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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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Rundhölzer ein. Er besorgte sich Seehundfelle und aus Tierkadavern lange Sehnenstücke, und beim eifrigen Sammeln dieser Dinge erwuchs in ihm ein Plan. Vor seinem Auge sah er die freundlichen Hütten am östlichen Rand des Meeres wieder, wo man ihn und seine Jagdkameraden so wunderbar versorgt hatte, als sie ohne Nahrung gewesen waren, und immer wieder musste er denken: Dort drüben ist es besser.
    Als er genug dieser kleinen herumliegenden Dinge heimlich eingesammelt hatte, um sich ernsthaft zu überlegen, was man damit machen konnte, zog er Nukleet und seinen Schwiegervater ins Vertrauen und eröffnete ihnen seine ungeheuerliche Idee: »Warum bauen wir nicht einen Kajak mit drei Öffnungen? Je ein Mann vorne und hinten zum Rudern. Nukleet und das Kind in die Mitte.«
    Sein Schwiegervater verwarf diesen unsinnigen Vorschlag sofort: »Kajaks haben nur eine Öffnung. Wenn du drei haben willst, musst du dir einen offenen Umiak bauen.«
    Oogruk jedoch, so begriffsstutzig er sonst schien, erkannte, dass die Notwendigkeit zu handeln hier wichtiger war als die Tradition. »Auf hoher See kann ein Umiak leichter sinken, und alle würden ertrinken. Ein Kajak dagegen, wenn die Öffnung richtig festgezurrt ist, lässt sich überrollen und kann wieder flottgemacht werden. Und alle bleiben am Leben.« Als sein Schwiegervater weiter auf einem Umiak bestand, antwortete Oogruk schließlich mit erstaunlicher Festigkeit: »Nur ein Kajak kann uns retten«, und der alte Mann wechselte das Thema: »Und wo sollten wir mit so einem Kajak hinpaddeln?«
    »Dort drüben hin«, antwortete Oogruk, ohne zu zögern, und wies mit dem Zeigefinger seiner linken Hand über die gefrorene See Richtung Osten.
    Oogruk begann nun mit dem Bau des Kajaks, und als der Schamane davon erfuhr, hockte er sich auf den Boden, seiner zerfetzten Kleidung entströmte übler Geruch, dann sammelte er seine magischen Objekte um sich, sprach seine Verfluchungen aus und richtete eindringliche Fragen an die Dorfbewohner. »Warum baut er sich einen Kajak? Welchen Frevel führt dieser schielende Oogruk im Schilde?«
    Als der Häuptling diese Anspielungen vernahm, antwortete er unerschrocken: »Durch meinen Schwiegersohn, diesen Dummkopf, habe ich letzten Sommer meinen Kajak verloren, als er versuchte, dem Wal nachzujagen. Er soll mir jetzt einen neuen bauen.« Mit dieser Lüge hatte sich der Häuptling der Sache Oogruks ebenfalls verschrieben. Auch er war jetzt bereit, Pelek für immer zu verlassen und sein Glück in der Welt auf der anderen Seite des Meeres zu versuchen, obwohl er dort, das war ihm klar, kein Häuptling mehr sein würde. Die Ehre, sein Volk bei Entscheidungen anzuführen, diese Ehre musste er abtreten. Von jetzt ab würden andere im Heck des Umiaks stehen, wenn ein Wal verfolgt wurde, fähigere Männer, jünger und stärker, würden den Kampf gegen das Walross aufnehmen und das Fleisch verteilen, wenn das Tier erlegt war. Er wusste zu schätzen, mehr als seine Tochter und ihr Mann, was er aufgab, wenn die Flucht gelingen sollte, aber er wusste auch, dass er machtlos war, wenn sich der Schamane erst einmal von ihm abgewandt hatte.
    Als der Geisterbeschwörer erfuhr, dass der neue Kajak, dessen Rippen schon für alle sichtbar offen im Schnee lagen, drei Öffnungen haben sollte, folgerte er, dass sich alle diejenigen, gegen die seine Intrigen gerichtet waren, seinem Machtanspruch entziehen wollten, und in den letzten Wintertagen, bevor das Eis schmolz und Kajaks und Umiaks wieder ins Wasser gelassen werden konnten, kam er zu dem Entschluss , dass gegen die mutmaßlichen Flüchtlinge etwas unternommen und seine Autorität mit einem dreisten Schritt wiederhergestellt werden musste .
    »Es hat noch nie einen Kajak mit drei Öffnungen gegeben. Die Geister missbilligen derlei Eingriffe. Warum wird überhaupt der Versuch unternommen? Der Häuptling will sich heimlich davonmachen, aber wenn er sein Können als Jäger woanders nutzt, werden wir hier in Pelek verhungern.« Als sie diese Worte vernahmen, spürten alle, dass er damit dem Häuptling drohte, ihn zu einer grausamen Strafe zu verurteilen: Er musste im Dorf bleiben, die Jagd zu leiten, aber als Schande seine Führung dem Schamanen abtreten, Bei der Jagd wäre er dann ein freier Mann, im Dorf hingegen ein verdächtiger Gefangener.
    Die einzige Möglichkeit, die der Häuptling und seine Kinder für sich sahen, war die Flucht. Sie beeilten sich mit dem Bau des Kajaks, und als im Spätfrühling der Schnee

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