Alaska
keine abenteuerlustige junge Kellnerin aus Amerika da, die in Ricks Hütte hätte einziehen können, aber eines Tages kam er mit seinem Gespann ins Dorf, um an einem kleinen Vorrennen auf Sand teilzunehmen, und als sich die Zuschauermenge versammelte, fiel ihm, neben Vladimir Afanasi stehend, die Gestalt von Kendra Scott ins Auge. Er sah in ihr die Sorte junger Frauen, die ihn anzogen, die er gerne kennenlernte, und so suchte er nach der Vorführung Afanasi auf und fragte, wer sie sei.
»Sie ist die beste Lehrerin, die wir seit langem hatten. Sie kommt aus Utah.«
»Ist sie Mormone?«
»Könnte sein. Könnte auch sein, dass sie deswegen in den hohen Norden geflüchtet ist.«
»Ich würde sie gerne kennenlernen.«
»Ich wüsste nicht, wie sich das vermeiden ließe.«
So kam es, dass Afanasi Kendra an einem schönen sonnigen Nachmittag mit seinem Pritschenwagen raus zu der eingefallenen Hütte fuhr, und kaum war sie dem Wagen entstiegen, musste sie lachen: An der Tür hing ein sauber gemaltes Schild, »The Kensington Kennels« - »Die Kensington-Hundehütte« als handele es sich um eine teure Pension für verhätschelte Hunde. Als der Besitzer seinen Kopf durch die Tür steckte, dem Lachen auf den Grund zu gehen, stand vor Kendra ein gutaussehender, adretter junger Mann, etwas älter als sie selbst, gekleidet in einen blauen Overall. »Was gibt’s da zu lachen?«
»Ihr Türschild gefällt mir. Nehmen Sie Hunde auf?«
»Klar doch. Dreizehn Stück«, worauf er auf seine Huskies und Malamuten zeigte, jeder Hund mit einer kurzen Leine an einen Pfahl gebunden, damit er sich nicht mit den anderen zwölf raufte.
»Für das Iditarod-Rennen?«
»Sie wissen, was das ist?«
»Sie müssen verrückt sein, an einem solchen Rennen teilzunehmen.« Und er entgegnete nur: »Stimmt.« Aber erst als sie wieder aus der Hütte trat und ihm zum Abschied die Hand reichte, sah sie, dass er wirklich etwas Verschrobenes an sich hatte, denn sein Overall schmückte vorne die Aufschrift, die Collegestudenten zu der Zeit gerne zur Schau trugen: »Wiedervereinigung für das Gondwanaland!«
»Was bedeutet Ihr Schlachtruf?« fragte sie, und er erklärte ihr, er hätte früher Geologie in Stanford studiert und das sei ihre Parole gewesen.
»Und wo liegt es?« Und er fuhr fort: »Es ist eine Landmasse, die vor zweihundertfünfzig Millionen Jahren auseinandergebrochen ist. Ich glaube, der Südpol gehörte auch dazu.« Und sie sagte: »Sie können mit meiner Unterstützung für Ihre Kampagne rechnen.«
Je mehr sie im Laufe der folgenden Wochen über die Strapazen des Iditarod-Rennens erfuhr, desto interessierter zeigte sie sich an den Methoden, mit denen Rick seine Hunde dressierte, und als der erste Schnee fiel, verbrachte sie ganze Samstage und Sonntage draußen in der Hütte, brachte so etwas wie manierliche Ordnung in das Durcheinander, aber vermied jedes romantische Abenteuer mit dem jungen Mann, denn in gewisser, wenn auch nicht klar umrissener Hinsicht betrachtete sie sich weiterhin als Verlobte von Jeb Keeler. Auf jeden Fall wohnte der junge Rechtsanwalt praktisch in Kendras Apartment, wenn er aus geschäftlichen Gründen nach Desolation kam, und blieb bis drei oder vier Uhr morgens. Aber als Rick, dem das nicht entging, sich eines Tages erkundigte, ob sie mit Keeler verlobt sei, antwortete sie: »Es fällt schwer, sich zu entscheiden, wenn man so weit von zu Hause weg ist.«
Wenigstens einmal in der Woche, wenn die Schneeverhältnisse entsprechend waren, nahm Rick sie auf eine Trainingsfahrt mit seinem Schlitten mit, und es war jedesmal ein wunderbares Erlebnis, auf dem Sitz zu thronen, eingewickelt in Decken, und die 15 Kilometer bis zu den zugefrorenen Seen durch die Landschaft zu gleiten, während Rick hinterherlief, manchmal auf die verlängerten Kufen am Ende sprang, Polar seine Kommandos zubrüllte und wenn nötig auch die anderen Hunde anfeuerte. »Ich kann verstehen, warum man sich als junger Mann für das Rennen begeistern kann«, sagte Kendra eines Tages, als sie nach der Hälfte der Strecke Pause machten.
»Es sind nicht nur Männer«, sagte Rick und zählte ihr die Frauen auf, die in den vergangenen Jahren unter den Siegern des Rennens gewesen waren.
»Tausendeinhundert Meilen? Das müssen ja Amazonen sein.« Aber er korrigierte: »Es kommt bei dem Rennen nicht auf Muskelkraft an. Eher auf Köpfchen und Zähigkeit.«
Köpfchen brauchte es, weil sich jeder, der an den Start ging, vorher mit einem Piloten einigen
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