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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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Vergangenheit entwickelt. Es war Jahre her, noch bevor ihre jüngste Tochter ihr erstes Junges gebar, da hatte sich ein ehemals potenter, jetzt schon älterer Bulle während der Paarungszeit ihrer Herde angeschlossen und war auch danach aus unerklärlichen Gründen einfach bei ihr geblieben, obwohl er sie eigentlich wieder hätte verlassen müssen, um sich den anderen Bullen anzuschließen, die bis zur nächsten Paarungszeit für sich blieben und alleine nach Futter suchten.
    Zunächst hatte Matriarch keine Bedenken, als der Bulle auftauchte und sich um ihre Töchter - drei zu der Zeit - kümmerte, aber als er länger blieb als erwünscht, wurde sie unruhig und gab ihm auf unterschiedliche Art, indem sie ihn zum Beispiel von dem besseren Gras abdrängte, zu erkennen, dass er die Weibchen und ihre Jungen verlassen sollte. Als er sich weigerte, sich ihr zu fügen, wurde sie wütend, aber mehr, als ihr Gefühl zu zeigen, vermochte sie auch nicht, denn er war anderthalbmal so schwer wie sie, seine Stoßzähne waren enorm, und er überragte sie so deutlich, dass sie von seiner Größe und Aggressivität schier überwältigt wurde. Sie musste sich damit zufriedengeben, nur einfach Lärm zu machen und ihr Missfallen dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass sie mit ihrem Rüssel heftig um sich schlug.
    Als sie den alten Knaben eines Tages wieder beäugte, sah sie, wie er eine junge Mutter, die gerade ihre einjährige Tochter unterwies, grob beiseite stieß, was an sich erlaubt war, denn Bullen führten seit jeher das Kommando über die besseren Weidegründe, aber in diesem Fall schien es Matriarch, als hätte der Bulle das einjährige Tier zudem noch missbraucht , und das konnte sie nicht tolerieren. Ungeachtet seiner überragenden Größe und Kampfkraft - denn er hätte keine Nachkommen mit Matriarchs Töchtern zeugen können, wenn es ihm nicht auch gelungen wäre, andere, weniger potente Bullen, die auch Interesse gezeigt hatten, abzuwehren - stürzte sie sich mit einem schrillen, gellenden Schrei auf den zudringlichen Gegner, um ihr Junges zu schützen, so dass sie das viel größere Tier einige Meter zurücktrieb.
    Ihm jedoch, mit seiner größeren Körper kraft und den sich über kreuzenden Stoßzähnen, gelang es sehr schnell, seine Autorität zu verteidigen, und in einem vernichtenden Gegenangriff schlug er mit aller Kraft auf sie ein, dass die Hälfte ihres rechten Stoßzahns dabei abbrach. Für den Rest ihres Lebens musste sie mit einem ganzen und einem halben Stoßzahn auskommen. Aus dem Gleichgewicht gebracht, tölpelhaft im Vergleich zu ihren Schwestern, schritt sie mit dem kurzen, ungleichmäßigen Stoßzahn durch die Steppe, den Verlust des Gegengewichts dadurch ausgleichend, dass sie den massiven Kopf leicht nach rechts beugte, als wolle sie mit ihren kleinen, schielenden Augen einen Blick auf etwas werfen, das andere nicht sehen konnten.
    Sie war nie ein besonders schönes Tier gewesen, geschweige denn anmutig. Sie hatte nie die imposanten Kurven ihrer Vorfahren, der Elefanten, sie glich eher einem schwerfälligen Dreieck, die Spitze ihres birnenförmigen Kopfes als Scheitelpunkt, der Boden, auf den sie mit ihren Füßen stampfte, die Grundlinie, vor Kopf und Rumpf verlief eine Vertikale und, besonders charakteristisch für sie, die lange, hässliche Schräge vom hohen Vorderviertel zum zwergenhaften hinteren Ende. Schließlich, um ihrer Erscheinung auch noch die letzte Form zu nehmen, war ihr gesamter Körper mit diesem langen, manchmal in Matten herunterhängenden Haar bedeckt. Sie war nicht nur ein wandelndes Dreieck, sie war außerdem ein ungepflegter Wandteppich, und selbst das Würdevolle, das ihr die großen, eleganten Stoßzähne noch hätten verleihen können, war jetzt dahin.
    Zugegeben, es mangelte ihr an Grazie, die leidenschaftliche Liebe jedoch, die sie für alle jüngeren Mammuts unter ihrer Obhut empfand, verlieh ihrer Art etwas Würdevolles; diese riesige und etwas unbeholfene Kreatur machte der Mutterschaft im Tierreich alle Ehre.
     
    In jenen Jahren, als die Eiszeit ihren Höhepunkt erreicht hatte, stand Matriarch zur Fütterung der Familie ein Terrain offen, das in gewisser Weise einladender wirkte als das rauhere, das dem Mastodon zur. Verfügung gestanden hatte. Es unterteilte sich noch immer in vier Gebiete: die arktische Wüste im Norden, die Tundra, die das ganze Jahr über unter der Erdoberfläche gefroren blieb, die an Gras reiche Steppe und ein bewachsener Streifen, mit ausreichend

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