Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
Kurzschwert in der anderen Hand. Hier kam niemand an ihn heran. Um überhaupt hinter die Felsen zu kommen, hatte er sein Fleisch verflüssigen und durch einen Spalt zwängen müssen, der so eng war, dass nichts wirklich Gefährliches ihn überwinden konnte. Gut geschützt beobachtete er die Schlacht.
Dorn rannte, verfolgt von zwei Knochengerippen, in ihrer Wolfsgestalt vorbei. Mogwied machte sich um sie keine ernsthaften Sorgen. Er hatte sie schon mehrfach beobachtet. Sobald sie auf einen bestimmten Felsblock sprang, tauchte Ferndal mit zwei Kurzschwertern in den Händen auf und hieb dem Monster die Beine ab. Die verstümmelten Bestien krachten auf den Steinboden und zerschellten. Gleich darauf begann das Spiel wieder von vorn.
Doch diesmal war Ferndal nicht zur Stelle. Dorn landete, drehte sich um und suchte nach ihrem Gefährten. Sie war nur kurz abgelenkt, doch das genügte. Die beiden Knochenbestien sprangen sie an, trafen sie mit voller Wucht von der Seite und rissen ihr mit scharfen Krallen tiefe Wunden. Und dann waren sie auch schon über ihr.
Ehe Mogwied wusste, wie ihm geschah, raste er in weiten Sätzen über das Geröll. Schwert und Dolch hatte er bei sich, und um noch schneller zu sein, nahm er die Gestalt eines Halbwolfs an. Er sprang auf den Felsblock und ging von oben auf die beiden Bestien los. Sobald sie von Dorn abgelassen hatten, setzte er hinterher und hieb und stach auf sie ein.
Die Panik stieg ihm zu Kopf, er war wie im Rausch. Ringsum zerbrachen die Gerippe. Bald schlug er nur noch ins Leere. Atemlos wich er zurück. Dorn lag, noch immer in Wolfsgestalt, in einer Blutlache auf der Seite und atmete schwer.
Mogwied blickte sich Hilfe suchend um. Über ihm bewegte sich etwas. Ein Skal’tum stieß auf ihn nieder, die Flügel angelegt, die Klauen ausgefahren, das Maul zu lautlosem Knurren aufgerissen. Lähmendes Entsetzen erfasste ihn.
Doch bevor das Monster zuschlagen konnte, setzte ein riesiger schwarzer Schatten über Mogwieds Kopf hinweg, prallte gegen das Skal’tum und fiel mit ihm zu Boden. Mogwied erwachte aus seiner Starre, schrie auf, wollte fliehen.
Das Skal’tum und sein Gegner stürzten zwischen die Felsblöcke, und ein erbitterter Kampf entspann sich. Mogwied hörte sie knurren und mit den Zähnen knirschen. Hin und wieder wurde hinter den wild schlagenden Flügeln ein Stück schwarzes Fell sichtbar. Ferndal.
Mogwied fasste seine Waffen fester und wollte sich dazwischenwerfen. Doch bevor er einen zweiten Schritt tun konnte, traf ein Hagel von Pfeilen das Skal’tum. Die Zwerge hatten sie endlich erreicht.
Das Ungeheuer suchte kreischend und flatternd zu entkommen, aber eine gut gezielte, rot glänzende Axt spaltete ihm den Schädel. Es taumelte zurück und krachte gegen die Wand.
Mogwied beachtete es nicht weiter, sondern rannte zu seinem Bruder und warf sich neben ihm auf die Knie. »Ferndal!« Über die Schulter des Verletzten zogen sich tiefe, blutende Kratzer, in denen das Gift der Skal’tum Klauen brodelte.
Ferndal war wie Mogwied selbst in der Gestalt eines Halbwolfs. »Dorn …?« Aus seiner heiseren Stimme sprach ein unerträglicher Schmerz, der freilich nichts mit seinen tiefen Wunden zu tun hatte.
Mogwied schüttelte nur den Kopf.
»Ich … ich wurde von einem anderen Skal’tum verfolgt und konnte nicht rechtzeitig zur Stelle sein.« Ferndal griff nach seinem Arm. »Aber ich habe gesehen, was du getan … was du versucht hast …«
Mogwied wiegte sich hin und her und fragte mit tränenerstickter Stimme: »Warum?«
Ferndal erwiderte seinen Blick mit glühenden Bernsteinaugen. Du bist mein Bruder, sendete er lautlos.
Mogwied war wie vor den Kopf geschlagen. Ferndal hatte sich geopfert, um ihn zu retten. Sein Herz krampfte sich zusammen. Warum?, wiederholte er.
Ferndal stieß einen wölfischen Seufzer aus. Die nächste Sendung war schwächer. Wir sind eins, ob es dir gefällt oder nicht. Auch wenn du es nicht wahrhaben willst, wir sind Zwillingsbrüder.
Mogwied schüttelte den Kopf. Ringsum wurden die Kämpfe heftiger. Die Zwerge metzelten die Ungeheuer mit ihren roten Herzsteinwaffen unbarmherzig nieder.
Vieles in dir wartet noch darauf, entdeckt zu werden.
»Ferndal …«
Kümmere dich um meinen Sohn … deinen Sohn …
»Er ist nicht mein Sohn.« Die Stimme versagte ihm. Was glaubte Ferndal denn, was er einem Kind zu geben hätte?
Sein Bruder umklammerte seinen Arm fester. Versprich es mir.
»Ich … ich kann nicht …«
Ferndal sah ihm fest in
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