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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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Feuerstößen reichte nicht einmal bis nach Dutch Harbor, geschweige denn bis aufs Festland. Etwas später allerdings ereignete sich am Südende der Insel ein ungeheures Unterwasserbeben. Millionen Tonnen weicher Erdmassen kamen ins Rutschen.
    Das löste einen Tsunami von noch nie dagewesenen Dimensionen aus. Keine normale Flutwelle mit dem üblichen hohen Kamm, sondern die ganze frei gewordene Schlickmasse rollte quer durchs Meer auf Hawaii zu. Sie passierte gleich drei Schiffe an dem Tag, und nur einem einzigen fiel sie auf. › Plötzliche Hebung in der Wasseroberfläche, aber unter drei Fuß ‹ , liest sich das im Logbuch. Fünf Stunden später traf die Unterwasserwelle an der Nordküste von Big Island ein, mit einer Geschwindigkeit von vierhundertachtzig Meilen. Sie richtete zunächst keinen großen Schaden an, aber als der Rückfluss ins Meer einsetzte, wurde in der Stadt Hilo alles mitgerissen, Häuser, Autos, Bäume, und fast zweihundert Menschen fanden den Tod.«
    Die Wissenschaftler wollten wissen, ob sich solche Dinge in Zukunft wiederholen könnten, aber Spada beruhigte sie: »Ganz sicher nicht. Der Feuerkranz wird uns zwar nicht in Ruhe lassen, darauf können wir Gift nehmen, aber die Folgen werden jedesmal andere sein. Wenn sich die Richtung des Bebens von 1946 nur um zwei Grad verschoben hätte, dann wäre der Tsunami meilenweit an Hawaii vorbei verlaufen. Aber auch so war es nicht einmal von maximaler Stärke, nur 7,4 auf der Richter-Skala.«
    An dieser Stelle unterbrach Kendra erneut: »Sie reden immer alle von der Richter-Skala, aber keiner erklärt mir, was damit gemeint ist«, worauf Spada ihr eine kurze Erläuterung gab: »Es ist eine ungenaue, aber ganz hilfreiche Faustregel. Sechzig Meilen vom Ursprung entfernt wird eine Messung vorgenommen, die auf eine logarithmische Skala übertragen wird, was bedeutet, dass jedes größere Teilmaß zehnmal so stark ist als das vorige. Eine 4,0 auf der Richter-Skala ist demnach zehnmal so stark wie eine 3,0, was wiederum so schwach ist, dass man die Erschütterung als Mensch gar nicht wahrnimmt, während bei 9,0 derselben Skala, also einer Stärke, die einemillionmal so groß ist wie 3,0 und die dem höchsten jemals gemessenen Wert sehr nahe kommt, kein Stein mehr auf dem anderen bleibt.«
    Nach dieser zufriedenstellenden Antwort wollte sie sich zu Bett begeben, aber als sie den Aufenthaltsraum allein verließ - Rick hatte Dienst und überwachte die Aufzeichnung der Meeresströmungen -, offenbarte sich ihr am Nachthimmel die prächtigste »Aurora borealis«, die sie jemals in Alaska gesehen hatte. Sie lief sofort zurück zu den anderen, die noch in ihr Gespräch vertieft waren, und holte sie nach draußen, wo sie bei minus 20 Grad und Windstille Zeuge eines selbst für sie unvergleichlichen Anblicks wurden, riesige Bögen am Firmament, wellenförmige Bänder und wechselnde Farbspiele.
    Nachdem die anderen wieder an ihre Arbeit zurückgekehrt oder zu Bett gegangen waren, denn Uhren hatten hier im Januar keinerlei Bedeutung, blieb Kendra allein zurück und versuchte, eine Verbindung herzustellen zwischen diesen alles überragenden Kathedralen des Nordlichts, den Eruptionen des Feuerkranzes, dem schwankenden Salzgehalt in den unterschiedlichen Meereszonen und schließlich der Beziehung zwischen der Sowjetunion und Norwegen, die beide mit historischer Berechtigung Spitzbergen für sich beanspruchten.
    Während sie weiter darüber nachdachte und in den Himmel starrte, spürte sie plötzlich, dass sich ihr jemand genähert hatte. Es war Vladimir Afanasi: »Es ist atemberaubend schön. Man sieht so ein Schauspiel vielleicht nur zweimal im Leben.«
    Sie führte ihn zu einer Bank, und als sie sich hingesetzt hatten, umgeben von der arktischen Nacht, sagte er: »Kasm hat mir erzählt, dass Sie Amys Tod sehr ...« Er zögerte.
    »Amy und Jonathan ... schon ihre Namen auszusprechen tut mir weh. Manchmal denke ich, dass mein Aufenthalt in Desolation nur Kummer bereitet hat.«
    »Der Kummer hört nie auf, Kendra.« Er verfiel in Schweigen und saß eine ganze Weile still da, aber es war deutlich zu spüren, dass er viel auf dem Herzen hatte, und so fragte Kendra jetzt und traf mit dem ihr eigenen Mitgefühl für Menschen genau das, was ihn quälte. »Sie haben mir einmal gesagt, Mr. Afanasi, dass Ihr Vater und Ihr Onkel Ihnen das beigebracht haben, was man nicht tun soll. Aber sie haben mir nie erklärt, was Sie damit meinten.«
    »Sie waren beide tragische Gestalten, die

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