Alba und Albion
Herzschlag zu hören. Nein, ich wollte nicht, dass er mich weinen sah, nicht heute.
Ich schluckte den dumpfen Schmerz herunter, holte tief Luft und blickte lächelnd ich zu ihm auf.
„Ist nicht so schlimm. Das vergeht schon wieder.“ Ich stellte mich auf Zehenspitzen und gab ihm einen Kuß. „Außerdem ist ja Stephen da. Von ihm werde ich bestimmt alle Neuigkeiten erfahren. Und er hat ja auch gesagt, er verweilt öfters hier auf der Burg. Dann kann er mich später ja auch besuchen.“
Sein Gesicht bekam einen weichen Glanz. „Meinst du das wirklich?“
„Ja. Ich freue mich auf dein Zuhause, auf deine Familie. Und wir werden dort glücklich leben mit unseren Kindern, bis an unser seliges Ende!“
Meine gute Stimmung kehrte zurück und aufgeregt hüpfte ich vom Spiegel zum Schrank, um noch einen passenden Fächer und Handschuhe zu finden, setzte mich an mein Tischchen, um meine Haare erneut zu inspizieren, drehte einzelne Löckchen noch einmal zurecht, steckte hier und da noch Perlen hinein. Robbie stand da und sah mir lächelnd zu.
„Du bist etwas nackt am Hals.“
Beklommen faßte ich mit der Hand an die besagte Stelle und seufzte.
„Ich weiß. Aber ich hab nun mal keinen Schmuck. Meine Brosche habe ich verloren und Lady Campbell möchte ich nicht fragen, ob sie mir was leiht.“
Robbie trat langsam an mich heran und ging in die Knie, damit er auf gleicher Höhe war wie ich, die ich ja auf dem kleinen Hocker saß. Lässig stützte er sich auf das Tischchen und strich mit einem Finger den Konturen meines Busens entlang.
„Und wie können wir dem jetzt abhelfen?“
„Wenn ich etwas Anderes anziehen soll, dann sag’ es bitte“, es klang gereizt, obwohl ich es nicht beabsichtigte. Ich wollte mich erheben und ein Kleid heraus suchen, was nicht so tief ausgeschnitten war, doch er drückte mich sanft wieder auf den Hocker, stellte sich hinter mich und suchte mit konzentriertem Gesicht in seinen Taschen. Schließlich schien er es gefunden zu haben und zog etwas heraus.
„Mach’ die Augen zu, Kleines“, sagte er leise und strahlte in sich hinein.
„Wieso denn?“
„Mach’ sie zu, dann weißt du es.“
„Na gut.“ Gehorsam schloß ich meine Augen und spürte, wie sich etwas Glattes um meinen Hals legte.
Eine Halskette! Daß er an so was gedacht hatte!
Freudig hüpfte ich auf dem Stuhl.
„Nun sitz’ doch still“, sagte er leise lachend. „Ich kann sie ja gar nicht schließen.“
„Mach’ schon, damit ich sie sehen kann!“ Obwohl ich vor Neugier fast platzte, hatte ich meine Augen noch immer geschlossen.
„Einen Moment noch … Geschafft! Du kannst sie jetzt wieder öffnen.“
Ich blickte in mein Spiegelbild, berührte ungläubig und zaghaft das helle Etwas an meinem Dekolleté und blickte gerührt meinem geliebten Mann im Spiegel an.
„Vielleicht nicht das, was du sonst gewohnt bist“, lächelte er verschämt, „aber das ist ein Familienerbstück. Ich habe es von Campbell.“
„Was?“
Empört hätte ich die Kette fast vom Hals gerissen, doch Robbie hielt meine Hand fest.
„Cathlyn hat sie mir geschenkt, aber er hat sie mir übergeben. Als nachträgliches Hochzeitsgeschenk meiner Cousine sozusagen. Und mit der Kette verbindet sich eine Geschichte.“
„Eine Geschichte? Was denn für eine?“
Mein Groll war wie weggeblasen bei der Aussicht auf eine Geschichte. Vorsichtig beugte ich mich vor und betrachte die Kette genauer. Es waren wunderschöne Perlen, nicht sehr gleichmäßig und unterbrochen von etwas ebenfalls Rundem, das nach Elfenbein aussah.
„Das zwischen den Perlen ist Bein von einem Wal.“
„Wie wunderschön“, flüsterte ich, hatte ich doch noch nie einen Knochen von einem Wal gesehen, geschweige denn einen solch riesigen Fisch.
„Aye, das ist sie.“ Träumerisch fuhr er fort. „Diese Kette ist sehr, sehr alt. Man sagt, eine betörende Keltin habe seinerzeit diesen Schmuck getragen. Man sagt, diese Frau war von einer unsagbaren Schönheit und sie kam aus dem Meer.“
Liebevoll strich er über das Schmuckstück.
„Eine Meerjungfrau?”, fragte ich leise.
„Nein. Ein Selkie.“
Er dämpfte seine Stimme hauchte leise jedes Wort in mein Ohr. Sein heißer Atem verursachte ein Kribbeln in meinem Bauch, dass ich mich verliebt an ihn schmiegte und wir uns im Spiegel nebeneinander betrachten konnten.
„Was ist denn ein Selkie?“
„Ein Seehund. Man sagt, die Seehunde kommen in manchen Nächten an den Strand, legen ihr Fell ab und verwandeln sich
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