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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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möchte sie allein besuchen.«
    »Du selbst hast aber doch verfügt, dass niemand allein zu der Gefangenen darf, sondern immer eine Wache anwesend sein muss.«
    Kast blieb stehen und warf einen Blick über die Schulter.
    Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Narn riss erschrocken die Augen auf. »Gewiss doch«, murmelte er und wich einen Schritt zurück. »Wir halten draußen Wache.«
    Kast wartete, bis sie die Tür hinter ihm wieder verschlossen und verriegelt hatten. Eine Öllampe hing an einem Haken von der Decke. Das Flämmchen war so weit wie möglich heruntergedreht und erzeugte mehr Schatten, als dass es Licht spendete.
    Er holte tief Luft und trat an das einzige Bett ein hartes Holzgestell mit einem Strohsack, auf dem, mit Armen und Beinen an die Pfosten gefesselt, die Frau lag, die er liebte.
    Er drehte den Docht in der Laterne nicht höher. Schon was er im Halbdunkel sah, ertrug er nur mit Mühe.
    Man hatte Saag wan nackt ausgezogen, um sie besser sauber halten zu können. Dann hatte man sie zugedeckt, doch sie hatte sich so heftig hin und her geworfen, dass die Decke heruntergefallen war und zusammengeknüllt auf dem Boden lag.
    Kast bückte sich und hob sie auf. Saag wan verfolgte jede seiner Bewegungen wie ein Hai, der seine Beute beobachtet, um im rechten Moment zuschnappen zu können. Ihr Haar lag auf dem Kissen ausgebreitet wie ein Büschel Seetang.
    Kast schüttelte die Wolldecke aus und legte sie über die schmale Gestalt.
    Saag wan belohnte die freundliche Geste mit höhnischem Gelächter. »Komm zu mir, Geliebter«, krächzte sie heiser. Sie hatte sich die Lippen blutig gebissen, und der Geifer rann ihr über das Kinn. »Für einen Mann ist immer noch Platz. Wenn du mich losbindest, wirst du Freuden erleben, wie du sie selbst von einer Schlampe wie mir niemals erwartet hättest.«
    Kast bemühte sich, seine Ohren zu verschließen. »Saag wan«, sagte er, nicht zu der Kreatur auf dem Bett, sondern zu der Mer Frau, die sich tief in ihrem Inneren verbarg. Doch als er die Hand ausstreckte, um ihr die Wange zu streicheln, schnappte sie nach seinen Fingern wie ein hungriger Köter.
    Er zog die Hand zurück und setzte sich auf die Bettkante. »Saag wan, ich weiß, dass du mich hören kannst. Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben. Du wirst frei sein, und wir werden zusammen sein.« Es klang nicht überzeugend, er spürte es selbst. Aber wie sollte er ihr neuen Mut einflößen, wenn er selbst kaum noch an ein gutes Ende glaubte?
    Vom Bett war wieder dieses kalte, freudlose Gelächter zu hören.
    Kast wurde von Entsetzen geschüttelt und schloss die Augen. Es war ein Fehler gewesen, hierher zu kommen. Er war nicht stark genug. Da brüllte in seinem Inneren der Drache. Die schlichte Liebe des Tieres zu seiner Leibgefährtin durchströmte seine Adern, und während er sich daran wärmte, kam ihm eine ganz neue Erkenntnis.
    Liebe brauchte nicht mühsam errungen zu werden. Sie war einfach und unkompliziert, ein herrlich reines Gefühl. Umstände, Entbehrungen, Verwicklungen, all das war nicht von Belang. Im Kern war Liebe nichts anderes als Wärme, zwei Herzen, die sich aneinander entzündeten und gemeinsam eine Flamme schürten.
    Kast schob alle Gedanken an Tentakelwesen, große Kriege und schwarze Magik beiseite. Er lauschte auf Ragnar’ks Gebrüll und stimmte innerlich in den Ruf der Liebe mit ein. Zwei Herzen sangen im Chor und erfüllten ihn mit einer blinden Kraft. Er stand auf, trat an die Laterne und drehte den Docht höher. Er wollte sich nicht länger in die Schatten flüchten. Dann wandte er sich wieder der Koje zu.
    Saag wan goss immer noch Hohn und Spott über ihn aus, doch jetzt nahm er den Glanz in ihren Augen wahr, die volle Unterlippe, die Weichheit ihrer Haut. Und er sah nicht nur ihren Körper, sondern auch ihren Geist, die Seele, an die er sein Herz verloren hatte. Dieses Licht strahlte so hell, dass ihm keine Finsternis etwas anhaben konnte.
    Er sank auf das Bett zurück.
    Wie aus weiter Ferne drangen ihr Gelächter, die Beschimpfungen, die Flüche an sein Ohr, doch er hörte nicht mehr darauf. All der Unflat war wie Schmutz auf einem Diamanten.
    »Saag wan«, flüsterte er. »Ich liebe dich.«
    Er löste den Strick um ihr rechtes Handgelenk und hob ihre Hand an sein Gesicht. Sie versuchte sich loszureißen, doch er tat so, als merke er es nicht, und hielt sie mit eisernem Griff fest. Er legte ihre Handfläche an seine Wange, vermied allerdings sorgsam jede Berührung mit dem tätowierten

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