Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
und ihre Hände glühten vor aufgestauter Energie wie zwei Sonnen.
Greschym stand vor ihr. Sein Mantel wogte unter den Kräften der Magik, seinen Stab hielt er erhoben wie ein königliches Zepter. Seine Gelassenheit war dahin, er raste vor Wut und Enttäuschung. »Wo ist das Blutschwert? Sag es mir, oder ich reiße das ganze Schiff auseinander und suche es in den Trümmern!«
Der Dunkelmagiker hatte die Macht, seine Drohung wahr zu machen sie brauchte sich nur die zerstörte Tür anzusehen. Aber sie schwieg. Seit er sie überwältigt hatte, suchte er mit grässlichen Sinnestäuschungen und geflüsterten Versprechungen ihren Willen zu brechen, doch er wagte nicht, ihr körperlichen Schaden zuzufügen. Denn falls sie sich die Hände verletzte, hätte sie wieder vollen Zugriff auf ihre Magik.
Es stand unentschieden.
Elena hütete sich, die Felle und Decken zu Füßen des Dunkelmagikers anzusehen. Als er über sie herfiel, hatte er das Bettzeug zerwühlt und alles auf einen Haufen geworfen. Das Schwert lag darin verborgen. Und Greschym kam gar nicht auf die Idee, dass es so offen herumliegen könnte. Er suchte nach einem raffinierten Versteck.
Sie hielt die Augen fest auf ihn gerichtet.
Die Geduld des Dunkelmagikers war so gut wie erschöpft. Außerdem war ihm vermutlich klar, dass er nicht mehr viel Zeit hatte.
Beide schraken auf, als eine Stimme »Greschym!« sagte.
Der Dunkelmagiker fuhr herum. Joach stand mit hoch erhobenem Stab in der Türöffnung.
»Joach! Zurück!«
Ihr Bruder hörte nicht auf sie. »Du hast geschworen, niemals wiederzukommen!«
Greschym zuckte die Achseln, ohne jedoch seinen Stab zu senken. »Ich will mir nur noch etwas holen. Dann verschwinde ich für immer.«
»Schattenklinge«, sagte Joach, und seine Augen wurden schmal.
»Das Schwert wäre für deine Schwester ohnehin der Untergang. Ich finde eine bessere Verwendung dafür.«
Elena hing hilflos an der Wand und war bei aller Angst wie vom Donner gerührt. Joach war ganz und gar nicht überrascht gewesen, Greschym lebend anzutreffen. Die Worte ihres Bruders verrieten vielmehr, dass die beiden irgendeinen Pakt geschlossen hatten. Warum hatte Joach das getan? Nur um ein bisschen Lebenszeit zurückzubekommen? Ihr Blick fiel auf Joachs neue Hand. Nein, es ging ihm nicht nur um sein eigenes Leben. Kesla.
Entsetzen erfasste sie. Sie schloss die Augen. Sie hatte nicht erkannt, wie tief die Verzweiflung ihres Bruders ging.
Greschym fuhr fort: »Eines muss ich dir lassen, mein Junge, du bist genau im richtigen Moment hier hereingeplatzt.«
Elena schlug die Augen wieder auf. Sie spürte einen Anstieg der Macht im Raum.
»Ich hatte bisher kein Druckmittel, um deiner Schwester ihr Geheimnis zu entreißen.« Greschyms Stab sauste nieder wie eine wütende Schlange. »Aber wenn du schon einmal da bist …«
Hinter ihrem Bruder öffnete sich ein ölig schwarzer Wirbeltrichter.
»Joach!« schrie Elena.
Doch es war zu spät. Schon sprang ein grässliches Ungeheuer aus dem Trichter und schnappte nach ihrem Bruder. Es war grauhäutig und hatte eine Schweineschnauze und spitze Ohren, und seine Finger endeten in scharfen Krallen. Es umschlang Joach mit seinen überaus kräftigen Armen, zerriss ihm die Kleider und schlug ihm die Krallen ins Fleisch. Joachs Stab fiel zu Boden und rollte davon.
Das Ungeheuer näherte sich mit der Schnauze Joachs Kehle, fletschte knurrend die blinkenden Reißzähne und schnaubte heißhungrig. In den Schweinsäuglein glitzerte die Blutgier.
»Ruhack mag dich«, sagte Greschym. Joach zappelte hilflos. »Ich glaube, er erinnert sich sogar an den Geschmack deiner alten Hand.« Joach wehrte sich heftiger. Der Dunkelmagiker wandte sich an Elena. »Vielleicht lässt es sich jetzt besser verhandeln: Schattenklinge gegen das Leben deines Bruders.«
Elena starrte das geifernde Ungeheuer an.
»Und mach dir keine Hoffnungen, dass noch jemand dazwischenfährt«, fuhr der Dunkelmagiker fort. »Ich habe den Zugang zum Korridor verschlossen.«
Elena schlug die Augen nieder, ihr Blick wanderte zu dem Haufen aus Decken und Fellen. Sie hatte keine andere Wahl. »Das Schwert …«
Sie hielt inne. Hinter Greschym hatte sich etwas bewegt. Joachs Stab erhob sich von selbst vom Boden. Darunter bildete sich ein Schatten. Sie beobachtete es stirnrunzelnd.
Greschym erkannte die Gefahr einen Lidschlag zu spät. Als er herumfuhr, holte der Schatten schon aus, der steinerne Stab raste auf ihn zu, traf ihn an der Kehle und drückte ihm die
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