Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
Phantomschmerzen tobten über ihren Bauch und ihre Beine. Sie unterdrückte einen Aufschrei. Wie schlimm musste es erst für Ragnar’k sein! Das Feuer war über seinen ganzen Unterleib hinweggegangen, die Haut war verbrannt und über und über voller Blasen.
Leibgefährtin …?
»Alles in Ordnung, Ragnar’k«, stieß sie mit zusammengebissenen Zähnen hervor. »Du musst noch einmal einen Aufwind finden. Wir brauchen mehr Höhe, sonst können wir nicht landen.«
Ich will es versuchen. Sie fühlte, wie er die Muskeln anspannte und sich mit mühsamen Schwingenschlägen aufwärts kämpfte.
Saag wan beugte sich wieder nach vorn. Sie spürte es schmerzhaft in den Armen, wie er unter Höllenqualen mit dem Himmel rang. Die Tränen liefen ihr über das Gesicht. »Höher, mein Liebster …« Sie legte den Kopf in den Nacken und sah ein Wunder.
Das schnittige Windschiff kam ihnen in elegantem Bogen entgegengeschossen. Man hatte sie entdeckt und ihre Not erkannt.
»Das Schiff kommt. Du musst nur noch ein klein wenig länger durchhalten.«
Für dich … in alle Ewigkeit.
Sie ahnte Kasts Gedanken hinter denen des Drachen. Seit der Inselkrieg sie vor so viele Bewährungsproben gestellt hatte, waren die beiden nicht mehr völlig voneinander zu trennen. Saag wan spürte immer stärker den Menschen hinter dem Tier. Sie drückte eine Hand auf die schuppige Flanke des Drachen, schloss die Augen und schickte einen Liebesgruß an die Herzen der beiden Wesen Drache und Mensch die sich darunter verbargen.
Ragnar’k veränderte unter ihr die Richtung. Saag wan nahm mit geschlossenen Augen wahr, wie sich das Schiff näherte und ihr Reittier sich bereitmachte, auf dem Achterdeck niederzugehen. Als der Drache die Flügel anlegte, hielt sie sich fest. »Vorsichtig«, flüsterte sie.
Ragnar’k schaffte eine sichere Landung. Als sie die Augen öffnete, sah sie Richald, den Kapitän der Wilder Adler, über eine Leiter vom Mitteldeck heraufsteigen, und sie hob den Arm zum Gruß. Plötzlich sackte der Drache unter ihr zusammen.
»Ragnar’k!«
Müde … Will schlafen.
Saag wan schwang sich von seinem Rücken, behielt aber eine Hand an seinem Leib, um die Magik Verbindung aufrechtzuerhalten. Ragnar’ks Brust hob und senkte sich krampfhaft, und aus den großen Nüstern kamen raue Atemstöße. Saag wan wäre auf den Planken fast ausgerutscht und blickte auf das Deck hinab. Die Feuchtigkeit war Blut Ragnar’ks Blut. »Oh nein …« Sie wandte sich an den Elv’en Kapitän. »Ich brauche Drachenblut sofort!«
Richald nickte. Die kupferrote Strähne in seinem silbernen Haar glühte wie Feuer. »Schon unterwegs.« Er zeigte zur Leiter, wo Hant mit einem großen Fass auf der Schulter die Sprossen heraufkam.
»Schnell!« drängte Saag wan. Auch sie atmete jetzt keuchend, allerdings nur deshalb, weil sie noch mit den Sinnen des Drachen verbunden war.
Richald eilte dem Blutreiter entgegen, nahm ihm das Fass ab, kehrte damit zu Ragnar’k zurück und stellte es hastig vor seine Schnauze.
Saag wan trat an seine Seite, ohne die Hand von den Schuppen zu nehmen. »Trink, mein süßer Riese«, drängte sie besorgt.
Richald versuchte vergeblich, das Fass zu öffnen. Er war schon feuerrot im Gesicht. Hant kam ihm zu Hilfe. Er spaltete den Deckel mit einer kurzen Axt und riss mit den Händen die Bretter auf.
»Wie geht es ihm?« fragte eine Stimme hinter Saag wan. Joach kam mit der jungen Kesla an Deck.
Saag wan winkte ab und lehnte sich mit der Stirn an Ragnar’ks Hals. »Riechst du das Blut? Dann trink!«
Sie spürte, wie neben ihrem Arm die riesigen Nüstern zuckten und wie Ragnar’k die Muskeln anspannte, aber er war zu schwach, um den Kopf zu heben. Sie beugte sich vor und drückte von unten mit der Schulter gegen seinen Kiefer. »H helft mir!«
Die anderen hoben die Drachenschnauze von beiden Seiten an. Hant schob das Fass näher heran. Ragnar’k ließ seine lange Zunge aus dem Maul gleiten und kostete den dickflüssigen Inhalt. Die anderen stöhnten unter der Last. Wieder kam die Zunge heraus und schöpfte einen ordentlichen Schluck.
Schmeckt gut … . sendete der Drache erschöpft.
»Trink weiter.«
»Ich glaube, es geht ihm schon besser«, sagte Joach, der neben Saag wan stand.
Unter den dicken Schuppen spannten sich die Muskeln, Ragnar’k steckte schnaubend die Nase in das aufgebrochene Fass und trank. Wenig später durften die Helfer zurücktreten, der Drache konnte seinen Kopf wieder selbst halten. Während Ragnar’k
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