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Albert Schweitzer

Albert Schweitzer

Titel: Albert Schweitzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Muenster
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blieb, ist nur allzu menschlich. So ist es Helene schwergefallen, ansehen zu müssen, dass andere Frauen an die Stelle traten, die auszufüllen ihr sehnlichster Wunsch war. Dass andere zu engsten Mitarbeiterinnen ihres Mannes wurden, weil sie es gesundheitlich nicht mehr konnte, war gewiss ein tiefer Schmerz für Helene. Besonders ihr Verhältnis zu Emmy Martin, die wohl sogar mehrfach für „Frau Schweitzer“ gehalten wurde, war angespannt. Und dass sie mit Alberts zunehmendem Ruhm immer häufiger auf den geliebten Mann verzichten musste, bedeutete wohl auch einen bohrenden Seelenschmerz für Helene. Nils Ole Oermann berichtet in seiner Schweitzer-Biografie sogar davon, Helene habe beabsichtigt, Schweitzer öffentlich mit Scheidung zu drohen, wenn Emmy Martin 1954 mit zur Verleihung des Friedensnobelpreises nach Oslo reisen würde. Und Verena Mühlstein erzählt in ihrer Lebensbeschreibung Helenes, dass auch Albert bisweilen gereizt, nervös und verstimmt auf Helene reagiert habe.
    Es kam nicht zur Trennung zwischen Albert und Helene – Beweis dafür, dass ihre Liebe groß genug war, auch solche menschlich verständlichen Spannungen auszuhalten und zu überwinden.
    Ihren letzten Lambarene-Aufenthalt musste Helene vorzeitig abbrechen, weil sie gesundheitlich am Endewar. Nur zehn Tag nach ihrer Rückkehr starb sie am 1. Juni 1957 in einem Züricher Krankenhaus. Ihre Urne wurde in Lambarene beigesetzt. Schweitzer fügte dem Urnengrab eine Handvoll Elsässer Erde bei und gravierte eigenhändig die Lebensdaten in das schlichte Steinkreuz. Ein bewundernswertes, trotz allen Leidens erfülltes Leben war zu Ende gelebt. Eine großartige Frau hatte ihr irdisches Dasein vollendet.
    Als Albert Schweitzer viele Jahre zuvor die kirchliche Trauung von Elly Knapp und Theodor Heuß vorgenommen hatte, fand er in der Predigt die schönen Worte: „Das hohe Glück des Augenblicks ist nicht, dass zwei Menschen sich innerlich geloben: wir wollen füreinander leben; sondern dass dies in ihren Gedanken zugleich bedeutet: wir wollen miteinander für etwas leben.“ Wer die Lebens- und Liebesgeschichte von Helene und Albert betrachtet, weiß, dass diese Worte auch auf ihren langen gemeinsamen Lebensweg gemünzt waren.
    Im Verlauf der weiteren Schilderung des Lebenslaufs von Albert Schweitzer wird noch öfter von Helene die Rede sein. Sie war eine außergewöhnliche Ehefrau, die den Weg mit dem großen Menschenfreund mitgegangen ist. Schweitzers geistiges und praktisches Werk wäre ohne diese starke, liebende und leidende Lebenspartnerin nicht denkbar.
    In einem Brief von 1945 schrieb Helene über ihre Beziehung zu Albert: „Es sind nun 43 Jahre, seit wir Freundewurden und gemeinsam zu arbeiten begannen. Wir begegneten einander in dem Gefühl der Verantwortlichkeit für all das Gute, was wir in unserem Leben empfangen hatten, und in dem Bewusstsein, dass wir dafür zu bezahlen hätten durch Hilfeleistung gegenüber anderen. Es ist die Freude und der Stolz meines Lebens gewesen, ihm bei all seiner Tätigkeit zu folgen und zur Seite zu stehen; und ich bedauere nur, dass Mangel an Kraft mich hinderte, mit ihm Schritt zu halten.“ Schöner lässt sich die Größe und die Tragik ihrer Liebe nicht beschreiben.
    Kürzlich war zu lesen, Schweitzer sei ein Egomane gewesen, der Frau und Kind im Stich gelassen habe, um sein Werk verwirklichen und an seinem Ruhm bauen zu können. Wer so urteilt, verkennt die tiefen Beweggründe, die Helene und Albert auf ihrem gemeinsamen, oft entbehrungsvollen und dennoch erfüllten Lebensweg getragen haben: Ihre Liebe war nicht allein eine Liebe zueinander und füreinander, sondern eine Liebe für etwas großes Gemeinsames – den selbstlosen Dienst an den Mitmenschen.
    Was Helene für Albert bedeutete, mag ein kleines äußeres Zeichen verdeutlichen: Auf den Holzkisten, die in Straßburg von treuen Helfern für Lambarene gepackt wurden, ist das Kürzel „ASB“ zu erkennen. Ausgeschrieben bedeutet dies „Albert Schweitzer Bresslau“ – ein unscheinbarer Hinweis auf die tiefe Verbundenheit beider im gemeinsamen Werk.

M EDIZINSTUDIUM
    Wie kam es dazu, dass Albert Schweitzer sich entschloss, als Dreißigjähriger die Strapazen eines langen Medizinstudiums auf sich zu nehmen, um als Arzt nach Äquatorialafrika zu gehen?
    Es waren mehrere Faktoren, die zusammenwirkten und diese Entscheidung bei ihm auslösten. Die Wurzeln reichen wohl zurück bis in die Schulzeit. Schon in dieser frühen Lebensphase war es

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