Alba und Albion
mir aus den Augen, MacDonald, und nimm dein vorlautes Weib mit. Wir werden uns morgen weiter unterhalten! Dann aber allein!“
Schläfrig blinzelte ich aus dem Fenster, hinaus in die einladende und weitläufige Gartenanlage, die sich auf der Rückseite des Castles befand und atmete tief die erfrischende Nachtluft ein. Schließlich schloß ich es wieder und drehte mich um.
„Was willst du nun tun?“
Robbie saß mit verschränkten Armen und grimmigem Blick vor dem Kamin, die Beine weit von sich gestreckt und blickte nicht auf, als er antwortete.
„Nichts.“
„Wie - nichts?“
„Wir warten ab.“
„Daß er uns morgen ausliefert?“
„Das wird er nicht tun. Er braucht mich und hab keine Angst. Er liefert uns nicht aus. Nicht solange ich noch am Leben bin.“
Mich fröstelte bei diesem Gedanken und unwillkürlich zog ich mein Nachthemd enger. „Denkst du, er tut uns etwas an?“
„Kann sein. Er ist bekannt für seine Rücksichtslosigkeit.“
Ich schluckte. „Ach ja? Das sind ja tolle Aussichten.“
„Mmm.“
Leise trat ich hinter ihn und berührte ihn sanft an seinen Schultern, worauf er mir beruhigend die Hand tätschelte.
„Brauchst keine Angst haben.“
„Und ich habe immer gedacht, ihr haltet alle ganz fest zusammen.“
„Hier geht es um Macht, Liebes. Es ist nicht anders als bei euch.“
„Schade. Denn was ich bisher von deiner Heimat gesehen habe, hat mir sehr gut gefallen.“
Erfreut blickte er zu mir hoch. „Wirklich?“
Ich umarmte ihn und legte mein Kinn auf seine Schulter. „Ja.“
„Kannst du dir vorstellen, in einem solch rauhem Land zu leben, mit solch rauhen Gesellen, wie ich einer bin?“
„Wenn alle so nett sind wie du, habe ich keine Bedenken.“
Gemeinsam starrten wir schläfrig in die Flammen, hörten dem beruhigenden Knistern und Knacken des Feuers zu, während er langsam mit seiner Wange über meinen Arm strich. Minutenlang hing jeder seinen eigenen Gedanken nach.
Schließlich gähnte Robbie geräuschvoll und holte mich ins diesseits zurück. Sofort durchbrach ich die Stille.
„Weshalb seid ihr eigentlich keine Freunde?“
Es sollte heiter klingen, doch in Robbies Stimme hörte ich Bitterkeit mitschwingen.
„Ach, Susanna.“ Er seufzte. „Das ist eine lange Geschichte.“
„Dann erzähl’ sie mir.“ Aufmunternd drückte ich ihn fester.
„Aye. Wenn du meinst.“ Er streckte sich. „Es ist eigentlich noch gar nicht so lange her, als es passierte.“
Es hatte mit seinem Vater zu tun, wie ich richtig vermutete. Einst umschwirrten eine Menge junger Männer eine ebenfalls junge Frau namens Moya, die später Robbies Mutter sein würde. Sie schien sehr wählerisch zu sein. Viele gaben bereits nach ein paar Wochen ihr Werben um sie auf, andere hingegen klebten regelrecht an ihr.
„Weißt du, sie war ein wunderschönes bezauberndes Mädchen und gebildet, was man von vielen ihrer Anwärter eben nicht behaupten konnte. Mit nur einem Satz konnte sie die Männer bloßstellen.“ Er kicherte. „Vater hat mir oft erzählt, wie schnell die jungen Burschen reißaus nahmen, nachdem sie vor gesammelter Mannschaft von dieser jungen Dame nieder gemacht wurden.“
Während er erzählte, setzte ich mich zu seinen Füßen vor den Kamin und legte meinen Kopf auf seine Knie. Mit großen Augen blickte ich nach oben in sein ebenfalls gut geschnittenes Gesicht.
„Du mußt viel von deiner Mutter haben.“
„Wie kommst du darauf?“
„Weil du auch wunderschön bist.“
„Pah! Wunderschön sind die Frauen, das holde Geschlecht. Nicht die Männer. Die sind -“ Er suchte nach dem richtigen Wort. „Männlich eben!“
Ich lachte, in das er gerne einstimmte.
„Wie geht es weiter? Wie haben sich deine Eltern näher kennengelernt?“
„Aye. Also, das passierte so …“
Robbie machte ein konzentriertes Gesicht, um auch jede Einzelheit wieder hervor zu rufen. Dann hellte sich sein ernster Ausdruck auf.
„Es passierte bei einem Gartenfest.“
„Bei euch gibt es Gartenfeste?“
Ungläubig starrte ich ihn an und er stupste mich an der Nasenspitze.
„Aber ja doch! Vielleicht nicht so vornehm, wie bei euch, aber wir verstehen es auch zu feiern.“
„Wie gesagt, es passierte auf einem der Gartenfeste im Mai siebzehnhundertneunzehn. Mein Vater hat immer betont, daß es eine äußerst laue Frühsommernacht war, in der die Glühwürmchen in den Büschen tanzten. Und er bekam stets, was er sich in den Kopf gesetzt hatte.“
Ich seufzte. „Wie romantisch!
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