Alba und Albion
habe ich nicht.“
Ich lachte bitter. „Das ist mehr als genug.“
„Aye. Aber ich kann es hier nicht eigenmächtig entscheiden. Es geht ja auch um das Leben von anderen Menschen, vielen verschiedenen Schicksalen. Und die wollen auch zuerst gefragt werden, für wen sie sterben sollen.“
„Du bist doch ihr Chief.“
„Aber nicht ihr Gott.“
„Ich verstehe.“
Robbie sah mich erfreut an. „Wirklich?“
„Ja.“
Er stand auf, klopfte seine Kleidung ab und half auch mir wieder auf die Beine. Sanft legte er meine Hand in seine Armbeuge und langsam schritten wir die letztem Meter des Hügels empor. Oben angekommen, sahen wir uns um. Von hier aus hatten wir einen schönen Ausblick auf Castle Moraigh und in einiger Entfernung sahen wir das Dorf, in dem Alisa heute Abend ihr Glück versuchen sollte. Wie sehr ich sie beneidete um diese Abwechslung!
Robbies Gedanken gingen aber in eine ganz andere Richtung.
„Sag mir, was ich tun soll, mein Herz. Ich bin so im Zwiespalt. Auch ich wünsche mir einen Stuart auf unserem Thron und ich wäre bereit, das Äußerste dafür zu tun - ja, sogar mein Leben gäbe ich dafür her, wenn ich wüßte, daß die Meinen ein besseres Dasein zu erwarten haben. Aber zum Anderen …“ Er seufzte erneut und das aus tiefstem Herzen.
„Viele der jakobitischen Anhänger haben nur ein großes Mundwerk. Sie trinken im Geheimen auf die Stuarts, zahlen hohe Summen in den Topf, doch wenn es darum geht, Männer und Land zur Verfügung zu stellen, ziehen sie sich zurück und lassen noch mehr Gold und Silberlinge springen. Man kann sich eben auf die Meisten nicht verlassen.“
„Aber ihr könnt mit dem Gold doch Waffen und das, was man so braucht, kaufen.“ Meine Naivität war wieder mal nicht zu übertreffen.
„Das stimmt. Aber was bringt der Fehdehandschuh, wenn niemand zum Kämpfen kommt?“
Ich kicherte, verstummte aber sofort wieder, als ich Robbies ernstes, konzentriertes Gesicht sah. Schweigend schritten wir eine Zeitlang auf und ab, das Knirschen des gefrorenen, schneebedeckten Laubes unter unseren Schuhen.
„Sollte es wirklich zum Kampf kommen und die Engländer Stellung beziehen, so sollten wir doch jetzt schon ungefähr wissen, wie viel Mann auf unserer Seite stehen. Sicher, man könnte auch noch Mannen aus Irland anwerben. Aber auch das ist zu ungewiß.“
Abrupt hielt er an, drehte mich zu sich und erschrocken blickte ich zu ihm auf.
„Möchtest du für jemanden sterben, mit dem du im Endeffekt nichts zu tun hast?“
Ich schüttelte den Kopf und schwieg.
„Und Campbell?”, fragte ich schließlich.
„Er gibt alles, was er hat.“
„Kennt er denn diesen, äh, Prince Charles, so gut, daß er alles auf eine Karte setzt?“
„Er erzählte mir gestern, einer der Abgesandten - na, du weißt schon, die hier alles in die Wege geleitet haben - sei mit dem Prince sehr gut befreundet. Derzeit hält er sich in Paris auf. Dieser Freund berichtete auch, daß der Prince versucht, die Unterstützung von Louis zu bekommen. Was wiederum heißt: Gold. Schlußendlich geht es auch hier nur um Gold.“
Er lachte bitter. „Und das Kuriose ist, zu dem König von England - euerem König - den Charlie angreifen will, ist er verwandt, zwar entfernt, aber immerhin.“
„Nein!“
„Unfaßbar, nicht wahr?“
Langsam schritten wir weiter voran. Eine eisige Brise zog um uns herum und fröstelnd zog ich meinen Umhang enger, während Robbie die Kälte nichts auszumachen schien.
„Irgendwie scheinen sie alle über tausend Ecken miteinander verwandt zu sein. Auch die Eheleute. Da bleibt der Reichtum eben in der Familie.“
Ich lächelte, doch dann fiel mir etwas Wichtiges ein.
„Wo ist eigentlich Seamus? Ich habe ihn seit unser Ankunft nicht mehr gesehen. Hat er sich auch verliebt und macht sich deshalb so rar?“
Robbie sah mißbilligend auf mich herab.
„Erstens ist er verheiratet, glücklich verheiratet, und zweitens würde er es nicht gutheißen, wenn er hören würde, wie du von ihm redest.“
Verschämt senkte ich den Kopf und beschäftigte mich mit den Falten meines dunkelgrünen Wollrockes. „Du redest schon genauso, wie er. Dabei weißt du ganz genau, wie ich es gemeint habe.“
„Aye.“
Fragend blickte ich ihn an. „Und? Wo ist unser Held?“
„Er ist auf dem Weg nach Armadale. Er überbringt das Schreiben mit der Forderung in Begleitung von Campbells Eskorte.“
„Über unser Lösegeld?“
„Genau, mein Schatz. Und du solltest unserem Seamus etwas mehr
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