Albspargel
bieten? Beim Windrad herrschte ja vorläufig Flaute.
»Wissen Sie, Herr Dr. Hagenbach«, sagte ich voll Zweifel, »Rätsel locken natürlich, und ein Suizid ist ein unnatürlicher Tod. Aber glauben Sie wirklich, dass es uns weiterbringt?«
»Die Kommissare jedenfalls haben danach gefragt.«
»Ja dann!«, sagte ich.
Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich lieber bei Frau Strauß angesetzt hätte, aber nicht wegen Franz Graßner und seiner Beziehung zu Fritz Pocherd, sondern wegen Amelie. Franziska erwies sich als nahezu unzugänglich.
»Ist das aber nett, dass Sie uns besuchen, Herr Dr. Fideler und Herr Dr. Hagenbach.«
Wir erklärten, das Vergnügen sei ganz auf unserer Seite.
»Kommen Sie doch ins Haus – was trinken Sie? Kaffee, Tee, Mineralwasser, Saft, Bier?« Sie wirkte geschäftig. »Irgendwo müssen auch ein paar Kekse zu finden sein. Leider ist Jörg nicht da. Er kommt erst gegen Abend.«
Wir erkundigten uns nach Tante Helene und erhielten die Auskunft, dass sie schon eine ganze Zeit bei Verwandten im Rheinland sei. Nein, Franziska habe keine Ahnung, wann sie wieder zurückkomme.
Auf meine etwas provokant formulierte Bemerkung, sie müsse das doch am besten wissen, wer denn sonst, zog sie eine Schnute, eine hübsche Schnute, aber das half nicht weiter.
»Sie ist bei irgendeiner Base in Neuwied am Rhein; die ist bettlägerig. Sie hilft dort aus, weil die Polin, die das sonst macht, für eine gewisse Zeit ausfällt. So hat sie es mir gesagt. Woher soll ich wissen, wie lange die Polin ausfällt? Ich kenne die Base nicht und die Polin erst recht nicht.«
Sie hatte auch keine Telefonnummer der Verwandten im Rheinland, und Tante Helene besaß kein Handy. Franziskas Ton wirkte einen winzigen Moment lang aufgebracht und dadurch ehrlich – das machte alles noch schwieriger!
Das sei nicht so schlimm, versicherte ich ihr: »Es geht nicht um Fritz Pocherd oder Amelie Riegeler, es geht um einen alten Spielkameraden von mir und seinen entsetzlichen Tod – Franz Graßner.«
Ich sah es: Franziska glaubte mir kein Wort.
»Franz Graßner«, sagte sie freundlich und lächelte Dr. Hagenbach an, »das ist eine traurige Geschichte.« Sie fuhr heiter fort: »Eigentlich weiß man nicht viel darüber. Der Hof ist verkommen seit ein paar Jahren, mehr und mehr, und der arme Franz hat sich schließlich aufgehängt. Das ganze Dorf war tief getroffen, auch in Trochtelfingen ist viel davon geredet worden. Ist doch immer schlimm, wenn jemand sich das Leben nimmt, nicht wahr? So etwas Schreckliches!«
Bezauberndes Lächeln.
»Der verkommene Hof«, sagte ich, »war Franz ein so ungeschickter Landwirt? Es heißt, dass es nicht allein der Hof war. Die Frau chronisch krank, der Sohn ein Herumtreiber.«
»Ein Taugenichts?«, überlegte Dr. Hagenbach.
»So könnte man sagen.«
»Man bringt sich doch nicht um, weil der Sohn nichts taugt, solange er kein Verbrecher ist, und auch dann –«
»Was fehlt der Frau?«, fragte Dr. Hagenbach.
»Auch das ist nicht so recht sicher. Von Diabetes wird geredet. Der Wenger will wissen, dass sie Krebs hat, von einem chronischen Darmleiden ist die Rede. Die Graßners waren immer etwas sonderbar, auch als es ihnen noch sehr gut ging, wirklich sehr gut. Du hast nie so recht erfahren, was los ist. Nur plötzlich, dass der Hof mit einem Mal immer mehr herunterkam. Das konnte jeder sehen. Ich war ja oft in Tigerfeld bei meinem Verlobten. Und auch in Trochtelfingen wurde darüber geredet«, fügte sie hinzu.
»Man bringt sich nicht um, weil die Frau krank ist, sondern man hilft ihr.« Dr. Hagenbach redete sich in Zorn. »Sie braucht ja die Hilfe des Mannes viel mehr als sonst. Das ist doch keine Lösung, ab in die Scheune und einen Strick um den Hals.«
Das bezaubernde Lächeln erneuerte sich. »Und dann der Ernst, der nichts arbeitet.«
Es geschieht ihm irgendwie Unrecht, diesem Ernst, dachte ich.
»Darf man fragen, was nun mit dem Windrad geschieht?«, fragte Franziska honigsüß und sah dabei Dr. Hagenbach an, »das ganze Dorf redet doch nur noch von Mord, aber es muss doch auch weitergehen im Ganswinkel.«
»Holla«, dachte ich, »der nächste Bestechungsversuch.« Sie wusste tatsächlich mehr, als sie seither zugegeben hatte. Und wieder wollte sie dieses Wissen verkaufen.
»Die Windkraftanlage«, redete ich schnell, »ist noch in der Schwebe. Ob sie kommt, weiß noch niemand.« Ich machte eine Pause. »Und das hängt nicht allein vom Windgutachten ab, wie Sie wissen.«
Ein Versuch,
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