Alba und Albion
solche Abstürze zu doppelten Beinbrüchen, Verrenkungen, Prellungen.
„Denkst du, er ist wirklich gebrochen?“ Ich schniefte. Der Schock machte sich langsam bemerkbar. „Ich habe mir noch nie etwas gebrochen. Was ist, wenn ich nie wieder laufen kann oder wenn ich -“
Sie hielt mir den Mund zu und nahm mich in die Arme, strich mir langsam über die Haare, wischte meine Tränen fort. Ich weinte bitterlich und merkte dabei gar nicht, wie verzweifelt sie nach Hilfe Ausschau hielt. In diesem Moment spürte ich nur ihre Fürsorge und Wärme.
„Schschsch … ganz ruhig. Ich hole Hilfe und dann wird alles wieder gut.“
„Nein, laß mich nicht allein. Ich habe Angst allein.“
„Susanna, es ist heller Tag und ich bin gleich wieder zurück. Wir sind nicht weit entfernt vom Castle und wenn du genau in diese Richtung schaust“, sie streckte ihren Arm nach Westen, „kannst du die Zinnen von Moraigh erkennen. Siehst du?“
„Gut“, sagte ich zaghaft, nickte und kicherte leicht hysterisch, „dann geh’ und hole Hilfe. Ich warte solange hier.“
Cathlyn sah mich mißtrauisch an.
„Und dir geht’s wirklich gut? Du wirst auch nicht mehr ohnmächtig?“
Mutig hob ich den Kopf, zwang mich zu einem Lächeln, auch wenn mein Fuß nun höllisch schmerzte und der Schwindel im Kopf wieder stärker wurde.
„Mir geht’s gut. Danke, Cathlyn.“
„Ist dir das denn schon öfters passiert?“ Sie half mir noch in eine bequemere Position.
„Ab und zu wird mir in letzter Zeit schwindlig, aber das ist schon alles“, sagte ich und wischte mir die Stirn.
„Schön.“ Sie stieg auf und ritt mit wehenden Kleidern meiner Rettung entgegen.
Vollkommen mitgenommen von den Ereignissen des bisherigen Tages saß ich nun inmitten der Damen, deren Gegacker und Gelächter den Raum erfüllte.
In der Stunde, die ich alleine im Wald verbrachte, gingen mir zahlreiche Dinge durch den Kopf.
Templeton! Templeton alias Balnairn. Ich dachte, der Himmel fiel mir auf den Kopf. Unfassbar! Das durfte einfach nicht wahr sein. Das konnte nicht wahr sein! Seit wann hatte er im tiefsten Schottland zu tun? Seit wann war er verheiratet und seit wann war er - Vater?
Fragen über Fragen, die wahrscheinlich nur er selbst beantworten konnte. Und ich hatte nicht die Absicht, ihn danach zu fragen.
Lächelnd blickte ich in die Gesichter der Damen und jede von Ihnen wollte auf das Genaueste wissen, wie mir dieses Malheur passierte und artig erzählte ich die Geschichte zum - ja, zum wievielten Male eigentlich?
Mein Fuß pochte. Zum Glück war er nur heftig verstaucht, inzwischen getaucht in die Farben blau und grün, jedoch nicht gebrochen, wobei ich vermutete, daß der Schmerz bestimmt nicht geringer gewesen wäre. Die Damen hielten es für notwendig, mich auf die Chaisselonge zu verfrachten und damit mein Fuß recht hoch lag, legten sie mir Kissen in den Nacken und unter den Knöchel, gaben mir unnütze Ratschläge, die ich mit einem mechanischen Lächeln annahm.
Und doch spürte ich einen bohrenden Blick in meinem Rücken. Ich drehte mich unmerklich um und hatte richtig vermutet. Stephen stand hinter mir in der Tür, hübsch wie immer in seiner eleganten Kleidung und fixierte mich.
Mit einer unhörbaren Entschuldigung erhob ich mich mit Hilfe des eleganten Gehstockes, den mir eine der Damen zuvorkommend überließ und humpelte unmerklich aus dem erlesenen Kreis der Ladys, die mein Verschwinden sowieso nicht zur Kenntnis nahmen. Bei jedem Auftritt schmerzte der Fuß fürchterlich.
„Hast du dich endlich von den Hühnern losmachen können?”, raunte er mit einem Handkuß und ich kicherte.
„War aber nicht so einfach.“
„Komm.“ Er nahm mich stützend am Arm und führte mich langsam in Richtung Tür, schob mich hinaus aus dem Salon in das Nebenzimmer, in dem ich Stephen erst gestern wieder gesehen hatte.
Fragend blickte ich mich um. „Was gibt es denn hier?“
„Ich möchte mich nur mit dir in Ruhe unterhalten. Das ist alles.“ Er wies auf das kleine Sofa. „Bitte, setz’ dich.“
Artig tat ich, wie mir geheißen und er nahm mir den Stock ab, schob mir einen Schemel vor die Füße und hob mein verletztes Bein darauf. Schweigend setzte er sich in den Sessel gegenüber und ich blickte ihn erwartungsvoll an.
„Schieß’ los!“
„Du siehst heute wieder bezaubernd aus.“
Genervt winkte ich ab. „Ja. Und deine Frau liegt in den Wehen.“
Erstaunt starrte er mich an und prustete los. „Du bist noch immer so schnippisch,
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