Alaska
mit dem Einspruch heraus, der ihr die Möglichkeit gab, die Dinge zu komplizieren. »Natürlich musst du dich zum Christentum bekennen, bevor die kirchliche Heirat stattfinden kann.«
Mit gespieltem Entsetzen fragte sie: » Und wenn nicht, schick en sie ihn dann wieder zurück?«
»Werden ihn dann vielleicht sogar erschießen.«
»Wollen Sie damit sagen, er ist ohne Erlaubnis zurückgekommen?«
»Ja. So sehr brannte er darauf, dich wiederzusehen.«
»Christentum? Heirat? Ist das alles?«
»Ja, und Pater Petr hat mir bestätigt, er sei bereit, deine Belehrung und auch die Eheschließung zu vollziehen.«
Cidaqs rundes Gesicht glühte vor Dankbarkeit, sie lächelte Leutnant Belov an, dankte ihm für die wunderbare Nachricht und fragte ihn wie eine junge, unsterblich Verliebte: »Und wann darf ich meinen Herrn und Gebieter Rudenko sehen?«
»Sofort.«
Der Ort besaß kein Gefängnis, so wie es auch sonst nichts gab, was eine organisierte Gemeinschaft ausmachte, aber in dem Büro der Handelsgesellschaft befand sich ein fensterloser Raum mit einer Doppeltür, deren beide Teile verschließbar waren, und nachdem die Riegel beiseite geschoben worden waren, führte der junge Offizier Cidaq in den dunklen Raum, in dem man ihren vermeintlichen Mann gefesselt hielt. »Yermak!« rief sie erfreut, was dem Gefangenen gefiel, aber nicht sonderlich überraschte, denn auch wenn er ein Risiko eingegangen war, sich auf sie zu berufen, um seine Freiheit wiederzuerlangen, war er doch so hochmütig zu glauben, dass sie die plötzliche Aussicht, die gesetzlich angetraute Frau eines Russen zu werden, verlocken und dass sie ihm alles, was er ihr in der Vergangenheit angetan hatte, vergeben würde.
»Yermak!« rief sie erneut wie ein ergebenes Weib. Sie riss sich von Leutnant Belov los und lief auf ihren Peiniger zu, nahm seine gefesselten Hände, küsste sie, drückte ihre Lippen auf sein bärtiges Gesicht und küsste auch dies. Belov wurde Zeuge dieses gefühlvollen Wiedersehens, schnäuzte sich einmal kurz und verließ dann den Raum, um seine Behörde davon zu unterrichten, dass die Vorbereitungen für die Hochzeit getroffen werden konnten.
Sobald sich Cidaq von Rudenko und Belov losgemacht hatte, eilte sie zur Hütte des Schamanen: »Lunasaq! Ich muss mit deiner Mumie reden!« Und nachdem die Tasche aus Seehundfell geöffnet war, verriet sie unter Lachen die einmalige Gelegenheit, die sich zufällig für sie ergeben hatte: »Wenn ich ihn heirate, bleibt er hier, und wenn nicht, geht’s zurück zu den Robbeninseln.«
»Erstaunlich!« sagte die Mumie. »Hast du ihn schon gesehen?«
»Ja. In Fesseln. Von einem bewaffneten Soldaten bewacht.«
»Und wie hast du dich gefühlt, als du ihn wiedersahst?«
»Ich sah ihn mit meinen Händen um seinen Hals gelegt, erwürgt.«
»Und was hast du jetzt vor?«
Seitdem sie zum ersten Mal in Rudenkos hassenswertes Gesicht geschaut hatte, war genug Zeit vergangen, sich einen abwegigen Plan auszudenken. »Ich lasse sie alle in dem Glauben, ich wäre glücklich und wollte ihn heiraten. Ich werde mit ihm über unser gemeinsames Leben reden ...«
»Und du wirst jede Sekunde genießen?« fragte die Alte.
»Ja; und im allerletzten Moment sage ich nein, und dann schaue ich zu, wie sie ihn in sein ewiges Gefängnis zu den Robben werfen.«
Die Mumie, schon zu Lebzeiten eine praktisch veranlagte Frau, fragte: »Aber welchen Grund wirst du ihnen nennen ... warum du deine Meinung geändert hast?«
Als Antwort gab Cidaq etwas von sich, das die Sache noch komplizierter machen sollte: »Ich werde einfach sagen, es sei mir nicht möglich, meine alte Religion aufzugeben und Christ zu werden.«
Diese freimütige Äußerung verschlug Lunasaq den Atem, denn hier war seine Religion betroffen, das ein und alles seines Lebens, und er sah die Gefahr, die auf Cidaq zukam, wenn sie dieses Spiel trieb. Die vergilbte Mumie in ihrer Felltasche wurde beiseite geschoben, und Lunasaq, der sich als Schamane bedroht sah, übernahm die Führung: »Hast du gesagt, du erwägst, zum christlichen Glauben überzutreten?«
»Nein, sie haben das gesagt. Ich müsste ihrer Kirche beitreten, wenn ich Rudenko heiraten wollte.«
»Aber das ist doch nicht etwa dein Ernst, oder?«
Sie trieb ihr Spiel weiter und antwortete halb ernst, halb ironisch: »Na ja, wenn er ein ehrenwerter Russe wäre ... wie der junge Belov zum Beispiel...«
Feierlich erhob sich der Schamane, führte Cidaq zu einem Hocker und stellte sich ihr gegenüber
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