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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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sich einen Stab aus der Mitte.
    Nach weiteren sechs Runden Joach hob weiterhin Stäbe von oben ab, Kesla zog sie von unten heraus stand Joach der Schweiß auf der Stirn. Seine Handflächen waren feucht. Sie spielte unglaublich sicher, und ihre Bewegungen waren schnell wie der Blitz. Jetzt erkannte er, dass er ihr nicht das Wasser reichen konnte. Sie hatte Scheschon bei den früheren Spielen absichtlich gewinnen lassen.
    Wieder streckte er die Hand aus, doch seine Finger zitterten. Ihr Blick schien ihn zu durchbohren. Er hörte sie atmen, roch ihren angenehm frischen Duft. Lavendel. Irritiert blickte er zu ihr auf.
    Sie nickte zum Stapel hin. »Du bist an der Reihe.«
    Joach biss sich auf die Unterlippe, legte die Stirn in Falten und beugte sich weit vor. Er streckte die Hand nach einem Hölzchen aus, das ganz oben frei lag. Ein einfaches Ziel. Aus Keslas Kehle drang ein leises Zirpen. Eine Warnung.
    Joachs Miene verdüsterte sich. Darauf fiel er nicht herein. Seine Hand wurde ruhiger. Er fasste das Stäbchen mit zwei Fingern und hob es ab, ohne die anderen zu berühren. Dann hielt er es stolz in die Höhe. »Fertig. Jetzt bist du …«
    Kesla wies schweigend auf den Stapel, der zu zittern begonnen hatte und nun in sich zusammenfiel.
    Joach war sprachlos. War das ein Trick gewesen? »Wie …?«
    »Manchmal ist eine Wand nur so stark wie das Dach, das sie trägt.«
    Joach blieb der Mund offen stehen. Nicht genug damit, dass er verloren hatte, sie hatte ihn richtig gehend übertölpelt. Geschickt hatte sie so lange alle Stützen entfernt, bis die Konstruktion nur noch durch den Druck von oben gehalten wurde und zusammenbrach, als er den verringerte.
    »Der Verlierer sammelt die Stäbchen ein«, sagte Kesla, stand auf und trat an die Reling.
    Joach ließ sie nicht aus den Augen: die schlanke Gestalt, die schwellenden Brüste, die sanft geschwungenen Hüften, die Art, wie der Wind mit den Haarsträhnen spielte, die sich aus dem Zopf gelöst hatten. Plötzlich war er froh, dass er die Stäbchen aufsammeln musste. Er hätte jetzt nicht aufstehen können, nicht in diesen engen Hosen. Er konzentrierte sich auf seine Hände, arbeitete so langsam wie möglich, bemühte sich, seinen Groll auf diese Frau wieder zu finden und musste feststellen, dass es ihm nicht gelingen wollte.
    Als er alle Hölzchen beisammen hatte, war er ruhiger geworden und erhob sich. Vielleicht wurde es allmählich Zeit, dass sie miteinander redeten und zwar ernsthaft.
    Er ging auf sie zu, doch kaum stand er an ihrer Seite, als sie den Arm hob und nach oben zeigte: »Der Drache kommt zurück.«
    Joach suchte den Himmel ab und sah zunächst gar nichts. Dann löste sich ein schwarzer Schatten aus dem grellen Sonnenlicht und kam auf sie zugerast. Saag wan und Ragnar’k.
    Als sich das Schiff dem Westrand der Bröckelberge näherte, waren die beiden frühmorgens aufgebrochen, um das vor ihnen liegende Gelände auszukundschaften. Man hatte sie vor dem Abend nicht zurückerwartet.
    Plötzlich geriet der Drache ins Schlingern und fiel wie ein Stein auf das zerklüftete Land zu. Joach stockte der Atem, erschrocken umklammerte er mit beiden Händen die Reling. In dem Moment fand der Drache einen Aufwind. Die Schwingen öffneten sich weit und fingen den Sturz ab, und Ragnar’k schoss in einer langen Aufwärtskurve abermals auf das Schiff zu. »Da stimmt etwas nicht«, sagte Joach. »Hol Hant und Richald.«
    Als er den Kopf zur Seite drehte, war Kesla schon nicht mehr da. Er sah sie gerade noch in einer Luke verschwinden und hörte, wie sie um Hilfe rief. Joach wandte sich wieder dem Geschehen am Himmel zu.
    Was mochte den beiden zugestoßen sein?
    Saag wan klammerte sich verbissen an dem riesigen Drachen fest und stemmte die Füße gegen die Falten am Halsansatz. »Du schaffst es, Ragnar’k. Jetzt ist es nicht mehr weit.«
    Die Geiststimme des Drachen war nur ein Flüstern, nicht wie sonst ein dröhnender Bass. Keine Sorge, meine Leibgefährtin. Mein Herz ist so stark wie Himmel und Meer zusammen.
    »Ich weiß, mein mächtiger Drache.« Sie fuhr ihm mit den Fingern über die Schuppen. »Ich habe nie daran gezweifelt.«
    Aus dem langen Hals löste sich ein stolzes Grollen. Ragnar’k schlug mit seinen schwarzen Schwingen, um an Höhe zu gewinnen. Die Wilder Adler schwebte östlich von ihnen, noch sehr weit oben. Es würde nicht einfach werden.
    Saag wan versuchte sich aufzurichten, doch da sie im Geist mit Ragnar’k verbunden war, spürte sie auch seine Qualen.

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