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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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sie die abwesenden Männer zu hören glaubten, das Feuer in ihren Herzen erneut an, und sie beschlossen, sich ihren Wal zu fangen.
    Durch diesen Entschluss ermutigt, nahm »die Alte«, doppelt so aufmerksam wie vorher, die Unterweisung der Mannschaften wieder auf und bläute ihnen ein, dass sie das nächste Mal direkt von vorne auf das Maul des Wal s zuhalten sollten, und wenn er noch so groß war, und ihn an Land zu bringen hatten. Am dritten Tag brachte sie seinen Dreierkajak mit und eröffnete den Frauen: »Wenn der Wal kommt, sitze ich hier, mit meinem eigenen Paddel, Cidaq sitzt hinten und steuert, und Innuwuk sitzt vorne mit ihrer Harpune. Wir haben uns geschworen, unsere Harpune in den Wal zu stoßen, und wenn wir uns dafür bis in den Rachen vorwagen müssen.« Doch während sie noch sprach, hatte sie Zweifel, ob Innuwuk den Mut wirklich aufbringen würde.
    Dann ereignete sich jedoch eine jener Offenbarungen, die es den Menschen so oft erlauben, scheinbar Unmögliches zu vollbringen. Innuwuk legte sich schlafen und hatte einen schrecklichen Traum: Sie sitzt im Kajak und beugt sich vor, um mit ihrer Harpune den großen Wal zu erstechen. Dann wachte sie in Angstschweiß gebadet auf, denn sie wusste , dass sie das nicht konnte. Als sie so halbwach in der Dunkelheit lag, zitternd, hatte sie eine Vision; gedank liche Arbeit, Phantasie und Mus kelempfindungen gingen eine Verbindung ein, und in einem befreienden Geistesblitz verstand sie plötzlich, wie man ein Wurfholz halten musste . Immer wieder streckte sie ihren rechten Arm zurück, fühlte ein nur in ihrer Vorstellung vorhandenes Holz und eine anliegende Harpune, und als sie den Arm nach vorne warf, spürte sie, wie alle Teile miteinander in Übereinstimmung arbeiteten - Schulter, Arme, Handgelenk, Finger, Wurfholz, Harpune und die Steinspitze -, und sie sprang aus dem Bett, lief zum Strand, packte Harpune und Wurfholz und warf mit einer großartigen schwungvollen Bewegung ihres Arms die Harpune weit von sich. Nachdem sie sich sechsmal hintereinander bewiesen hatte, dass sie das Geheimnis der Jäger gelüftet hatte und den Wurf beherrschte, lief sie zurück zu den anderen: »Ich kann es. Ich schaffe es!«
    Als sie sich am Tag darauf, in der Dämmerung, selbst davon überzeugen konnten, wie genau sie ihre Harpune zu zielen und zu werfen verstand, da wussten sie, dass sie das nächste Mal , wenn ein Wal in ihre Gewässer kam, eine gute Aussicht hatten, ihn zu treffen.
    Die sechs Mannschaften waren am Strand, als die Kleine, die die Meerenge beobachtete, angelaufen kam: »Ein Wal!« und hinzufügte, als ob sie wusste , welchen Schrecken das bei manchen auslöste: »Ein kleiner Wal!«, worauf die Frauen zu den Kajaks stürzten.
    Sie waren sehr klein, diese Frauen, die sich anmaßten, das Ungetüm anzugreifen, keine größer als 1,55 Meter, »die Alte«, der führende Kopf in dem Angriff, war sogar nur 1,49 Meter groß. Cidaq sah zu, wie die Einundneunzig jährige mit ihrem Paddel aus Treibholz ins Boot kletterte, und sie wusste , dass diese zerbrechliche alte Frau nichts zu der Geschwindigkeit des Kajaks beitragen konnte, aber alles zu dem Mut der fünf anderen Mannschaften. Cidaq selbst war entschlossen, ihr Boot diesmal direkt auf den Wal zuzusteuern: »Mutter, halte dich bereit! Diesmal werden wir nicht versagen!« Und dann, im Gefolge »der Alten«, zogen auch die anderen in die Schlacht.
    Die kleine Kundschafterin hatte recht, denn dieser Wal war nur halb so groß wie das erste Meeresungeheuer, so dass viele Frauen, als er auf sie zukam, bei sich dachten: Diesmal - vielleicht! Und sie eilten vorwärts mit einem Mut, den sie noch nie an sich erlebt hatten. Vom hinteren Sitz aus steuerte Cidaq unbeirrt immer in dieselbe Richtung, unterstützt durch den Beistand »der Alten« in der Mitte, die ihr Paddel ununterbrochen mal auf der einen, mal auf der anderen Seite eintauchte, und beide riefen Innuwuk zu, die sich im Bug niedergelassen hatte. »Los! Du hast uns gezeigt, dass du es kannst.« Schließlich, mit einem schleuderartigen Wurf, der für eine ungeübte Frau außerordentlich kraftvoll war, landete die Harpune im Fleisch, und von einem anderen Kajak wurde zur Sicherheit eine zweite in den Wal gestoßen, die Schwimmblasen wurden freigesetzt, und zwei Tage lang, angefüllt mit Schrecken und Hoffnung, verfolgten die sechs Kajaks, angetrieben von der unbeugsamen »Alten«, ihren verwundeten Wal und konnten ihn, als er endlich starb, langsam und in einem

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