Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Albertas Schatten

Albertas Schatten

Titel: Albertas Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
Vom Netzwerk:
wie sie durch langjährige Erfahrung die feinen Nuancen der Zurückweisung gelernt hatte. »Feinfühligkeit ist nicht gerade seine Stärke«, fügte Biddy hinzu. »Ich sage nicht immer und zu jedem nein«, sagte sie nach einer Pause, so, als ob sie ihre Karten auf den Tisch legen wollte.
    »Martin und ich haben uns getrennt; eigentlich hatten wir schon seit einer Weile unsere Schwierigkeiten. Keine Angst«, sagte sie, als Kate etwas einwenden wollte. »Ich beichte nicht aus Freude am Beichten. Es hat alles mit Alberta zu tun. Warten Sie ab.«
    Kate, die hatte sagen wollen, daß ihre Nachforschungen sich auch nur darauf bezögen, nickte. Nach einer Weile sprach Biddy weiter.
    »Martin und ich kamen schon seit sieben oder acht Jahren nicht mehr so gut miteinander zurecht – bei Zeitangaben bin ich nie gut gewesen außer bei Daten, wie v. d. K. vor den Kindern, oder n. m. E.
    nach meiner Einengung. Ich definiere die Dinge durch Sätze wie
    ›Teddy war zwei und Fanny gerade geboren‹, oder so ähnlich. Martin und ich kamen gut miteinander zurecht, bevor die Kinder geboren waren, das war vor beinahe zehn Jahren. Nicht, daß wir sie nicht hatten haben wollen; sie haben einfach unser Leben verändert. Wir wollten nur dieses eine haben, aber dann wurde ich wieder schwanger. Wahrscheinlich eines dieser Mißgeschicke, das kein Mißgeschick ist. Als die Kinder nun einmal da waren, ist mein Leben anders geworden, denn natürlich habe ich weiter Vorlesungen gehalten.
    Die Kinder wurden zu meinem Privatleben. Ich fürchte, ich erkläre das nicht sehr deutlich. Haben Sie Kinder?«
    Kate schüttelte den Kopf. »Ich habe spät geheiratet«, sagte sie.
    »Es passieren schon merkwürdige Dinge. Ich nehme an, in meinem Leben war nicht mehr genügend Aufmerksamkeit oder Energie oder Begehren für Martin übrig. Ich hatte die Kinder, an denen ich sehr hing; ich hätte es nie für möglich gehalten, daß ich Kinder so genießen könnte. Und dann war da meine Arbeit, denn geistige An-regung brauchte ich auch. Es tut mir leid, ich stelle das alles wahrscheinlich ziemlich dumm dar, so, als wäre es eine Anleitung für ein gutes Leben in einem dieser ›Ratgeber für alle Lebenslagen‹; aber genau das ist es nicht. Mir ging es gut, aber für Martin schien nichts übriggeblieben zu sein. Oh ja, er wollte Sex, aber ich wollte Gesprä-
    che. Und wenn er wirklich leidenschaftlich wurde, wollte ich es so schnell wie möglich hinter mich bringen und einschlafen, so wie er auch. Ob Sie das alles wohl verstehen können?«
    »Ganz gewiß«, sagte Kate und dachte: So hat Martin Alberta gefunden.
    »Ich nehme an, Martin suchte dann eine andere Frau«, fuhr Biddy fort, als hätte sie Kates Gedanken gehört. »Nach einer Weile stellte sich deutlich genug heraus, daß er sie gefunden hatte, und nun kommt das Schreckliche: Ich war froh darüber. Na ja, nicht direkt froh, aber erleichtert, so wie die Frauen in der viktorianischen Zeit, die Angst hatten, schon wieder schwanger zu werden, und daher zufrieden waren, wenn ihre Männer ein anderes Objekt ihres Begehrens gefunden hatten. Hätte mir v. d. K. jemand gesagt, ich würde einmal keine Lust haben, dem Begehren eines Mannes entgegenzu-kommen, hätte ich nur höhnisch gelacht. Aber ich hatte nun eine Lebensform gefunden, die mir entsprach; mein Beruf und die Kinder. Nicht daß ich die Scheidung wollte. Wir waren ein gutes Team, wenn es darum ging, unser Leben in Gang zu halten – das Haus, den Wagen, die Finanzen. Martin ist ein guter Vater; er liebt seine Kinder sehr, und sie brauchen ihn. Am Wochenende verbrachte er fast die ganze Zeit mit ihnen. Es war alles gut eingerichtet, soweit es mich betraf. Ich glaube, Martin dachte, ich wüßte nicht, daß es da jemand anderen gab, und wir sprachen nicht darüber. Einer der Vorteile von Männern, die keine langen vertraulichen Gespräche mögen, liegt darin, daß man davonkommt, ohne ausführlich über irgendwelche Dinge zu diskutieren, und sie nehmen es einem nicht übel; wahrscheinlich merken sie es oft gar nicht.«
    »Jedenfalls hatte ich, was ich wollte«, fuhr Biddy fort. »Vielleicht hat die andere Frau auch, was sie will, dachte ich. Ich stellte fest, daß Martin und ich viel weniger stritten, so, als gäben wir uns beide mehr Mühe, unsere Beziehung im Lot zu halten. Ist es nicht seltsam, daß nie jemand über derartige Dinge spricht? Ich habe inzwischen festgestellt, daß diese Situation gar nicht so ungewöhnlich ist, aber damals hielt ich sie

Weitere Kostenlose Bücher