Alba und Albion
geht nicht, Junge.“
„Warum denn nicht?“
„Sei nicht so neugierig, sonst setzt’s was!“
Der Knabe überhörte Robbies Zurechtweisung und überlegte kurz, dann hellte sich seine Miene auf.
„Warten Sie einen Moment. Ich weiß, wo der Schlüssel ist. Ich hole ihn!“
Ohne auf Antwort zu warten, schmiß er seine Ladung scheppernd zu Boden, flitzte um die Ecke und kam nach ein paar Augenblicken tatsächlich mit dem Schlüssel zurück. Stolz entriegelte er die Tür und mir fiel auf, daß er eine rote Wange hatte.
Amüsiert betrachtete ich den Jungen. „Hast du den Schlüssel etwa geklaut?“
Er grinste mich frech an.
„Aye, das hab ich. Dafür hab ich von der Köchin auch eine Schelle bekommen. Aber das ist schon in Ordnung.“
„Ist sie denn jetzt nicht hinter dir her?“
„Die Alte? Nein. Die kann heute für keine Sekunde ihre Stellung verlassen.“ Er rieb sich die Wange, grinste aber. „Glück für mich.”
Robbie hatte inzwischen seine Taschen durchsucht, ob er etwas Geeignetes fand, um es dem Jungen für seine Heldentat zu schenken, fand aber nichts. Also drückte er dem Jungen die Schulter.
„Das war sehr mutig von dir. Komm heute vor dem Abenddinner in unsere Kammer, dann werde ich dich dafür entlohnen.“
Er hob den Zeigefinger und machte ein strenges Gesicht, daß ich fast losgelacht hätte, riß mich aber zusammen und blickte ebenfalls ernst.
„Unter der einen Bedingung. Du sagst Keinem ein Sterbenswort davon, daß wir hier draußen sind. Alles klar?“
„Aye, Sir. Sie können sich auf mich verlassen.” Er salutierte vor Robbie, dessen Mundwinkel gefährlich zuckten.
„Gut. Dann wieder Marsch an deine Arbeit. Und vergiß nicht, hinter uns abzusperren.“
„Aye!“
Schnell schlüpften wir hinaus in die erfrischende Kälte und ein schwerer Riegel wurde hinter uns vorgeschoben. Hand in Hand rannten wir über die schneebedeckte Wiese bis zur Mauer. Dort versteckten wir uns hinter einem der zahlreichen, blattlosen Büsche und hielten uns vor Lachen die Bäuche.
„Hier ist ein Loch in der Mauer.“ Vorsichtig blickte er hindurch.
„Komm. Ich glaube, wir können hier durchschlüpfen.“
„Aber wir dürfen das Gelände nicht verlassen.“
„Er hat gesagt, keine Ausritte. Von Wanderungen war keine Rede, außerdem hat er mir nichts zu befehlen.“
Wir drückten uns hindurch und ein überwältigendes Freiheitsgefühl packte mich. Ungestüm zog ich Robbie hinter mir her und gemeinsam rannten wir ein Stück in den Wald und den kleinen Hügel hinauf, der in einigen Metern vor uns aufragte.
Doch nach ein paar Metern waren wir außer Puste und ließen uns trotz der Kälte und dem Schnee auf den Boden nieder.
„Was für eine Ruhe.“
Robbies senkte die Stimme. Und tatsächlich, eine unwirkliche Stille umgab uns. Vereinzelt hörten wir Vögel zwitschern und ein Rabe krächzte. Sonst nichts.
„Sieh doch mal! Da drüben auf dem Baum!“
Ich blickte Robbie kopfschüttelnd an. „An welchem Baum? Wir sind im Wald, falls du das noch nicht bemerkt hast. Hier gibt es Hunderte“, kicherte ich. Er grinste und zog mich an seine Seite. Mit der rechten Hand zeigte er auf einen bestimmten Stamm.
„Es ist die einzige Eiche, die du hier siehst.“
Als ich keine Antwort gab und er meinen noch immer suchenden Blick erfaßte, zog er mich noch enger zu sich. Dann konnte ich sie sehen!
Zwei dunkelbraune Eichhörnchen tanzten den Stamm auf und ab und rundherum. Sie klammerten sich mit allen Vieren am Baum fest, rannten leichtfüßig nach oben und an der Rückseite wieder nach unten. Ein Drittes kam dazu und der Tanz weitete sich aus.
„Schade.“
„Was denn, Robbie?“
„Bei den Tieren ist es auch nicht anders. Sogar die Eichhörnchen kämpfen um ihr Revier.“
„Eichhörnchen?“, fragte ich belustigt. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“
„Campbell wollte meine Haltung zu Prince Charles wissen.“
„Diesem Aufwiegler im Exil?“
Er lachte. „Aye. Dieser Aufwiegler. Aber auch unser König, wenn das Vorhaben gelingt.“ Seufzend fuhr er fort. „Campbell ist von dieser Sache so überzeugt, was mir fast etwas Angst macht. Er fragte mich, ob ich auf seiner - Charlies - Seite stehe.“
„Und? Tust du’s?“
„Nun, ich bin überzeugter Jakobit. Aber das weißt du ja. Doch ob ich bereit bin, alles, aber auch wirklich alles zu geben, um Prince Charles den Thron zu sichern, das weiß ich nicht.“
„Was wäre das denn?“
„Meine Männer, mein Land, mein Leben. Mehr
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