Alba und Albion
Gerüchte über euch herum, daß ihr in dem Dorf Abertoyle ein Feuer gelegt haben sollt. Dort sind zwei Männer umgekommen.“
Er starrte fragend in Robbies Gesicht und der starrte eisern zurück.
Eine Ewigkeit schienen sie sich ohne Worte zu beobachten. Stephen brach schließlich das Schweigen.
„Mein Auftrag ist es auch, nach dem demjenigen zu suchen, der dafür verantwortlich ist.“ Er blickte Robbie fest in die Augen. „Seid ihr’s gewesen?“
Robbie schnaubte. „Aye. Ich war’s. Doch geben Sie mir die Möglichkeit, Ihnen zu einem günstigeren Zeitpunkt die ganze Geschichte zu erzählen. Dann verstehen Sie, warum ich so gehandelt habe.“
Stephen schwieg und blickte zu Boden. Er überlegte. Dann hob er wieder den Kopf. „Sie werden sicherlich triftige Gründe dafür gehabt haben und ich vermute, daß es etwas mit Susanna zu tun hat.“ Schweigend sah er nach draußen und rieb sich seine Schläfe. Dann wandte er sich wieder um und straffte die Schultern. „Mister MacDonald, ich gebe Ihnen mein Wort als Ehrenmann, daß ich nichts gegen Sie unternehmen werde, wenn ich der Meinung bin, daß Sie recht gehandelt haben. Wenn Sie wieder zurück sind, werden wir uns darüber unterhalten.“
„Gut.“
„Mister MacDonald! Mister MacDonald!“
Aufgeregtes Treiben und laute Stimmen machten sich im Hof bemerkbar. Hufe klapperten und Pferde wieherten, Rufe des Abschieds wurden laut und die Männer zusammen gerufen.
„Sie müssen jetzt gehen, bevor man uns hier entdeckt. Gehen Sie schon!“
Bestimmt schob Stephen seinen Verschwörer wieder hinaus in den Hof, in dem die ersten Jagdteilnehmer fröhlich singend das Gelände verließen.
42
Visionen
Ich schreckte auf.
Irgend etwas oder irgend jemand befand sich in meinem Zimmer. Vorsichtig setzte mich auf und versuchte, im Dunkel der Nacht etwas zu erkennen.
Nichts.
Wahrscheinlich hatte ich nur geträumt, dachte ich und kuschelte mich wieder in mein dickes, warmes Federbett und schloß die Augen.
Ein erneutes Rascheln ließ mich wieder auffahren und plötzlich bekam ich schreckliche Angst. Ich spürte die Anwesenheit einer Person. Hastig tastete ich nach dem Zunderpäckchen, das eigentlich am Nachttisch liegen sollte, doch da war nichts. Weder von dem Zunderpäckchen noch dem Dolch, den mir Robbie vor seinem Abschied noch übergeben hatte, nachdem er mir die folgenden Worte ans Herz legte.
„Damit du keine Angst haben mußt. Aber paß’ bitte auf und schlitz’ nicht aus Versehen unsere Molly auf, wenn sie dich weckt.“ In meinen Gedanken hörte ich sein Lachen und verspürte eine riesige Sehnsucht nach seinem Schutz.
Stattdessen zischte es aus einer anderen Ecke und eine Kerze erhellte den Raum. Noch konnte ich nichts erkennen, doch dann machte ich die Gestalt aus, die in einem der Sessel neben dem Kamin saß.
„Entschuldigen Sie, Mylady, wenn ich so einfach in Ihre Kammer eindringe. Aber es ist von äußerster Wichtigkeit!“
Campbell! Was für eine Unverfrorenheit!
„W-was tun Sie in meinem Zimmer?”, fragte ich und hoffte, daß er meine Angst nicht hörte. Sämtliche Stimmen, die mich bisher vor diesem Mann gewarnt hatten, umschwirrten mich. Er ist ein Weiberheld! Er wird versuchen, auch bei dir zu landen! Er ist gefährlich! Halte dich von ihm fern!
Unwillkürlich zog ich mir die Decke bis zum Kinn.
„Was wollen Sie von mir? Wo ist mein Mann?“
„Ihr Mann schlummert wahrscheinlich friedlich irgendwo im Wald bei den anderen Jagdteilnehmern.“ Langsam erhob er sich und wandte sich zu mir um. „Bitte kleiden Sie sich an. Wir haben nicht viel Zeit und es ist noch etwas zu erledigen.“
„Und was, wenn ich fragen darf?“
Unwirsch fuhr er mich an. „Dürfen Sie nicht. Tun Sie, was ich Ihnen sage, dann wird Ihnen kein Leid zugefügt!“ Er warf mir eines meiner Kleider zu, das ich reflexartig auffing. Sollte ich mich etwa vor ihm ankleiden? Doch er schritt zur Tür und drehte sich noch einmal um.
„Ich gebe Ihnen fünf Minuten“, sagte er und verschwand im dunklen Korridor.
Noch etwas benommen vom Schlaf versuchte ich, einen klaren Gedanken zu fassen. Was in Gottes Namen wollte er von mir? Daß er sich vor mir fürchtete, hatte er nun wieder bewiesen und er würde mich nicht freiwillig berühren. Aber was in Gottes Namen wollte er dann von mir?
Es klopfte.
„Noch zwei Minuten!“, rief er durch die geschlossene Türe hindurch. Was würde passieren, wenn ich mich weigerte? Sollte ich vielleicht um Hilfe schreien oder besser
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