Alba und Albion
bist du mit dem Gebet dran.“
Das überraschte mich. Ich wußte nicht, daß in Schottland überhaupt jemand ein kirchliches Gebet kannte. Doch da Robbie ebenfalls die Hände faltete und den Kopf senkte, tat ich es ihm gleich. Während der Junge seinen Spruch ohne Begeisterung herunterleierte, sah ich mir die drei Rabauken näher an. Es waren drei bildhübsche Jungen. Der Knabe, der auf den Namen Callum hörte, war ein äußerst hübscher Kerl. Fast hüftlange rote Haare, wie ich sie noch nie gesehen hatte und zu einem Zopf im Nacken geflochten, bekleidet mit einem schmucken Leinenhemd und einem noch schmuckeren Kilt, wenn man von den Schmutzflecken auf der Kleidung und im Gesicht einmal absah.
Der lockige Blondschopf, der zu seiner Linken saß, mußte Sinclair sein. Sein mädchenhaftes Gesichtchen verlieh ihm eine Sanftheit, die allerdings auch auf sein zartes Alter zurückzuführen sein konnte. Ich schätzte ihn auf etwa drei oder vier Jahre, doch fiel mir auf, daß auch er den Sghiann Dubh im Strumpf trug. Er blickte kurz auf und lächelte mich verschämt an und ich erwiderte sein Lächeln.
Dann gab es da noch den Letzten im Bunde. Feoragh, anscheinend auch der Wildeste. Ständig ärgerte er seine Brüder, vor allem den Jüngsten. Der schien das alles schon gewohnt zu sein und ließ es schweigend über sich ergehen, wenn sein Bruder ihn an einer Locke zog oder ihm den Arm verdrehte.
Böse blickte ich zu der Frau. Konnte sie das denn nicht verhindern! Sie sah es, wandte sich sofort zu Feoragh und zog ihn am Haar. „Laß das! Und jetzt gebt endlich Ruhe! Wir haben Gäste!“
Neugierig starrten sie uns nun an, brav die Arme im Schoß gefaltet und mit großen Augen.
„Aye. So ist es, Maisi. Wir haben Gäste.“
Wieder wies Campbell auf die Fülle des Tisches und brummte uns an. „Greift zu. In meinem Haus ist es nicht üblich, bedient zu werden.“
Er griff sich einen der zahlreichen gebratenen Fasane und brach ihn mit roher Gewalt auseinander, legte es auf eines der runden Holzbretter und schob es den Kindern zu, die sich sofort jeder ihren Anteil nahmen, während Maisi sie mit den restlichen Köstlichkeit versorgte. Endlich kehrte eine gefräßige Ruhe ein, wie ich belustigt feststellte.
Robbie nahm ohne Scham, nach was es ihm gerade gelüstete, während ich geziert an einer Hasenkeule nagte, mit der er meinen Teller gefüllt hatte. Hatte er etwa vergessen, was wir fast tagtäglich auf unserer Reise verzehrten?
Aber mir war der Appetit inzwischen sowieso vergangen. Stattdessen brannten einige Fragen in mir.
„Wo sind unsere Gefährten?“
Campbell ließ sich in seinem Mahl nicht unterbrechen und stopfte sich ein weiteres Stück des Vogels in den Mund.
„In ihrer Kammer, nehme ich an. Da, wo Sie auch sein sollten.“
„Nun“, entgegnete ich schnippisch, „jetzt bin ich hier und ich habe nicht die Absicht, auch nur ein Wort von dem zu versäumen, das sie mit meinem Mann wechseln werden.“
Eisig blickte er mich an, was ich mit meinem schönsten Lächeln quittierte. „MacDonald, spricht sie gälisch?“
„Nein.“
„Gut.“ Er seufzte erleichtert. „MacDonald, deine Frau ist gefährlich.“
Robbie hielt kurz inne und sah mich grinsend von der Seite an.
„Es kommt darauf an, in welcher Hinsicht, Campbell. Und wenn Sie vorhaben, mit mir gälisch zu reden, während meine Gattin neben mir sitzt, so werde ich nicht antworten.“
„Wie Sie meinen.“
Campbell wischte sich rüpelhaft den Mund. „Ich habe gehört, sie ist eine Ban-Shee“, entgegnete er mit dämonischem Grinsen.
Ich sei was? Neugierig blickte ich auf und hoffte, daß Robbie mich aufklären würde.
„Nein, das ist sie natürlich nicht. Das habe ich nur gesagt, damit man uns in Ruhe läßt“, antwortete Robbie gelassen.
Interessiert blickte mich Campbell an, trank seinen Kelch leer und wischte sich nun den Mund mit einem Lappen, der neben seinem Teller lag.
„Eine Ban-Shee in unseren Reihen kann allerdings auch von Nutzen sein. Kannst du wahrsagen?“
„Was?“ Überrascht von seiner Frage, verschluckte ich mich auf’s Heftigste. Robbie klopfte mir grinsend auf den Rücken, bis ich mich beruhigte. Schnell nahm ich meinen Kelch und leerte ihn ebenfalls in einem Zuge.
„Was soll ich können? Wahrsagen? Natürlich nicht!“ Ungläubig schüttelte ich den Kopf. „Wer hat denn so was behauptet?“
Und schon wandte sich mein Kopf in Richtung Robbie, der sich nun ebenfalls nach hinten lehnte und mit dem Stuhl
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