Alba und Albion
sich wieder über seine Papiere.
„Nein, das kann ich nicht.“ Kopfschüttelnd blickte ich auf meine Füße und meine Stimme war nur noch ein heiseres Flüstern. „Ich hab es ihm doch versprochen.“
Meine zittrigen Hände lagen verkrampft in meinem Schoß.
„Nun beruhigen Sie sich wieder. Ihrem Herrn - Gemahl, wie Sie sagen, wird nichts passieren. Er hat uns seine Papiere vorgelegt, die in Ordnung sind. Er kann seine Reise gen Norden fortführen. Allerdings alleine.“
Eigentlich wollte ich standhaft bleiben, doch bald fiel mein Kopf nach vorne und Lastman bot mir freundlich an, mich auf das Sofa zu legen, das hinter mir stand. Ich nahm nur ungern an, aber die Müdigkeit forderte ihren Tribut und so schlief ich bis zum Anbruch des neuen Tages. Das Gezwitscher der Vögel, das nun durch das offene, vergitterte Fenster kam, weckte mich.
Kaum erfaßte ich, wo ich mich befand, so überkam mich wieder eine unsagbare Trauer.
„Robbie. Mein Gott, Robbie.“
Mit einem Blick auf meinen Ehering schluchzte ich mir die Seele aus dem Leib und Lastman verließ schleunigst das Zimmer.
17
Verschleppt
Lord Templeton hatte sich nicht verändert.
Er war noch immer so häßlich, wie ich ihn in Erinnerung hatte und auch sein teures Parfüm konnte nicht über seinen fauligen Mundgeruch hinweghelfen. Seine Kleidung allerdings war nach wie vor vom Feinsten und seine Perücke aus echtem Haar, statt dem üblichen steifen und kratzigen eines Rosses.
Angewidert drehte ich mich ab, als er mich, gestützt auf einen eleganten Stock, am Arm nach draußen führte.
„Sie haben uns allen einen schönen Schrecken eingejagt. So einfach zu verschwinden! Ist das denn eine Art!“
Kopfschüttelnd half er mir in das Gefährt der vorigen Nacht, das für uns bereit stand und setzte sich mir gegenüber. Ich hatte richtig vermutet, es war seine Kutsche. Schmierig lächelnd klopfte er an das Dach und der Kutscher trieb die Pferde an.
Ich hatte mir vorgenommen, ihn zu ignorieren, nicht mit ihm zu sprechen und da er mir so unsympathisch erschien, fiel es mir nicht schwer. Stattdessen sah ich aus dem kleinen Fenster und betete, daß die Kutsche augenblicklich verunglückte und ich wieder in die Freiheit entfliehen konnte. Lord Peter setzte ein paar Mal zum Sprechen an, doch meine abweisende Art ließ ihn endgültig verstummen.
Nach einer Weile war er eingenickt. Er saß angelehnt mit ausgestreckten Beinen, verschränkten Armen und sein Kopf baumelte synchron mit der Kutsche hin und her. Bei diesem Anblick wurde ich etwas lockerer, machte es auch mir bequem und zog meine schmutzigen Schuhe aus, wobei er allerdings wieder erwachte.
Lüstern grinsend blickte er mich an, während ich ihn noch immer nicht beachtete und meine Füße massierte. Die Schuhe drückten entsetzlich.
„Haben Sie sich wirklich mit diesem Verbrecher verheiratet?“
Erschrocken hielt ich mir eine Hand ans Herz, als er so unvermittelt die Stille durchbrach. Doch ich beruhigte mich augenblicklich wieder.
„Ja, das habe ich.“
Er strich sich mit dem Finger über die Lippen und betrachtete mich von oben bis unten.
„Nun, soviel ich weiß, ist es aber nicht rechtskräftig. So ohne Priestersegen.“
„Das lassen Sie mal meine Sorge sein.“ Unbeirrt blickte ich aus dem Fenster, wobei ich allerdings jede seiner Bewegungen aus dem Augenwinkel registrierte.
„Dann haben Sie bei ihm gelegen?“
Diese Frage war einfach eine Unverschämtheit! Mit einem tödlichen Blick fauchte ich ihn an.
„Ja, wenn Sie es genau wissen wollen.“
In sein Taschentuch hüstelnd fuhr er fort, wobei er mich unverblümt anstarrte.
„Ihr Verlobter, Mister Miller, hat natürlich sofort die Verbindung gelöst.“
„Es steht ihm frei, zu tun was ihm beliebt.“ Unwohl zog ich den Umhang, den Templeton mir gnädigerweise überlassen hatte, enger um die Brust.
„Nun ist er mit einer reizenden jungen Dame aus London liiert, die ich auch recht gut kenne. Allerdings muß man sagen, sie kann Ihnen nicht das Wasser reichen.“
„Ach ja?“
Er ekelte mich an, doch irgendwie fand ich es auch interessant, Neuigkeiten von zuhause zu erfahren. So bekam ich trotz meiner mißlichen Lage große Ohren, was er bemerkt haben mußte und aufgemuntert von meiner spürbaren Neugier setze er sich auf und fuhr fort.
„Ihre Schwester, Lady Doreen, verging fast im Schmerz um Sie, als sie hörte, wie dieser Schurke Sie entführte. Zum Glück war sie bereits verheiratet, als das Alles passierte. Sonst wäre die
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