Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
Die Kapuze war ihm vom Kopf gefallen, die dicken wulstigen Narben und die leeren Augenhöhlen lagen frei. Seine Lippen bewegten sich lautlos, er schwankte. Der Stab zitterte in seiner Hand. Er hatte den Zusammenbruch wohl doch nicht nur vorgetäuscht.
Während der Dunkelmagiker noch gegen seine Schwäche ankämpfte, erfasste ein Krampf die Fäden der Finsternis. Ferndal verflüssigte sich wie erwärmte Butter und glitt zu Boden. Umhang und Bündel blieben in den Fesseln hängen. Dorn!, sendete er seiner Gefährtin. Mach es wie ich!
Mogwied verfolgte atemlos, wie Ferndal zu Boden floss und dort zum Wolf wurde, als gieße man Wachs in eine Form. Ihr gemeinsamer Körper protestierte schmerzhaft gegen diese Behandlung. Die Wandlungsfähigkeit hatte ihre Grenzen; Fleisch konnte sich nicht endlos transformieren, es brauchte auch irgendwann Ruhe.
Mogwied sah, dass Dorn hinter Schorkan schwer zu kämpfen hatte. Sie war den Fallstricken der Finsternis entronnen, aber es fiel ihr nicht leicht, ihren zerfließenden Körper in die Form eines Schneewolfs zu bannen. Auch sie war erschöpft.
Schorkan wandte sich ihr zu und senkte seinen Stab.
Nein!, schrie Ferndal und sprang den Magiker an. Der fiel auf ein Knie. Ferndal landete auf den Beinen, bereit, seine Gefährtin zu verteidigen.
Wo Ferndals Schulter den Dämon berührt hatte, begann sein Fell zu schmoren. Mogwied spürte in seinem Gefängnis die brennenden Schmerzen und schrie lautlos auf.
Ferndal kauerte zähnefletschend, mit gesträubtem Nackenfell vor dem Dunkelmagiker. Dorn! Lauf zu den anderen!
Der Angriff hatte seiner Gefährtin die Zeit verschafft, die sie brauchte, um die Verwandlung zu vollenden. Ein Schneewolf stand auf dem gefrorenen Silbersee. Wie der Blitz flog sie davon. Komm bald nach, Ferndal, sendete sie noch.
Mogwied hatte den gleichen Wunsch, aber sein Bruder wollte seine Gefährtin nicht noch einmal in Gefahr bringen und wich nicht von der Stelle, um ihr die Flucht zu ermöglichen.
Der Magiker kam wieder auf die Beine und schwang seinen Stab.
Ferndal Lauf!, schrie Mogwied und schickte sich an, die Kontrolle zu übernehmen. Wenn sein Bruder nicht flüchten wollte, würde er es tun!
Bevor er aus seiner Zelle springen konnte, schoss von hinten ein sengender Dunkelfeuerblitz über seine Schulter. Ferndal duckte sich, die schwarzen Flammen trafen den Magiker mitten in die Brust und schleuderten ihn gegen die Schwarzsteinstatue. Schorkan durchtrennte die Dunkelfeuerlanze mit einer Drehung seines Stabes.
Joach stand hundert Schritte entfernt. Sein Stab war auf den Magiker gerichtet. Schorkan kam wieder auf die Beine, doch da der Junge seine Aufmerksamkeit auf sich zog, gerieten die schwarzen Fäden in Unordnung. Die Umhänge und die Bündel der Gestaltwandler fielen von der Decke.
Der Rest der Gruppe stellte sich neben Joach. Nur Elena blieb hinter ihm in Deckung. Dorn hatte die anderen erreicht und machte auf der Hinterhand kehrt, um sich erneut in den Kampf zu stürzen.
»Du kannst nicht gewinnen, Schorkan!« rief Er’ril. »Gemeinsam verfügen wir über mehr als genug Magik, um dir zu widerstehen!«
Schorkan lachte. »Das werden wir ja sehen, Bruder! Aber wie auch immer, ihr kommt zu spät. Der Mond ist aufgegangen. Eure Zeit ist abgelaufen.«
Er stieß seinen Stab auf den Silberboden. Rings um den See begannen die Gebeine zu zittern und zu klappern. »Jetzt werdet ihr für eure Verbrechen mit Blut bezahlen!« rief Schorkan und hob seinen Stab. »Ihr werdet euren eigenen Missetaten ins Auge sehen!«
Die Knochen fügten sich zusammen. Fantastische Gebilde entstanden, erhoben sich, als hätten sie sich nur am Strand gesonnt und wären dabei eingeschlafen, und huschten auf den See hinaus. Einige waren klein und flink wie Krebse. Andere waren zweimal so groß wie ein Og’er, hatten mächtige Arme und Beine und schwangen schädelbesetzte Keulen. Wieder andere liefen wie Hunde auf allen vieren und hatten das Maul voll winziger Knochensplitter.
Dieses Heer strebte auf die Gefährten zu und kreiste die kleine Gruppe ein. Er’ril brüllte Befehle.
Schorkan lachte wieder. Dann richtete er seinen Stab auf die Decke und leitete auch dort den Angriff ein.
Ferndal raffte sich auf. Schorkan hatte den Wolf im Eifer des Gefechts vergessen oder betrachtete ihn nicht als Gefahr. Doch Ferndal war entschlossen, ihm das Gegenteil zu beweisen. Das konnte Mogwied nicht zulassen. Es wäre der sichere Tod.
Ferndal sprang, und Mogwied sprang ebenfalls aus seiner
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