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Albspargel

Albspargel

Titel: Albspargel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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natürlich.«
    »Wofür wirbt die Stadt Lindau?«, überlegte ich. »In Wimsen.«
    »Der Ort Wimsen ist Zufall, das Plakat könnte überall hängen, auch in der
Krone
in Tigerfeld. Lindau wird wohl werben mit: Segeln, Surfen, Schiffslinien, Altstadt«, zählte mein Kollege auf, »eben Tourismus; es ist wie in jeder Stadt am Bodensee, Bregenz, Konstanz.«
    »Nicht ganz, in Friedrichshafen würden sie für das Zeppelinmuseum werben«, ergänzte ich, »und in Überlingen für das Münster und einen Ausflug zur Wallfahrtskirche in Birnau.«
    »Und in Unteruhldingen für die Pfahlbauten. Und in Meersburg für das Schloss, den Wein, die Fachwerkhäuser und Annette von Droste-Hülshoff.«
    »In Konstanz für das Konzilsgebäude. In Bregenz für die Festspiele. Nur weiter. Das ist der richtige Weg«, forderte ich ihn auf.
    Dr. Hagenbach sagte stolz: »Und in Lindau für das Spielkasino!«
    Wir sahen uns an: Das war es. Ich wusste nicht sicher, ob auf dem Plakat in Wimsen für das Spielkasino geworben wurde, wahrscheinlich. Aber Spielkasino, das passte hierher.
    »Spielkasino! Das macht immer Sinn bei einem Suizid, von Dostojewski bis Franz Graßner!«, triumphierte Dr. Hagenbach. »Pathologisches Spielen, auch Spielsucht genannt.«
    »Aber wie kommt ein Bauer von der rauen Alb ins Spielkasino in Lindau?«, fragte ich kopfschüttelnd, »und wie wird er süchtig?«
    »Immerhin, dass die Familie das verheimlichen würde, ist einzusehen. Und dass es nicht einmal die Nachbarn erfahren.«
    »Wir müssen es herausfinden. Der übliche Gang der Dinge: Erste Gewinne – dann Verluste – schließlich Verzweiflung. Ein Bauer verspielt seinen Hof, das ist keine Kleinigkeit. Das kann uns zu allem Möglichen führen.«
    »Ob die Herren Hauptkommissare es schon wissen?«, fragte Dr. Hagenbach mit leuchtender Brille.
    »Wir sollten es ihnen sagen. Es kann wichtig sein. Suizid, Glücksspiel, Mord.«
    »Die sagen uns doch auch nichts«, meckerte mein Kollege.
    »Erstens haben sie uns tatsächlich schon manches gesagt«, widersprach ich, »zweitens sind wir nicht im Krimi, wo der Herr Privatdetektiv ein Verhältnis zur Kommissarin oder zum Opfer hat, drittens ist es unsere Pflicht, sachrelevante Fakten der Behörde mitzuteilen.«
    »Hohwachter und Steinhilber wissen es bestimmt schon«, sagte Dr. Hagenbach eifrig, »wir tragen Eulen nach Athen.«
    Er wollte weiter Räuber und Gendarm spielen, und ich versteckte mich immer noch hinter ihm.
    »Szenarium eins«, sagte Dr. Hagenbach, »der verspielt seinen Hof und bringt sich um. Ganz einfach und am einleuchtendsten.«
    Wir saßen in der Wirtsstube der
Rose
in Pfronstetten, draußen war es dunkel, es war Samstagabend, und wir warteten wieder auf die Bauern.
    »Das ist kaum zu bezweifeln, wenn Franziska wirklich vom Spielkasino geredet hat, als sie von Lindau gesprochen hat.«
    »Vom Segeln kaum«, lächelte Hagenbach.
    »Gut.«
    »Szenarium zwei«, zählte er weiter, »der Suizid hat etwas mit dem Mord zu tun – sonst bräuchten wir gar nicht weiter darüber nachzudenken.«
    »Hat er das wirklich?«
    »Wir müssen zumindest davon ausgehen, wie es so schön heißt.«
    Ich ließ Hagenbach weiter den Hauptkommissar spielen.
    Die ersten Bauern kamen und setzten sich nicht weit von uns an den großen Eichentisch, auf dem ein Kupferschild mit der Bezeichnung Stammtisch prangte.
    Wir schwiegen und horchten auf die Gespräche.
    Von Karl May bis hin zu Mankell werden in den belauschten Gesprächen genau die Dinge erörtert, die dem Zuhörer wichtig sind, und der Leser oder der faszinierte Zuschauer hört und erlebt alles mit.
    Hier ging es zwar sogleich um den Mord, aber eigentlich nur darum, ob man endlich bald wisse, wer der Mörder sei. Kein Wort vom Spielkasino der Stadt Lindau oder über den toten Bauern Graßner im Nachbarort und seinen Selbstmord. Der war längst uninteressant. Auch das Windkraftwerk wurde nur zweimal am Rand erwähnt. Das erste Mal die Frage, ob es denn nun wirklich gebaut würde. Dabei wurde die Unterhaltung ganz kurz gedämpfter, und Blicke wanderten zu unserem Tisch herüber.
    Dann redeten sie über Preise, Kühe, Ferkel, Kälber, Weizen, Mais, Kinder, Ehefrauen, Jugendliche und ihre viel zu laute Musik, Biogasanlagen, den Lastwagenlärm im Ort und das Fehlen der Umgehungsstraße, die vor vierzig Jahren nicht gebaut worden war, weil sich die Bauern weder in Pfronstetten noch in Tigerfeld über eine Trasse hatten einigen können.
    Die Unterhaltung wurde jetzt lauter. Nun wurde

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