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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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Herzen wie in einem offenen Buch. Ich sehe deine Entschlossenheit und Saag wan kennt sie auch. Deshalb ist ihre größte Angst, du könntest überstürzt handeln und dir selbst schaden, nur um sie zu befreien.«
    Kast warf einen Blick über die Reling. Eben hatte er genau an dieser Stelle noch gelobt, sie zu retten, und koste es auch sein eigenes Leben. Er konnte Xin nicht widersprechen.
    »Sie denkt wie du«, sagte Xin, der abermals in Kasts Herz gelesen hatte. »Sie möchte lieber sterben, als dir zu schaden. Und sie hat keine Hoffnung mehr, die Verderbnis jemals wieder loszuwerden. Deshalb schwebt sie in größter Gefahr.«
    Kast schossen Tränen der Hilflosigkeit und der Verzweiflung in die Augen.
    »Ihre Zelle liegt tief im Bauch des Schiffes, aber für einen Stammesweisen wie mich strahlt ihre Seele wie ein Leuchtfeuer durch die Nacht. Der Wahnsinn des Monsters gießt Öl in dieses Feuer und lässt die Flammen hochschlagen. Doch auf dem Grund hat sich ein Kern von Liebe und Güte erhalten, der bisher nicht weniger hell brannte als die Wahnsinnslohe. Nun freilich …« Er verstummte.
    Kast sprach aus, was er ebenfalls gespürt hatte. »… wird dieser Kern schwächer.«
    »Er zerfällt wie Zunder unter den Flammen des Wahnsinns.«
    Kast holte tief Luft und stellte mit zittriger Stimme die bange Frage: »Gibt es einen Weg, das Unheil aufzuhalten?«
    Xin antwortete nicht. Kast drehte sich zu ihm um. Der Stammesmann wich seinem Blick nicht aus. Die Antwort stand in seinen Augen.
    »Ich muss zu ihr«, sagte Kast.
    »Ihr seid ein Herz. Das gibt euch Kraft.«
    Kast hatte seit dem Zwischenfall in den Verliesen jede Begegnung mit Saag wan vermieden, aus Angst, sie könnte ihn gerade dann schwächen, wenn er alle seine Kräfte brauchte.
    »Ein Unwetter ohnegleichen steht am Horizont«, fuhr Xin fort. »Du musst deinen ganzen Mut zusammennehmen, um ihm zu trotzen.«
    Kasts Blick verlor sich in den Weiten von Himmel und Meer. Wieder holte er tief Atem. Der Salzwind stärkte ihn für die Begegnung mit Saag wan.
    Xin berührte seinen Arm. »Ich gehe in meine Kabine. Sollte ich etwas Neues erfahren, bekommst du sofort Bescheid.«
    »Danke«, murmelte der Blutreiter, und der Stammesmann ließ ihn allein. Nun suchte Kast den Drachen in sich. Die Wand, die sie beide voneinander trennte, wurde mit jeder Verwandlung dünner. Ragnar’k brütete dumpf vor sich hin. »Sie braucht uns alle beide«, flüsterte er dem Drachen zu. »Nur dein und mein Herz gemeinsam können das ihre stärken.«
    Ein Brüllen schallte durch sein Bewusstsein. Die Einheit war hergestellt.
    Kast schritt auf die Leiter zum Mitteldeck zu, stieg hinab und begab sich zur Heckluke. Über ihm hingen Elv’en Matrosen in der Takelage und verständigten sich durch laute Zurufe. Das Hauptsegel knatterte aufgebracht, als sie seine Stellung leicht veränderten. Der Wind protestierte mit lautem Geheul. Das Schiff bockte, als ritte es auf einem Wogenkamm, und wurde schneller. Kapitän Lisla durchpflügte den Himmel wie ein alter Seebär, ständig rechnend, ständig auf der Suche nach dem günstigsten Kurs.
    Kast öffnete die Luke und überließ Oberdeck und Schiffsführung dem Kapitän. Er selbst stieg die Treppe hinab und gelangte in einen Korridor, der nach dem frischen Wind stickig und fremdartig roch. Das Holz, aus dem die Elv’en Schiffe gebaut waren, kam nicht aus Alasea, sondern aus anderen Ländern, und sein Harz hatte einen unangenehm scharfen Duft. Außerdem erbebte alles unter einem schrillen Pfeifen dicht über der Hörschwelle, bei dem sich noch die kleinsten Körperhärchen sträubten. Das Schiff mochte äußerlich wie ein ganz gewöhnliches Meeresfahrzeug aussehen, aber der Schein trog.
    Kast stieg noch ein Deck tiefer. Hier lagen die Mannschaftsquartiere und die Frachträume. Eine Kabine am Ende des Ganges war zweckentfremdet worden und diente als Gefängniszelle.
    Vor der Tür hielten zwei Blutreiter Wache Garnek und Narn. Sobald sie Kast sahen, standen sie stramm. Als er auf sie zuging, spürte er die Schwingungen des magikgeladenen Eisenkiels in den Fußsohlen.
    Garnek erhob die Stimme. »Kann ich dir behilflich sein?«
    »Ich will zu Saag wan.«
    »Jawohl.« Er wandte sich zu Narn und nickte. Rasch schlossen sie die Tür auf, entfernten den neu angebrachten Riegelbalken und postierten sich wieder zu beiden Seiten des Eingangs.
    Kast ging zwischen ihnen durch, und Narn legte die Hand an sein Schwert und wollte ihm folgen. »Nein«, sagte Kast. »Ich

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