Alba und Albion
sein.“
Als er mein erschrockenes Gesicht sah, lächelte er mich an.
„Keine Angst. Er bekommt dich nicht, solange ich bei dir bin und du es nicht zuläßt.“
„Ja, ich weiß.“
Mit der Seife schäumte er sich nun den sprießenden Bart ein und begann sofort, ihn abzuschaben, was ein geräuschvolles Kratzen erzeugte. Ich stand ebenfalls auf, den Bettlaken wieder um mich geschlungen und begann mit meiner Morgentoilette, die ebenfalls nur aus eiskaltem Wasser bestand.
„Brrr. Da erstarrt einem ja alles.“
Inzwischen beendete Robbie seine Rasur. Leise trat er an mich heran und gab mir einen Kuß auf die Schulter.
Zitternd vor Kälte trocknete ich mir die Haut und schlüpfte hurtig in meine Kleider, während Robbie schmunzelnd mein Mieder schnürte.
„Na, das wollen wir doch nicht hoffen.“ Er trat einen Schritt zurück und hielt mir seinen Arm hin.
„Sind Sie bereit für’s Frühstück, Madam?“
„Einen Moment noch!“
Schnell zog ich ein hübsches, dunkelgrünes Band aus meinem Mieder hervor, das mir Alisa geschenkt hatte. Ich trat hinter ihn und band seine wilde, noch feuchte Mähne zu einem anständigen Zopf zusammen.
„So. Jetzt können wir gehen!“
Lachend nahm er meinen Arm, hakte ihn bei sich unter und gemeinsam schritten wir aus dem Zimmer.
„Ach, hätte ich fast vergessen. Die sind für dich.“
Vor unserer Tür standen ordentlich nebeneinander zwei glänzend polierte Damenschnürstiefel. Mißtrauisch hob ich einen hoch.
„Die passen nie!“
„Dann ziehst du eben zwei paar Strümpfe an.“ Augenzwinkernd fügte er hinzu, „Du wirst sie brauchen.“
Mit einem dicken Kuß auf die Stirn zog er mich hinunter in die Stube.
Das Frühstück schmeckte einfach köstlich.
Obwohl es genauso üppig wie an den anderen Tagen war, so genoß ich es doppelt. Erstens war mein geliebter Mann wieder an meiner Seite und zweitens konnte ich endlich die inzwischen beengende Kammer verlassen, ohne Ängste auszustehen. Trotz der frühen Tageszeit befanden sich einige düstere Männer im Schankraum, in leisem Gespräch vor ihrem Krug vertieft. Robbie wies mir einen Tisch in der Ecke zu und ich setzte mich gehorsam. Sofort kam die dicke Wirtin schwerfällig daher gewatschelt, knallte ein volles Tablett hin, daß die heiße Milch überschwappte, doch darüber sah ich gerne hinweg, da mein Magen sich vernehmlich bemerkbar machte.
Während ich mir den Bauch vollschlug, redete Robbie an der Theke gestenreich auf den Wirt ein, der energisch den Kopf schüttelte. Ich hielt in meinem Mahl inne, in der Hoffnung, zu verstehen, um was es hier eigentlich ging. Sie steckten die Köpfe noch weiter zusammen und beider Arme fuchtelten wie wild in der Luft umher. Lächelnd widmete ich mich wieder dem Käse.
Ein Stuhl wurde geräuschvoll vom Tisch gezogen und Robbie setzte sich strahlend zu mir, die Ellbogen aufgestützt.
„Schmeckt’s?“
„Mmmm.“ Peinlich gerührt, daß er mich mit meinen vollen Backen so anstarrte, schüttete ich schnell die dampfende Milch hinterher.
„Ja. Magst du auch etwas?“ Ich schob ihm das Tablett zu, doch er winkte ab.
„Nein. Aber wenn du fertig bist, werden wir sofort aufbrechen. Ich besorge dir noch einen Umhang.“ Er neigte nachdenklich seinen Kopf zur Seite. „Ich glaube, ein Häubchen wäre auch nicht schlecht.“
Er stand auf und verschwand durch die Schanktüre. Wohlig gesättigt, lehnte ich mich zurück und sofort schlurfte die Wirtin heran und räumte geschäftig die Reste zusammen.
„Ach bitte, gute Frau. Wo ist Alisa? Ich möchte mich gerne von ihr verabschieden“, sagte ich freundlich und sah zu ihr auf.
„Is’ nich’ mehr hier. Is’ fortgelaufen“, brummte sie zurück und wischte sich mit der Hand recht unfein über die Nase.
„Was?“
„Sie is’ abgehau’n. Weiß nich’, wo se is’.“
„Wann denn?“ Ich hickste verhalten.
„Gestern abend.“ Schnaufend hob sie das Tablett und blickte auf mich herab. „Hab’s gleich geseh’n, mit der, das gibt nur Ärger.“
Mit mürrischem Gesicht ging sie zurück in ihre Küche. Während ich darüber nachdachte, warum Alisa so etwas tun sollte, sah ich mich verstohlen in der Stube um. An den stark verrußten Wänden hingen verblichene Landschaftsbilder und es standen noch einige wackelig aussehende Tische und Stühle darin. So viele Tage hatte ich nun in diesem Haus verbracht, doch erst heute konnte ich mir die Stube genauer ansehen. Da ich nun schmunzeln mußte, senkte ich den Kopf und
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