Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
ein Eiszapfen.
Elena zerrte sich die Handschuhe von den Händen, zog rasch den Dolch aus ihrem Gürtel und brachte sich an jeder Handfläche einen Schnitt bei. Ihre Magik folgte dem Ruf, über beiden Händen züngelten Flammen: Hexenfeuer und Kaltfeuer.
Sie spürte, wie Merik und Ni’lahn sich neben sie stellten. Auch die anderen waren zurückgekehrt. Keiner wollte Tol chuk den Geistern überlassen.
Doch vom höchsten Punkt des Bogens schlug der dritte Geist die Helfer mit immer neuen Silberspeeren zurück. Die zackigen Blitze waren hart wie Stahl. Er’ril warf sich zur Seite, um nicht getroffen zu werden. Wo er eben noch gestanden hatte, spritzten Steinsplitter auf.
Speer um Speer raste auf die Gruppe zu.
Die Gefährten stoben auseinander. Wie Hammerschläge hallte es durch die Höhle.
»Zurück in den Tunnel!« rief Er’ril hinter einem Felsvorsprung hervor. »Ich hole Tol chuk!«
Elena rappelte sich vom Boden auf. »Tut, was er sagt.«
Merik antwortete mit einem Blick voller Zorn und Trotz. Auch von den anderen erhielt sie nur Ablehnung. Sogar Magnam, der über keine eigene Magik verfügte, schüttelte den Kopf. Der Zwerg war an der Schulter getroffen worden. Das Blut lief ihm über den Arm, aber er wich nicht von der Stelle.
»Hilf Tol chuk!« drängte Ni’lahn. »Wir unterstützen dich, so gut wir können!«
Die nächste Blitzsalve raste auf sie zu. Elena errichtete einen Schild aus Kaltfeuer, der die Energien abfing. Dennoch war die Entladung so heftig, dass sie zurückweichen musste. Und bevor sie wieder einen Schritt nach vorn tun konnte, prasselten neue Silberspeere auf sie ein und trieben sie noch weiter zurück.
Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie sich Ferndal und Dorn auf alle viere niederließen, und alsbald rannten zwei Wölfe, einer schwarz, einer weiß wie Schnee, von Blitzen verfolgt, im Zickzack vor ihr über den Boden.
Elena nutzte die Ablenkung, um sich wieder nach vorn zu kämpfen. Sie entdeckte Er’ril, der nach wie vor hinter seinem Vorsprung auf halbem Weg zum Bogen festsaß. Immer wieder wurde sein Versteck getroffen, die Blitze sprengten Felsbrocken um Felsbrocken los, um seine Deckung zu zerstören.
Hinter ihr bewegte sich Merik mit der ihm eigenen übernatürlichen Geschwindigkeit durch die Höhle. Kein Speer kam an ihn heran. Ni’lahn kauerte mit Magnam hinter einem Felsblock und verband ihm die Wunde. Von Harlekin Qual war nichts zu sehen. Der Meisterspion hatte wohl die Flucht ergriffen.
Elena richtete den Blick wieder nach vorn. Sie wagte nicht, den Geistern vor dem Herzsteinbogen die volle Wucht ihrer Magik entgegenzuschleudern, um durch den Rückstoß nicht die Geistpforte zu beschädigen. Wenn sie den Herzsteinring zerschmetterte, würde sie niemals erfahren, was Svesa’kofa ihr zu sagen hatte.
Der Lärm der Einschläge war so ohrenbetäubend, dass man kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Elena erhielt ihren Schild aufrecht und arbeitete sich langsam an Er’ril heran.
Und wenn sie ihn erreicht hätte, was dann? Wie kämpfte man gegen einen Feind, der keinen Körper hatte?
Seitlich von ihr wurde Dorn von einem Blitz gestreift und durch die Luft geschleudert. Sie stürzte mit dem Rücken auf den Steinboden, wälzte sich herum und flüchtete, blutige Spuren hinterlassend, auf drei Beinen. Ihre schneeweiße Flanke zeigte einen schwarzen Brandfleck. Ferndal umkreiste sie in rasender Geschwindigkeit, um sie vor den Blitzen zu schützen.
Die Waagschale begann sich zu neigen allerdings nicht zugunsten der Gefährten.
Elena setzte ihren Weg fort, als ein heftiger Schlag die Höhle erschütterte. Für einen Augenblick war sie geblendet. Alle drei Geister hatten gleichzeitig den Vorsprung getroffen, hinter dem sich Er’ril versteckte. Eine Staubwolke erhob sich. Als sie sich verzogen hatte, sah Elena, dass der Präriemann unter einer Steinlawine lag und sich nicht bewegte.
Geschützt von einem Magik Schild, den Zorn und Angst noch weiter verstärkten, rannte sie zu ihm. »Er’ril!«
Seine Beine waren eingeklemmt. Aus einer Schädelwunde und aus einem Ohr sickerte Blut, aber sie hörte ihn stöhnen. Er lebte noch! Eine Hand tastete blind über den Stein. Sie begriff, dass er das Rosenschwert zu erreichen suchte. Er hatte den Kampf noch immer nicht aufgegeben.
Seine Zähigkeit beflügelte sie. Sie griff nach Schattenklinge und nahm das Schwert an sich.
»Nein …«, murmelte er schwach.
Kaum hatte sich ihre blutige Hand um den Griff geschlossen, als
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