Alba und Albion
fest drückte.
„Aber eine Bitte habe ich noch“, sagte ich leise.
„Alles, was du willst, mein Herz.“
„Sag mir nicht, wenn es soweit ist.“
34
Familienzuwachs
Unsere aufgewühlten Seelen hatten sich wieder einigermaßen beruhigt und gemächlich schlenderten wir zurück auf unsere Lichtung. Die erhitzten Gesprächen mit Robbie hatten mich erschöpft. Müde und fast zufrieden ließ ich mich auf dem Boden nieder. Es störte mich nicht, daß die Nässe den Rock durchweichen würde. Mein einziger Wunsch war jetzt nur noch, etwas auszuruhen und mich dabei von der Wintersonne wärmen zu lassen. Für mich gab es jetzt sowieso nichts mehr zu tun. Dösig sah ich zu, wie Seamus mit einem Arm voll Feuerholz zurück kam, Robbie derweilen die Fasanenvögel, die nun bereits einige Zeit unbeachtet dalagen, zerlegte und Alisa sich mit dem kleinen Kessel abmühte. Suchend blickte sie in der Umgebung nach eßbarem Grünzeug, das sie dann mit einem riesigen Berg des noch verbliebenen Schnees abdeckte, um es darin zu kochen.
Es war erstaunlich. Sie fand immer etwas, wie eine schmackhafte Wurzel oder getrocknete Beeren, die noch an den Sträuchern hingen - und das trotz des Winters. Geschickt stellte sie den gefüllten Kessel auf die Flammen, ohne daß sie verloschen und setzte sich dann neben mich und aus reiner Gewohnheit umarmte ich sie und drückte sie an mich.
„Geht es dir gut, Alisa?“
„Ja, danke.”
„Ruh’ dich ein bißchen aus. Du hast es nötig.“ Sie nickte und gähnte genüßlich und auch ich schloß die Augen. Seufzend lehnte mich an einen Baumstamm mit der kleinen und zerbrechlich wirkenden Alisa in meinem Schoß. Sie wußte, wie sie mit dem Erlebten umzugehen hatte und das erstaunte mich. Seamus hatte wieder mal recht behalten. Auch wenn sie noch so klein und zierlich wirkte, war sie doch eine starke Frau. Bis auf die Träume, die sie nachts heimsuchten. Dann rutschte sie hilfesuchend zu mir und ich tat mein Bestes, um ihr die Ängste ein wenig zu nehmen. Genauso, wie es Mary immer getan hatte, schoß es mir durch den Kopf. Doch an sie wollte ich jetzt nicht denken und schüttelte den Kopf. Trotz der Gewißheit, daß sie nun kaum noch Chancen hatte, ihren Schwarm Michail zu erobern, hielt sie den Kopf hoch, biß die Zähne zusammen und versuchte, ihr Leben weiterzuleben.
Und auch ich hatte Alpträume.
Die Nacht im Stall empfand ich als genauso einschneidend, wenn es auch nicht zum Äußersten gekommen war. Doch ich hatte Robbie, der mich nicht im Stich ließ und an den ich mich anlehnen konnte, wenn es mir wieder einmal schlecht ging. Seufzend strich ich Alisa über das Haar und begann, einige Knoten daraus zu entfernen, bis die leisen Stimmen der Männer mich aufblicken ließ.
Seamus und Robbie saßen beide in der Hocke und blickten gegen den Felsen.
„Hier! Sieh doch mal, Seamus. Da ist eine kleine Höhle.“
„Na ja, eine Höhle ist vielleicht zuviel gesagt. Ist ein bißchen niedrig, findest du nicht?“ Er kratze sich am Bart. „Ob da noch was drin ist?“
Neugierig geworden, versuchte ich nun, von meinem Platz aus an ihnen vorbei zu sehen, was da nun wirklich war.
„Mal sehen.“
Mit einem langen Ast stocherte Robbie im Inneren der Höhle herum.
„Ich glaube, die ist unbewohnt.“
„Aye. Geht aber ziemlich weit in den Felsen hinein.“
Robbie nickte. „Zur Not könnte man hinein kriechen. Und wenn es zwei sind, die haben auch nebeneinander Platz.“
Er setzte sich auf die Fersen und grinste seinen Kamerad an.
„Nur mit den Umdrehen wird es etwas schwierig. Und mit einem solchen Bauchumfang -“
Er stupste seinen Freund in die Seite und sie balgten sich scherzhaft.
Ich lächelte. Sie waren zwar erwachsene Männer, hatten aber trotzdem nichts von ihrer jugendlichen Spontanität eingebüßt. Ausgelassen schäkerten sie herum, griffen sich dann ihre Dolche und begannen zum Schein zu kämpfen. Dies diente nur zu Übungszwecken und ich lehnte ich mich wieder gegen den Baum und sah ihnen schläfrig bei ihrem Gehabe zu.
Langsam umkreisten sich, nur noch getrennt vom Lagerfeuer und blickten sich gegenseitig fest in die Augen. Frech tänzelte Robbie vor Seamus’ Nase hin und her, versuchte, ihn über das Feuer hinweg an den - inzwischen wieder zu Zöpfen geflochtenen - Haaren zu zupfen, was ihm aber nicht gelang.
„Na komm schon, Dicker! Oder hast du die Hosen voll?“
Seamus grinste dämonisch. „Nenn’ mich nicht Dicker, du Zwerg. Gleich wirst du sehen, wer hier die
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