Alba und Albion
ich stehen, hielt mich mit einer Hand am Tisch fest und suchte verstohlen nach einen Fluchtweg.
Robbie blickte noch einmal zur Treppe zurück, trat ein und schob den Riegel vor.
Ich schluckte.
Langsam drehte er sich um und schritt zu mir.
Ich schluckte erneut.
Er blieb vor mir stehen, die Arme vor der Brust verschränkt, blickte aber über meinen Kopf hinweg an die Wand. Flüsternd wagte ich einen Vorstoß.
„Was hast du mit mir vor, Robbie?“
Seufzend hob er die Schultern und atmete tief ein und aus. Dann blickte er mir in meine angsterfüllten Augen.
„So kann das nicht weitergehen. Ständig machst du wegen Nichts ein solches Theater! Du bist nicht mehr in Taylorgate, wo du dich benehmen kannst, wie du willst, sondern mit mir auf der Flucht vor den Soldaten. Da geht nicht alles nur nach deinem Kopf. Und außerdem bist du meine Frau.“
Zustimmend und noch immer schluckend nickte ich.
„Das heißt auch, daß du mir zu gehorchen hast.“ Ein Widerwille breitete sich in mir aus, aber im Augenblick schien es besser, ihm jetzt ebenfalls artig zuzustimmen. Darüber konnten wir auch später reden und ich nickte erneut.
„Und deshalb -“
Er schritt zum Kamin und zog einen dünnen Ast heraus, der zum Feuermachen gedacht war und peitschte ihn leicht auf seinen Oberschenkel. An dem zischenden Geräusch konnte ich spüren, wie weh es tun würde. Dann trat er wieder auf mich zu, in seinen Augen leuchtete ein teuflisches Blitzen und ich wich entsetzt zurück.
„Robbie! Du willst mich doch nicht etwa damit schlagen!“
„Ich weiß, es wird sehr schmerzhaft sein, Liebes.“ Er lachte leise in sich hinein. „Ich kann ein Lied davon singen. Oft genug hat es mich erwischt.“
Kopfschüttelnd wischte er die Gedanken an die Kindheit weg und seine Aufmerksamkeit wandte sich wieder mir zu. „Aber du sollst es auch nicht mehr vergessen, wie du dich zu benehmen hast.“
Mit einer Kopfbewegung wies er zum Bett. „Knie dich vor das Bett und heb’ den Rock.“
Das ging mir jetzt doch zu weit! Mutig hob ich den Kopf, schob das Kinn vor und die Haube rutschte nach hinten.
„Nein. Das werde ich nicht.“ Verdammt! Tränen konnte ich jetzt nicht gebrauchen und wischte sie hastig weg. „Du schlägst mich nicht!“
„Doch, das tue ich.“
Nun meldete sich meine Kampfeslust zurück und ich fauchte ihn an.
„Wenn du das tust, dann -“
„Was ist dann? Willst du wieder nach Hause zurück? Sag es und ich bringe dich zur nächsten Poststation.“ Er schritt zur Tür und hielt sie mir auf. Damit hatte er meinen wunden Punkt erreicht. Nein, ich wollte nicht zurück. Traurig senkte ich den Kopf und die Haube rutschte wieder langsam nach vorne. Genervt riß ich sie vom Kopf und mein offenes Haar fiel herab.
„Ich will bei dir bleiben“, murmelte ich und eine einsame Träne tropfte auf meine vor der Brust gefalteten Hände. Robbie sah es, schmiß den Ast wieder an die Feuerstelle und trat rasch zu mir. Widerwillig ließ ich mich von ihm umarmen. Ich wollte es leugnen, doch es tat mir unendlich gut. Er legte seinen Kopf auf meinen Scheitel und flüsterte in meine Haare.
„Ach, Susanna. Ich vergesse immer wieder, daß du vom richtigen Leben keine Ahnung hast. Und du bist noch so jung, hast noch nie etwas Schlechtes erlebt.“
Mit einem Finger hob er mein Kinn und blickte in meine geröteten Augen. „Es tut mir leid, mo Leannan. Kannst du mir verzeihen?“
Einen Sekundenbruchteil dachte ich daran, ihm die Augen auszukratzen, doch sein sanfter Blick ließ mich schmelzen. Und er roch so gut.
„Ja, das kann ich.“
Flüsternd legten sich seine weichen Lippen auf die Meinen. „Dann hab ich ja noch mal Glück gehabt.“
Mir war, als hätte ich ihn kichern hören.
Eine unscheinbare Station …
Blackpool!
Was in meiner Phantasie die Verheißung bedeutete, entpuppte sich schlichtweg als Enttäuschung. Der Ort, wenn man diese Ansammlung von zusammengewürfelten Hütten und baufälligen Crofts so nennen konnte, sah trist und schmutzig aus. An den im Sommer sicherlich grünen Hängen erblickte ich einige gepflegte Cottages, die den begüterteren Herrschaften aus der Stadt als Sommersitz dienten und die sicherlich bei köstlichem Konfekt den erholsamen Blick auf die armen Bewohner und das Meer genossen.
Außer einigen streunenden Hunden und schmutzigen, in Lumpen gekleidete Kinder mit blassen Gesichtern schien hier nicht gerade viel los zu sein. Obwohl dieser Anblick mich erschütterte, nahm ich die Eindrücke doch
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