Basilisk nicht länger bedroht wurde, hatte er sich wieder beruhigt und lag satt und zufrieden zusammengerollt im Sand. Joach spürte, wie ihm die Tränen kamen, und wandte sich ab. Kesla …
»Was versprichst du dir denn davon?« fragte Saag wan. »Du hast doch schon versucht, das Wehrtor mit deinen Traumgebilden anzugreifen, aber sie sind unter der Berührung des Basilisken zu Sand zerfallen. Was kannst du sonst noch tun?«
Joach hatte tatsächlich mit allen Kräften, die ihm zu Gebote standen, etwas zu schaffen versucht, was der Schwarzsteinskulptur gefährlich werden konnte, doch seine Gebilde waren nicht stark genug. Er musste Sand in Stein verwandeln und er kannte nur eine Person, die über genügend dunkle Magik verfügte, um das zu erreichen.
»Ich muss zu Greschym. Vielleicht hat er den Schlüssel zur Zerstörung des Wehrtors.«
»Aber er ist ein Untertan des Herrn der Dunklen Mächte. Wie kannst du ihm vertrauen?«
»Ich habe etwas, das er
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