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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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besonders wertvolle Nadeln aus Knochen, Häute, die noch nicht zu Kleidung verarbeitet waren, flache, aus Holz oder Knochen gewirkte Schalen, langstielige Kochlöffel aus Elfenbein; keinerlei Möbel, aber für jeden eine Schlafmatte und pro Familie eine Felldecke.
    Gleichwohl verließen sie Asien nicht nur mit diesen mageren materiellen Besitztümern, in ihrem Kopf trugen sie mit sich ein außerordentlich reiches Wissen um das Leben im Norden. Beide, Männer und Frauen, kannten Hunderte von Regeln, wie man einen arktischen Winter überlebte, und eine Menge nützlicher Hinweise, wie man im Sommer etwas zu essen fand. Sie kannten sich mit der Natur des Windes aus und mit der Bewegung der Sterne, an denen sie sich in der langen Nacht des Winters orientierten. Sie kannten zahlreiche Tricks, wie man sich gegen Moskitos schützte, die einen leicht wahnsinnig machen konnten, und - was besonders wichtig war - sie kannten sich mit Tierspuren aus, wussten , wie man Tieren auf die Schliche kam, wie man sie erlegte und wie man sogar noch die Hufe verwertete, wenn das Schlachten vorbei war.
    Auf ihren vier Schlitten - und im Geist - führten sie noch einen anderen wertvollen Gegenstand mit sich, ohne den keine Menschengruppe lange überleben konnte: Verstaut an einer geschützten Stelle auf den Schlitten, lagen kleine, schillerfarbene Muscheln, wertvolle, merkwürdig geschnitzte Elfenbeinstücke und glatte Steine, manche von beträchtlicher Größe. Diese Kleinodien waren in vielerlei Hinsicht noch wertvoller als alle anderen Gebrauchsgegenstände, manche dieser Erinnerungsstücke zeugten von den Geistern, die über das Leben der Menschen wachten, manchen wurde die Kraft zugeschrieben, Glück zu bringen - im Umgang mit Tieren, damit bei Bedarf immer genügend Nahrung vorhanden war, bei der Besänftigung von Unwettern, damit sich die Jäger nicht im Schneesturm verirrten, und bestimmte Steine und Muscheln wurden allein wegen ihrer außergewöhnlichen und schönen Form mitgenommen. Die Altehrwürdige zum Beispiel bewahrte an einer geheimen Stelle die erste Knochennadel auf, die sie benutzt hatte. Sie war nicht mehr ganz so lang wie früher, und das ursprünglich helle Weiß hatte sich in den Jahren in einen weichen Goldton verwandelt, aber dass sie sich über Generationen als so außerordentlich nützlich erwiesen hatte, stattete sie mit einer Schönheit aus, die das Herz der Altehrwürdigen jedesmal, wenn sie die Nadel zwischen ihren übrigen Besitztümern sah, voller Freude höher schlagen ließ.
     
    Am Ende des ersten Tages war außer den ganz Jungen allen Marschierern klar, dass diese Reise sehr beschwerlich werden würde, denn sie hatten während des gesamten Tages nicht ein lebendes Wesen gesichtet. Es gab keine Vögel in der Luft, keine Tiere, die den losen Zug beobachteten, keine Flüsse, in denen sich die Fische an den Ufern drängten. Im Vergleich mit dem relativ fruchtbaren Land, das sie von zu Hause kannten, bevor die Hungersnot einsetzte, war dieses Land kahl und abschreckend, und als sie am Abend ihre Schlitten gegen den Wind stellten, die Kufen abgenutzt, weil es keinen Schnee gab, auf dem sie hätten gleiten können, konnten sie nicht umhin, sich einzugestehen, dass ihr Unternehmen ziemlich gefahrvoll war.
    Der zweite Tag war nicht schlimmer als der erste, wohl aber die Wirkung. Die Wanderer konnten ja nicht wissen, dass sie höchstens nur noch fünf solcher Tage durchhalten mussten , bevor sie das etwas fruchtbarere Gebiet von Alaska erreichten; für sie war es eine Wanderung ins Unbekannte, und so blieb es auch die folgenden beiden Tage. Während der ganzen Zeit fanden sie nichts Essbares , und die mageren Vorräte, die sie hatten mitnehmen können, waren fast aufgebraucht.
    »Morgen«, erklärte Varnak, als sie am Abend des dritten Tages dicht gedrängt am Boden hinter den Schlitten kauerten, die nur einen kümmerlichen Windschutz abgaben, »werden wir unseren Vorrat nicht anrühren. Ich habe das sichere Gefühl, dass wir am Tag danach auf besseres Land stoßen werden.«
    »Wenn das Land fruchtbarer sein soll«, fragte einer der Männer, »warum sollen wir uns dann nicht darauf verlassen, dass wir dort genug zu essen haben werden?«, und Varnak versuchte, ihn zu überzeugen: »Wenn es dort Nahrung gibt, dann brauchen wir Kraft für die Jagd. Wir müssen das Tier verfolgen, es einholen und es erlegen und viel riskieren. Und das gelingt uns nur, wenn der Bauch voll ist,«
    Am vierten Tag also aß niemand etwas,

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