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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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sprachen, sagte der Zar: »Wenn du dich bilden willst, geh zu den Franzosen und Deutschen. Wenn du was auf die Beine stellen willst, such dir Engländer oder Schotten.«
    Als Zhdanko einmal der Akademie von Moskau Botschaften überbrachte, fand er viele Franzosen und Deutsche unter den Gelehrten, und der Portier, der ihn durch die mit neuen Möbeln ausgestatteten Hallen führte, flüsterte ihm zu: »Der Zar hat die klügsten Männer Europas hergeholt. Sie sind alle hier versammelt.«
    »Und was tun sie hier?« fragte Trofim und klemmte sein Paket unter den Arm.
    »Denken.«
    Im Laufe des zweiten Monats seiner Ausbildung auf der Werft entdeckte Zhdanko eine Eigenschaft seines Zaren, die er noch nicht kannte: Die Männer aus Europa, vor allem die Franzosen und Deutschen, mochten das Denken übernehmen, das Regieren jedoch blieb in der Hand von Peter und einer Gruppe Russen, die ihm alle sehr ähnlich waren. Sie stellten das Geld zur Verfügung und bestimmten, wohin die Armee zog und was für Schiffe gebaut werden sollten. Sie hatten das Sagen in Russland, daran gab es keinen Zweifel. Und genau das brachte Trofim in Verlegenheit: Er sollte dabei behilflich sein, einen Mann ausfindig zu machen, der das Kommando über Peters gigantische Expedition übernehmen konnte, aber er fühlte sich verpflichtet, dem Zaren einen Russen vorzuschlagen, der in der Lage wäre, eine Aufgabe dieser Größe durchzuführen. Je länger er jedoch die Männer im Hafengebiet beobachtete und sich von ihnen berichten ließ, desto mehr verstärkte sich seine Gewissheit, dass von den Russen dort keiner auch nur im entferntesten dazu imstande gewesen wäre, und das hätte er Peter nur ungern übermittelt. Eines Tages aber fragte Peter ihn, was er für Fortschritte gemacht hätte, und Trofim musste ihm die Wahrheit sagen: »Ich habe von zwei Deutschen, einem Schweden und einem Dänen erfahren, die vielleicht in Frage kämen. Von den beiden Deutschen mit ihrem Gehabe allerdings würden sich Russen wie ich nichts sagen lassen, und der Schwede hat in den baltischen Kriegen dreimal gegen uns gekämpft, bevor er auf unsere Seite übergelaufen ist.«
    »Wir hatten alle seine Schiffe versenkt«, lachte Peter, »wenn er vorhatte, weiter zur See zu fahren, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auf unsere Seite zu schlagen. Meinst du Lundberg?«
    »Ja, ein sehr tüchtiger Mann. Mein Vertrauen hätte er.«
    »Und wer ist der Däne?« fragte Peter.
    »Zweiter Kapitän Vitus Bering. Seine Männer halten viel von ihm.«
    »Ich auch«, antwortete der Zar, und damit war die Sache erledigt.
    Acht Jahre jünger als Peter, hatte Bering Anfang 1724 in Ehren Abschied von der Flotte genommen und sich in dem vornehmen finnischen Hafenstädtchen Vyborg niedergelassen, wo er den Rest seines Lebens als Gärtner verbringen und den Kriegsschiffen im Golf von Finnland, auf dem Weg nach Sankt Petersburg, nur noch aus der Ferne zuschauen wollte. Im Spätsommer desselben Jahres wurde er nach Russland zurückbeordert und vor den Zaren zitiert: »Vitus Bering, ich hätte Sie nie gehen lassen dürfen. Wir brauchen Sie für eine Unternehmung von größter Wichtigkeit.«
    »Eure Majestät, ich bin vierundvierzig Jahre alt. Ich bin Gärtner, kein Kapitän. Ich kann mit Blumen umgehen, nicht mit Matrosen.«
    »Unsinn. Ich würde selbst fahren, wenn ich hier entbehrlich wäre.«
    »Aber Ihr seid etwas Besonderes, Eure Majestät«, und als Bering das sagte, er selbst ein kleiner rundlicher Kerl, pausbäckig, mit schiefem Mund und Haar, das ihm in die Augen hing, meinte er es ganz ernst, denn Peter war gute vierzig Zentimeter größer als er und von einer dominierenden Ausstrahlung, an der es Bering völlig fehlte. Er war ein sturer, tüchtiger Däne, einer Bulldogge nicht unähnlich, der den hohen Rang, den er bekleidete, eher seiner unerschütterlichen Zielstrebigkeit als außergewöhnlicher Führungsqualität zu verdanken hatte. Er war das, was man gemeinhin einen alten Seebären nennt, aber wenn sich solche Männer erst einmal in irgendetwas verbissen hatten, konnten sie Enormes leisten.
    »Auf Ihre Art«, sagte Peter, »und auf eine für dieses Vorhaben ganz entscheidende sind auch Sie etwas Besonderes, Kapitän Bering.«
    »Und was habt Ihr vor?« Es war typisch für Bering, dass er das Vorhaben dem Zaren zuschrieb. Es musste Peters Idee sein, um was es sich auch handelte, und er war stolz darauf, sie auszuführen.
     
    Zhdanko verfolgte, wie sich der pummelige kleine Däne ein paar

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