Alba und Albion
Hosen voll hat!“
„Aye, Dicker!“
Sie kicherten beide um die Wette, ließen sich aber nicht aus den Augen. Robbie machte einen Ausfall, dem Seamus trotz seiner Masse geschmeidig entging. Wäre er stehengeblieben, so würde der Dolch jetzt in seiner Leber stecken, dachte ich leicht entsetzt. Es war doch ein kleiner Rest von Ernsthaftigkeit vorhanden und meine Müdigkeit verschwand schlagartig.
„Robbie, mach’ nicht so einen Unsinn. Wenn was passiert, dann -“
„Keine Angst, mein Schatz.“
Noch immer hatte er nur Augen für sein Gegenüber, zwinkerte mir aber schelmisch zu. „Er würde mir nie etwas antun.“
Ratsch!
Seamus nutzte die Sekunde, in der Robbie abgelenkt schien und riß ihm mit dem Messer den Hemdsärmel auf.
Entsetzt zog ich die Luft ein. Etwas Blut rann langsam an seinem Muskeln herab und überrascht sah Robbie erst auf seinen Arm, dann zu seinem Gegenüber.
„Hey! Von Kaputtmachen hat aber keiner was gesagt!“ Genüßlich legte Robbie nach. „Dicker!“
„Nenn’ mich nicht Dicker und dein Gewand bleibt heil.“
„Aye.“ Frech lachte er seinem Freund ins Gesicht und hielt ihn weiterhin unablässig im Visier. „Dicker!“
Nun wurde Seamus doch etwas zornig und er versuchte immer öfter, an Robbie heran zu kommen. Vor meinem geistigen Auge sah ich meinen Liebsten am Boden liegend, blutüberströmt mit einem Dolch in der Brust und einen entnervten Seamus über ihm.
„So hört doch endlich auf!“ Meine Worte verhallten allerdings ungehört.
„Ich habe dich gewarnt. Nenn-mich-nicht-Dicker!“
Einen Augenblick hatte Robbie nicht aufgepaßt und der Scheinkampf war zu Ende. Sein Dolch flog durch die Luft und Robbie lag nun tatsächlich auf dem Rücken, einen stämmigen Seamus auf seiner Brust und einer Klinge an seinem Hals.
„Jetzt bist du tot“, brummte er.
Entsetzt schob ich die schlafende Alisa von mir und stand auf und zog aufgebracht an dem roten Zopf von Seamus.
„Jetzt ist aber genug. Seamus! Robbie! Ihr benehmt euch, wie -, wie -“ Mir fehlte das richtige Wort.
Beide Männer blickten mich grinsend an und riefen wie aus einem Mund: „Barbaren!“
Dann brachen sie in schallendes Gelächter aus, wischten sich die Augen und hielten sich den Bauch, während ich unschlüssig dastand. Etwas grimmig kehrte ich zu meinem Platz zurück.
„Ihr seid manchmal richtige Kindsköpfe!“, rief ich ihnen zu. „Wie alt seid ihr eigentlich? Fünf?“
Sie sahen sich an, mit roten Gesichtern, tränennassen Augen und ihr Gelächter begann von neuem. Entnervt blickte ich gen Himmel und rang meine Hände in gespielter Verzweiflung.
„Oh Herrgott! Erlöse mich von diesen albernen Mannsbildern! Bevor sie in den Genuß kommen, gegen echte Feinden zu kämpfen, schlitzen sie sich vorher gegenseitig die Bäuche auf!“
„Sei nicht so hart mit uns, mo Leannan!“ Robbie grinste noch immer. „Aber das Leben ist ernst genug. Außerdem“, er zog seinen Freund zu sich und legte den Arm um seine Schultern, „wie gesagt, er würde mir nie etwas antun!“
„Aye!“
„Dicker!“
Robbie gab Fersengeld, um der Rache von Seamus zu entkommen. Ich blickte ihnen lächelnd nach, während sie sich laut tobend durch die Bäume jagten.
„Oh Gott! Ich danke dir für diesen Mann.“ Diesmal kam mein Gebet aus tiefsten Herzen und ich fragte mich, wie ich die ganzen Jahre ohne ihn überleben konnte.
„Darf ich dich begleiten?“
„Wenn du magst. Du mußt aber mucksmäuschenstill sein.“
„Ist gut.“
Geschäftig suchte Robbie die Sachen zusammen, die er für die Jagd für nötig hielt. Das bestand aus seinem Messer, das wir nur unter enormen Schwierigkeiten im dichten Gestrüpp wieder fanden, zwei kleinen Fallen, die Seamus stets mit sich führte, ein leichter Bogen mit drei bereits mehrfach verwendeten Pfeilen und ein Sack für die Beute. Neugierig sah ich ihm zu.
„Warum nimmst du nicht die Pistole? Das ist doch einfacher, als mit diesen Dingen.“
„Was meinst du, wie schnell wir dann von Soldaten oder, schlimmer noch, von einigen wilden Campbells umzingelt sind.“
Verstohlen sah ich mich um und fröstelte. „Ist das so gefährlich hier?“
„Aye.“
Als er mein ängstliches Gesicht sah, stand er lachend auf. „Keine Angst. Uns passiert schon nichts. Wir sind bewaffnet, bis an die Zähne!“
Mit diesen Worten nahm er das Messer quer zwischen die Zähne und blickte grimmig hin und her, bis ich ebenfalls lachte.
„Jetzt sei doch endlich wieder ernst. Du bist heute
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