Alba und Albion
etwas wie Erleichterung beim Anblick der hohen Mauern, die nun vor uns aufragten. Die Zivilisation ließ grüßen!
Mit leisem Stöhnen ließ ich mich auf einen behauenen Felsblock nieder, der ein paar Meter vor dem riesigen Holztor stand und zog Alisa auch gleich an meine Seite, während sich Robbie und Seamus sofort beschützend vor uns aufbauten.
„Hoffentlich können wir jetzt ein bißchen länger ausruhen. Ich weiß nicht, ob ich morgen noch aufstehen kann.“
Müde rieb ich mir das Genick, drückte den Rücken durch und schüttelte die verkrampften Beine aus. Meine Füße schmerzten und trotz der Kälte zog ich die Schuhe aus und massierte meine Zehen, während ich mir das Gebäude näher ansah.
Die Burg schien gut befestigt, mit hohen Mauern, in deren Mitte der beiden steinernen Türmen ein nun geöffnetes, wuchtiges Einlaßtor nach innen führte. Über dem Torbogen blickte ein steinernes gequältes Gesicht herab, umrahmt von allerlei Obst und exotischen Früchten.
Bei diesem Anblick mußte ich lächeln. Anscheinend war dem Künstler Obst einst schlecht bekommen. Ich flüsterte Alisa das ins Ohr und wir kicherten leise, was uns einen finsteren Blick von Robbie und Seamus einhandelte. Sofort setzten wir wieder eine ernstere Miene auf und ich sah mich weiter um.
Neben dem Torbogen befand sich ein kupfernes, schon leicht grünliches Wappenschild. Es stellte einen Eber mit riesigen Hauern dar, der mit einem Fuß auf einem kleinen Kaninchen stand, eingerahmt von der Inschrift. Cumhachd gach ni.
Was das wohl heißen mochte? Ich mußte es unbedingt wissen und zupfte Robbie am Ärmel.
„Sieh doch mal, da oben. Ob das ein schlechtes Omen ist?”
Sein noch immer düsteres Gesicht hellte sich etwas auf, als er meinem Blick folgte.
„Nein. Sie werden uns nichts tun. Auch wenn im Moment wir die Kaninchen sind.“
Schnell drehte er sich mit einem barschen Ton zu einem der bewaffneten Schotten um.
„Hej, du da! Wo sind wir eigentlich?“
„Ihr seid im Hause unseres Chiefs vom Clan Campbell. Castle Moraigh.“
„ Gonagh!“
Seamus blickte zu Robbie und flüsterte ihm etwas ins Ohr, was ich nicht verstand. Die Köpfe nun zusammengesteckt, raunten sie sich mit ernsten Gesichtern immer wieder etwas zu, warfen erst den Bewachern, dann dem Gemäuer verhaßte Blicke zu.
„Was ist denn los?“
Robbie schob mich ein wenig zur Seite und setzte sich neben mich. Leise begann er zu sprechen, ohne die Entführer aus den Augen zu lassen.
„Na ja, ich weiß auch nicht so recht. Ich weiß nur, was mir mein Vater von dieser Sippe erzählt hat. Sie sind im Clinch mit unserem Clan und das schon seit einer Ewigkeit. Der Clan Campbell hat mehrere Castles. Aber das hier ist das gefürchtete Moraigh. Es wir schwierig werden, hier wieder heraus zu kommen.“
Bei diesen Worten fuhr er sich mit beiden Händen durch die Haare und schimpfte weiter leise in seiner Sprache, die ich nicht verstand, aber dem Teint von Alisa und dem Gelächter der Umstehenden zufolge konnte ich entnehmen, daß es nicht für zarte Damenohren bestimmt war.
Drei der wilden Clansmänner standen lässig im Innenhof mit einigen Anwohnern beisammen und begrüßten sich lachend. Eine junge Frau, die einen schweren Holzeimer in den Hof trug, ließ ihnplötzlich fallen, stürmte auf die Männer zu und küßte einen von ihnen stürmisch, was die Anderen mit einem lauten Gewieher und Schulterklopfen bedachten. Trotz der unguten Situation mußte ich schmunzeln.
Und als wollte Robbie unsere Begleiter provozieren, begann er zu pfeifen. Böse Blicke schossen zu uns herüber, was ihn aber nur noch mehr anstachelte. Stur blickte er in deren Richtung, bis sich einer von ihnen tatsächlich persönlich belästigt zu fühlen schien. Energisch schritt er auf uns zu und zog mich grob mit einem unwirschen „Weiter!“ am Arm nach oben, was Robbie mit noch gröberen Rippenstoß quittierte.
„Finger weg von meiner Frau, du stinkendes Tier!“
„Hehe! Benimm’ dich gefälligst! Deine - Sassenach wird schon nicht gleich auseinander fallen, verdammter Donald!“
Der Schotte, von dem ich mitbekommen hatte, daß er Nicleoid hieß, zog sofort seinen Dolch und legte ihn Robbie an den Hals. Vor Schreck schrie ich leise. Unwillkürlich klammerte ich mich an Alisa, die mich geistesgegenwärtig ohne zu zögern aus der Gefahrenzone zog.
Doch Robbie blickte nur gelangweilt von oben auf Nicleoid herab und in solch brenzligen Situationen fand er es praktisch, größer als der
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