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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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dass der Wetterdienst Barrow noch weitere Temperaturstürze ankündigte. Es war eine Kälte, die Kendra nicht für möglich gehalten, geschweige denn erlebt hätte. »Sagt mal, Leute, wie lange wird denn die Kälte noch andauern?« Und sie versicherten ihr: »Nur noch ein paar Tage.« Sie hatten recht, denn nach drei schneidenden Tagen ließ der Wind nach, und das Thermometer pendelte sich bei minus 30 Grad ein, eine Temperatur, die sie ganz erträglich fand, vorausgesetzt, es herrschte Windstille.
    In diesen Tagen, mitten im arktischen Winter, wenn die Menschen zusammenrücken mussten , um zu überleben, konnte sie erleben, was für ein herausragender Pädagoge Kasm Hooker war, denn jetzt wurde die Turnhalle der Schule, die allein die Hälfte der Gesamtkosten ausgemacht hatte, das Zentrum des Geschehens für die Gemeinde. Zum Erntedankfest und an Weihnachten veranstaltete man Festessen, zu denen alle Dorfbewohner, außer Amys Eltern, tiefgefrorenes Walfleisch, Lachs, Weißdorsch und köstliche Eintöpfe aus Enten-, Gänse- und Karibufleisch mitbrachten. Das Besondere an diesen Festen jedoch waren die Basketballspiele, ja, Kendra hatte manchmal den Verdacht, dass sich das eigentliche Leben von Desolation Point, zumindest während der Wintermonate, um diese Basketballturniere abspielte, die jedes Mitglied der Gemeinde anzogen. Allerdings war es Basketball, wie sie ihn vorher noch nie gesehen hatte, denn die High-School von Desolation hatte ja nur zwei Jungen unter ihren Schülern, und obwohl sie gut im Dribbeln und Zielwerfen waren, brauchten sie noch drei weitere Spieler, um eine richtige Mannschaft zu bilden.
    Das Problem wurde folgendermaßen gelöst: Mit den anderen Mannschaften, die gegen Desolation antraten, hatte man sich darauf verständigt, dass zwei frühere Schulabgänger mitspielen durften und Mr. Hooker als der fünfte Mann fungieren sollte, wobei es sich von selbst verstand, dass er, aus Gründen der Chancengleichheit, mit gewissen Handicaps antreten musste . Aber gegen wen konnte Desolati on schon spielen? Barrows High- School verfügte zwar über eine komplette Wettkampfmannschaft aus fünfzehn Spielern, die anderen kleinen Schulen im North-Slope-Distrikt dagegen nicht. Wie die Schule zu ihren Gegenmannschaften kam, war dem Ideenreichtum Vladimir Afanasis entsprungen, der Kendra die Situation vor dem ersten Spiel so erklärte: »Wir haben das Geld - also übernehmen wir die Reisekosten, um andere Teams hierherzufliegen und ganz zwanglos drei Spiele auszutragen, manchmal auch nur zwei. Das Dorf steht auf dem Kopf. Unsere Jungs sammeln Erfahrung, und die Spieler der Gegenmannschaft haben die Gelegenheit, einmal das nördliche Alaska zu erleben. So profitieren alle Seiten.«
    Ende Dezember, als Kendra gerade wieder einmal in ihrer Speisekammer stöberte, stieß sie zufällig auf die Lebensmittel, die sie im Sommer noch im letzten Moment auf die Bestellliste gesetzt hatte und die als Belohnung für ihre Schüler gedacht waren. Jetzt holte sie die Dosen hervor, vor allem die Pekannüsse und die in Sirup eingelegten Goldorangen. Mit der nachbarlichen Hilfe von zwei Frauen, die auch Kinder in der Schule hatten, kochte sie Unmengen von Würstchen, backte stapelweise Pekannu ss pfannkuchen und Berge von Plätzchen, dekoriert mit gefärbten Schokosplittern, die sie auch bestellt hatte, und rührte aus einem Konzentrat eimerweise einen süßen fruchtigen Punsch an.
    Als alles fertig war, lud sie die ganze Schule ein, dazu die Eltern und das Paar, bei dem Amy untergebracht war, aber auch neugierigen Nachbarn, die nur sehen wollten, was in der Turnhalle vor sich ging, wurde nicht die Tür gewiesen. Zu denen, die sich uneingeladen eingeschlichen hatten, gehörte Vladimir Afanasi, der Kendra zu ihrem gelungenen Fest gratulierte und dazu, dass es ihr geglückt sei, auf diese nette Weise die Frauen des Dorfes mit Goldorangen bekannt gemacht zu haben, die Attraktion für die Kinder jedoch waren die Pekannuss pfannkuchen, und als am Ende des Festes alle aufgegessen waren, gestand sogar Amy Ekseavik grummelnd ein: »Die haben aber gut geschmeckt.«
    Als sich Mr. Afanasi während des Festes mit ein paar Männern des Dorfes zu einem Gespräch zurückzog, sah Kendra, dass ein Fremder ihm folgte, und schon beim ersten flüchtigen Blick auf diesen weißen Mann, offenbar ein Amerikaner, war sie von einem Eindruck überwältigt, der sie nicht mehr loslassen sollte: dass dieser Mann eine wichtige Rolle spielte und dass er nicht

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