Alba und Albion
Dein Vater wird mir doch noch sympathisch.“
Robbie lächelte. „Er war ein guter Mensch. Aber er war auch der Chief. Da konnte er sich keine großen Gefühle leisten. Nur im engsten Familienkreis empfand ich ihn als überaus liebevollen Vater.“ Er sah mich mit einem schiefen Lächeln an. „Ob du es glaubst oder nicht. Er war es.“
„Du hast ihn geliebt?”, flüsterte ich.
„Aye. Geliebt und bewundert.“ Seine Stimme klang rauh. „Ich werde nie so sein wie er.“
Beklommen zupfte ich am Stoff seiner Kniehose. Sein Heimweh erfüllte den Raum, er war sentimental und ich fand es besser, das Gespräch wieder zurück auf die Geschichte seiner Mutter zu bringen.
„Was hat deine Mutter getan, als dein Vater einfach nicht aufgeben wollte?“
Sein Gesicht hellte sich unwillkürlich auf und er lachte. „Sie hat ihm eine gescheuert!“
„Oh mein Gott!“
„Er hatte es mit seiner Überredungsgabe geschafft, sie in den Garten zu locken und ging freiwillig mit ihm spazieren. Und als er sie küssen wollte, hat sie wohl ausgeholt.“
„Das war aber auch wirklich sehr dreist von ihm!“
„Vater sagte immer, sie wollte es auch, zuerst vielleicht nicht, aber dann schon.“
„Das kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich kenne da auch einen, der einfach keine Ruhe gab.“
Er grinste mich frech an. „Beharrlichkeit macht sich eben bezahlt.“
„Ich würde eher sagen: wie der Vater, so der Sohn! Oder: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm oder -“
Schnell beugte er sich zu mir herunter und verschloß meinen Mund mit einem leichten Kuß.
„Willst du nun wissen, wie’s weitergeht?“
Lächelnd nickte ich, zog ihn aber vorher zu mir auf den Boden herab. Er setzte sich hinter mich und nahm mich in die Arme. Wie ich Abende vor einem knisternden Kamin liebte! Seinen Atem spürte ich ganz nah an meiner Seite und er sprach leise in mein Ohr.
„Nach ein paar Tagen sprach Vater offiziell bei den Eltern von Mutter vor. Und er hatte sie von Anfang an begeistert. Er war ja auch ein schneidiger Mann. Groß, gepflegt, ebenfalls gebildet, ein hervorragender Kämpfer, was er siebzehnhundertfünfzehn bewies. Und er war reich! Doch da gab es auch noch den anderen Anwärter. Campbell.“
Entsetzt sog ich die Luft ein. „Ich habe es geahnt!“
„Aye. Von Anfang an konnten sie sich nicht leiden. Rivalen eben. Beide liebten die gleiche Frau, doch nur einer konnte sie haben.“ Robbie seufzte. „Also machte Campbell das, was er am Besten konnte. Intrigieren.“
„Entsetzlich!“
„Stimmt. Bleib mal sitzen, ich bin gleich wieder da.“
Schnell erhob er sich, holte die Karaffe Wein und die beiden Gläser, die noch unbenützt auf dem Tischchen standen. Er setzte sich wieder im Schneidersitz hinter mich und ich hörte das köstliche Plätschern des Weines, als er einschenkte. Dankbar nahm ich mein Glas in Empfang.
„Das kostet einen Kuß, Madam.“
Auf diese Weise bezahlte ich bei ihm am Liebsten. Doch ich wollte auch die Geschichte hören.
„Erzähl’ weiter.“
„Campbell war schon immer ein schlechter Verlierer. Er verbreitete das Gerücht, mein Vater sei ein Verräter. Er würde mit den Engländern gemeinsame Sache machen und dafür enorme Gelder kassieren. Das hat natürlich nicht gestimmt, doch die einfachen Leute vom Land glauben einfach alles, was man ihnen an Märchen erzählt. Mit einem solchen Gerücht kommt sofort der gesamte Clan und seine Angehörigen in Verruf, was wiederum Kriege schüren kann. Ein Teufelskreis.“
Kopfschüttelnd blickte er ins Feuer.
„Mutters Eltern wußten zuerst nicht, was sie davon halten sollten, denn Vater wäre eine so gute Partie gewesen und Mutter hatte sich inzwischen ernsthaft in ihn verliebt.“
„Hat Campbell denn nicht so viel besessen?“
„Nein, nicht zu dieser Zeit. Das, was er heute hat, hat er sich ergaunert, hat gestohlen und einige seiner Rivalen sind plötzlich verstorben oder auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Und seltsamerweise fiel stets der Grund und Boden an ihn. Ich sage dir doch, nimm’ dich in Acht vor ihn.“
„Na dann, zum Wohl.“
Während ich mir anscheinend unbewußt Mut antrank, kippte Robbie sein Glas lachend hinunter.
„Doch Mutter hatte genauso viel Kampfgeist wie Vater. Von Anfang an hat sie kein Wort davon geglaubt. Wie gesagt, sie war ein schlaues Mädel und durchschaute Campbells Ränkespiel recht schnell. Als sie ihn zur Rede stellte, gab er alles zu.“
Er grinste. „Was ihm wiederum ebenfalls eine Ohrfeige einbrachte.
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