Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
meine Hand wie Feuer brannte.« Sie schob die Hand durch den Ärmel, um sie Er’ril zu zeigen.
Als die Finger sichtbar wurden, stockte ihr der Atem. Jetzt, da der Schein der Fackeln aus dem Wohnraum in ihr Schlafgemach fiel, sah sie, dass doch nicht alles so unverändert war, wie sie gedacht hatte.
Er’ril trat näher, griff nach ihrem Arm und untersuchte Handfläche und Finger. »Ich sehe keine Verletzung.« Er schaute ihr in die Augen. »Aber wo ist deine Rose geblieben?«
Elena schüttelte den Kopf. Sie wusste keine Antwort. Sie entzog ihm ihre Hand und hielt sie in den Schein der Flammen. Die Haut war so hell und blass wie der ganze übrige Arm. Der rubinrote Fleck war verschwunden. Sie trug das Zeichen der Rose nicht mehr.
Er’ril trat über die Schwelle und sah sich in ihrem Schlafgemach um.
»Ich verstehe das nicht«, sagte Elena. »Ich habe keinen Zauberbann gewirkt. Und ganz sicher keinen, der stark genug gewesen wäre, meine gesamte Magik zu erschöpfen.« Ihr Blick flehte ihn an, ihr zu vertrauen.
»Ich glaube dir. Mit so viel Hexenfeuer hättest du den ganzen Turm in Brand stecken können.« Durch die hohen Fenster drang der erste Schein der Morgenröte. »Wenn die Sonne erst aufgegangen ist, solltest du deine Magik rasch erneuern.«
Elena nickte verwirrt. Tief beunruhigt verließ sie das Schlafgemach und schlenderte in den Wohnraum. Im Kamin glommen noch Reste des Feuers, und ihr war kalt. Sie hielt ihre Hände in die aufsteigende Wärme. Die Linke war immer noch von der tiefroten Rose gezeichnet, doch die Rechte war weiß wie Milch. Was war geschehen? »Hast du davon schon einmal gehört, Er’ril?« fragte sie. »Dass ein Magiker so ohne jeden Anlass seine Kräfte verliert?«
Er steckte sein Schwert in die Scheide, trat ans Feuer und hob die Decke vom Boden auf. »Nein. Selbst nach Chis Verschwinden verloren die Magiker ihre Macht immer nur, wenn sie ihren Kräftevorrat erschöpft hatten.« Er faltete die Decke zusammen. »So etwas habe ich noch nie erlebt.«
Sie drehte sich um, der Schrecken stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Könnte das ein Anschlag des Herrn der Dunklen Mächte sein? Hat er vielleicht eine Möglichkeit gefunden, mir meine Magik zu stehlen?«
Er’rils Züge verfinsterten sich. »Ich weiß es nicht. Aber was immer heute Morgen geschehen ist, war nicht normal. Ich wittere Verrat.«
Bevor sie weitersprechen konnten, wurde von außen an die Tür geklopft. Er’ril warf Elena einen Blick zu und zog abermals sein Schwert. »Bleib hinter mir«, flüsterte der Präriemann.
Dann ging er an die verriegelte Tür und rief: »Wer ist da?«
»Joach! Der Haushofmeister der Burg schickt mich. Er möchte Elena etwas zeigen.«
Er’ril steckte stirnrunzelnd das Schwert in die Scheide zurück und hob den Balken aus feuergehärtetem Eichenholz aus den Halterungen. Dann riss er die Tür auf.
Elena stand dicht hinter ihm. Ihr Bruder trug wie üblich seine besten Kleider, aber er musste sich sehr hastig angezogen haben, denn das Hemd hing ihm aus dem Hosenbund, und die Hose war nicht richtig zugeknöpft. »Worum geht es denn?« fragte sie.
Joach schaute mit hochgezogenen Augenbrauen von ihr zu Er’ril und wieder zurück. Er hatte nicht erwartet, die beiden zu so früher Stunde zusammen anzutreffen. Elena warf einen Blick auf ihren Morgenmantel und die bloßen Füße und errötete ein wenig. Was mochte ihr Bruder jetzt denken?
Joach räusperte sich und sagte: »Ich … ich finde, du solltest dir das selbst ansehen. Im Großen Saal haben sich schon eine Reihe von Leuten eingefunden, und in den unteren Stockwerken blüht der Klatsch. Ich habe den Haushofmeister angewiesen, alle Schaulustigen aus dem Hauptgebäude zu scheuchen und Wachen an die Tür zu stellen.«
»Wieso? Was ist denn los?«
Joach schüttelte den Kopf. »Elena, du solltest dich anziehen.
Zumindest musst du dich den Leuten da unten zeigen. Sonst entstehen noch die schlimmsten Gerüchte.«
»Was ist denn nun wirklich passiert?« fragte sie wieder.
Joach winkte ab und trat in den Raum. »Wahrscheinlich hat es nichts zu bedeuten. Ein betrunkener Unruhestifter, der seine Meinung zu deiner Form von Diplomatie sehr drastisch kundtun wollte.«
»Sprich nicht in Rätseln, Joach«, knurrte Er’ril. Der junge Mann sah ihn an. Der Präriemann trat zu Elena, schob den Ärmel ihres Morgenmantels zurück und zeigte Joach ihre weiße Hand. »Jemand hat deiner Schwester ihre Magik gestohlen. Hier sind böse Kräfte am Werk, da
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