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Alba und Albion

Alba und Albion

Titel: Alba und Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Fentross
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selbstverständlich nahm er meine Hand. Mir wurde ganz warm ums Herz, als ich seine heiße, leicht schwielige Hand spürte.
    „Nein. Er kann mich nicht verjagen. Er machte damals diesen Vorschlag für meine Freilassung. Entweder hat er einen billigen Stallburschen gebraucht oder er denkt tatsächlich, ich bin ein -“
    Tief holte er Luft.
    „Wie auch immer, er wird es sich nicht leisten können, mich aus den Augen zu verlieren.“ Darauf verstummte er und preßte die Lippen aufeinander.
    „Aber lassen wir das. Bis jetzt ist noch nichts passiert und schlimmer kann es nicht werden.“ Er sah mich an. „Nun, geht’s wieder besser? Ist dir denn so kalt? Ich habe leider keinen Umhang dabei.“
    Nachdem er das gesagt hatte, wurde mir bewußt, wie arg ich am ganzen Körper zitterte. Zärtlich strich er mit seinem Daumen meinen Handrücken auf und ab. Das beruhigte mich ein wenig, trotzdem begann ich zu schluchzen. Verzweifelt suchte ich in meinem Ausschnitt ein Taschentuch, das jede Dame eigentlich mit sich führen sollte. Aber da war keins. Verdammt, auch das noch! Nicht nur, dass ich kein Taschentuch zur Hand hatte und schniefte, jetzt begann ich auch noch zu weinen.
    Robbie griff in seinen Ärmel und zog ein Ungetüm von Taschentuch hervor, tupfte meine Tränen fort und hielt es mir an die Nase.
    „So, nun noch einmal pusten.“ Ich sah ihn an und beide prusteten wir vor Lachen los.
    „Nein, danke Robbie“, sagte ich, noch immer abwechselnd kichernd und schluchzend. „Dafür brauche ich keine Hilfe.“
    Nachdem ich mir dezent die Nase geputzt hatte, nahm er wieder meine Hand.
    „Es ist eine so schöne Nacht, wie ich sie zuletzt nur auf meiner Insel gesehen habe.“
    Robbie sprach ganz leise, während er das Taschentuch wieder verschwinden ließ. Seine Ellbogen auf den Oberschenkeln und meine Hand in den seinen, blickte er in den Himmel. Schwere Wolkenfelder zogen rasch über uns hinweg.
    „Schau mal, ab und zu kannst du einige Sterne durch die Wolken sehen.“
    Ich blickte nach oben. „Du mußt Augen wie eine Eule haben. Ich kann nicht einmal den Mond erkennen.“
    Er lachte und drehte sich zu mir. „Das liegt daran, dass wir Neumond haben.“
    Es war mir ein wenig unangenehm, mit ihm so zusammen zu sitzen, händchenhaltend. Als ich versuchte, meine Hand zurückzuziehen, hielt er sie noch fester.
    „Nein, laß mich dich noch ein wenig halten, Susanna.“ Er hauchte meinen Namen fast, und ich bekam unwillkürlich eine Gänsehaut.
    „Ich sollte jetzt aber wieder zurück gehen“, entgegnete ich zaghaft. „Sicherlich suchen sie schon nach mir.“
    Doch er ging darauf gar nicht ein.
    „Ich weiß nicht, warum ich dir gestern so viel von mir erzählt habe, aber mir kommt es so vor, als würde ich dich seit ewigen Zeiten kennen.“
    Ich blickte ihn erstaunt an, denn ich fühlte ja genauso! „Oh“, war alles, was ich erwidern konnte.
    „Als ich dich im Stall“, er nickte mit dem Kopf in Richtung Daronhall, „zum ersten Mal sah, warst du mir sehr vertraut. Ist das nicht seltsam?“
    Schweigend blickten wir wieder in den Himmel.
    „Erzähl’ mir von dir“, platzte ich in die Stille heraus. „Wie lebst du, wenn du zuhause in Schottland bist?“
    Er sah mich lange unschlüssig an, antwortete aber ganz ruhig.
    „Aye, wir leben inmitten von einigen Gutshäusern mit Äckern und einigen Tieren. Dort leben meine Mutter Moya, meine Großeltern Padraig und Ciarán, ihre Eltern“, fügte er erklärend hinzu, „meine beiden Brüder Noel und Wallace. Dann haben wir noch -“
    „Was für seltsame und doch wundervolle Namen das sind”, unterbrach ich ihn leise. Er war in ein sehr tiefes - schottisch, wie ich annahm - gefallen, während er sprach. Es war teilweise schwer verständlich, da ich noch nie so einen Dialekt gehört hatte.
    Erfreut lächelte er mich an.
    „Ja, das sind sie. Diese Namen sind sehr alt und entstammen dem Gälischen.“
    Da er sah, daß ich nicht verstand, war er damit meinte, ergänzte er: „Es ist eine uralte Sprache, von den Nordmännern.“ Als ich noch immer mit großen Augen drein blickte, wagte er einen neuen Versuch.
    „Von den Wilden. Den Barbaren.“
    „Ah, jetzt verstehe ich!“ Und wir lachten beide. „Du sprichst diese Sprache?“
    „Aber ja doch. Jeder auf den Inseln und auf dem Festland spricht sie. Sie ist die Sprache unserer Eltern, unserer Vorfahren. Das Englische“, er sprach dieses Wort verächtlich aus und winkte ab, „lernen wir nur so nebenbei. Als

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