Alba und Albion
wirklich schrecklich albern!“
Er küßte mich auf die Nasenspitze und bot mir in gespielter Galanterie seinen Arm.
„Na, dann komm, mein holdes Weib! Vielleicht kannst dann du in Zukunft für unser leibliches Wohl sorgen!“
Lachend verschwanden wir im Dickicht der gefrorenen Äste.
„Da! Siehst du die Hasen? Einen von Ihnen werden wir fangen!“ Geduckt pirschten wir uns durch das Gestrüpp an eine Gruppe von mehreren Feldhasen heran, die ausgelassen ihre Tänze auf den gefrorenen Feldern vollführen. Noch schien ihnen nicht bewußt, wie tief über einem von ihnen das Damoklesschwert schwebte.
„Du mußt bei der Jagd immer aufpassen, woher der Wind weht. Jetzt trägt der Wind unsere Stimmen und unseren Geruch von ihnen ab. Dann bemerken sie uns nicht. Das ist unsere Chance.“
Ich hob das Gesicht und spürte eine kalte Brise, die meine Haare anhob. Trotz der leichten Trauer, daß wir einen von ihnen gleich töten würden, war ich doch enorm aufgeregt. Bisher kannte ich nur die Treibjagden in unseren Kreisen, was eigentlich nur eine Hatz war und nichts mit einer richtigen Jagd zu tun hatte. Das bemitleidenswerte Tier - ein Hase oder für die höheren Herrschaften ein Fuchs - wurde früher oder später an Herzversagen dahingerafft, um dann von den zahlreichen Hunden zerfetzt zu werden.
Leise zog Robbie den Bogen hervor und legte einen Pfeil an. Konzentriert ging er in die Knie und spannte den Bogen. Er schloß ein Auge, zielte und -
Ein eisiger Schauer strich über meinen Rücken. Auch Robbie hatte das gefährliche Knurren gehört und drehte sich langsam um, noch immer den gespannten Bogen in den Händen.
Ich atmete auf.
„Da ist unser Hund!“ Ich wollte mich erheben und zu ihm gehen, doch Robbie hielt mich am Arm zurück.
„Nein. Das ist ein anderer Wolf.“
„Quatsch! Das ist unserer!“
„Nein! Diesmal irrst du dich.“
Das Knurren wurde lauter und inzwischen ging der Wolf mit geducktem Kopf hin und her, ohne uns aus den Augen zu lassen.
„Siehst du die Augen? Seine sind beide grau. Unser Wolf hat ein graues und ein blaues Auge.“
Flüsternd trat ich langsam hinter ihn. „Bist du sicher? Das ist mir noch gar nicht aufgefallen.“
„Aye.“
Wie ich ihn so betrachtete, bemerkte ich, daß Robbie recht hatte. Die Farbe an seinem Fell schien etwas dunkler und erneut bekam ich eine Gänsehaut. Beinahe wäre ich unbedarft auf ihn zugeschritten und dann hätte er mich -
Leichte Übelkeit stieg in mir auf. Vorsichtig blickte ich über Robbies Schulter auf das Tier. Der Wolf, ein etwas magerer Geselle wie ich nun bemerkte, fixierte uns genauso, wie wir ihn. Noch immer schlich er unruhig auf und ab, fletschte die Zähne, während Robbie ihn mit dem Pfeil anvisierte. Er war die Ruhe selbst, während ich vor Angst zitterte.
Langsam spannte er den Bogen. Immer weiter und weiter zog er seinen Ellbogen nach hinten, die Sehne knarzte und genauso langsam hob er den gespannten Bogen in Augenhöhe.
Er murmelte etwas auf gälisch. Das mußte das Jagdgebet sein, das er mir vor Monaten erzählt hatte. Sogar in einem solch gefährlichen Moment schien er es nicht zu vergessen.
Doch der Wolf witterte die drohende Gefahr. Blitzschnell schoß er mit Gebell auf Robbie, stürzte ihn zu Boden, der Pfeil schoß pfeifend ins Nichts. Sofort hatte der Wolf die Oberhand und versuchte, Robbie zu packen, wo auch immer er ihn erwischen konnte. Doch Robbie schützte sich energisch mit dem Holz des Bogens.
Entsetzt stand ich da - bewegungsunfähig und nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.
Mein Gott! Robbie!
Ich tat einige Schritte zurück, bis ich etwas Festes im Rücken hatte.
Was sollte ich tun?
Wie konnte ich ihm helfen?
„Seamus!“
Ich rief, so laut ich konnte nach seinem Freund. Doch statt seines Blutsbruders schoß etwas haariges aus dem Nichts auf die beiden am Boden kämpfenden Kreaturen zu, stieß den Angreifer von Robbie herunter und zwei wild gewordene, angsteinflößende Bestien wälzten sich am Boden.
Robbie setzte sich schnell auf, außer Atem und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
„Mein Gott“, flüsterte er. Er stand hastig auf, schritt zu mir und nahm mich in den Arm, nicht, ohne auch nur einen Augenblick das graue Etwas aus Fell und Zähnen aus den Augen zu lassen.
„Los! Lauf!“
Wir rannten, als wäre der Leibhaftige hinter uns her.
„Seamus! Hier sind Wölfe!“
Gelangweilt blickte er vom Feuer auf und sah uns an. Beide waren wir außer Atem und
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